Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Nach Holland waren eingehende Berichte über Indien gelangt, welche
die Gründung einer hollündisch-ostindischen Compagnie (1594)
zur Folge hatten. Ihre erste Flotte landete 1600; ihr erstes Werk war An¬
knüpfung von Handelsverbindungen, verbunden mit Intriguen gegen die Por-
ergiesen. Allmählich gewannen die Holländer mehr und mehr Besitzungen im
Süden. Die Augen aller seefahrenden Völker richteten sich damals auf In¬
dien, auch Franzosen und Dänen ließen sich dort nieder.

Im Jahre 1600, also gleichzeitig mit dem Landen der holländischen Flotte
in Indien, gründeten Londoner Kaufleute die ostindisch e Compagnie,
der durch eine "Charter" der Königin Elisabeth aller Handel nach Ost¬
indien, Asien und Afrika frei und ungehindert überlassen wurde. Die Com¬
pagnie hatte das Recht, Gesetze zu machen, Strafen zu verfügen, vorausgesetzt,
daß dadurch nicht englische Gesetze verletzt wurden, Waaren steuerfrei auszu¬
führen und von versteuerten Waaren, wenn sie aus irgend einem Grunde zu¬
rückgebracht wurden, die Rückzahlung der Steuer zu verlangen. Die Krone
ernannte einen Gouverneur und 24 Directoren, dagegen sollte für die Zukunft
der Gouverneur von der Compagnie gewählt werden. Die Dauer der Charter
war beschränkt.

Die ersten Reisen der Compagnie gingen jedoch nach Java und den be¬
nachbarten Inseln, und erst 1609 ging eine kriegsgerüstcte Flotte nach Indien
ab, die den Portugiesen gegenüber zwei Seesiege erfocht. Gleichzeitig wurde
ein Gesandter der englischen Krone nach Delhi an den Hos der Groß-Mogule
geschickt, und bereits am Anfang des Jahres 1612 wurde Anlegung von
mehreren Factoreien an der Nordwestküste gestattet und zwei Jahre später der
Handel im ganzen Reiche erlaubt. Die Compagnie hatte jedoch uicht nur mit
den größten Schwierigkeiten in Indien, sondern auch mit Vielfachen Intriguen
im Mutterlande, namentlich aber mit einer Concurrenzges ellschaft zu
kämpfen, mit der später eine Verbindung geschlossen wurde. Cromwell löste
die Compagnie auf, um freien Handel einzuführen, erneuerte sie jedoch wieder.
1666 erhielt die Compagnie von Carl II. unter andern das Recht, nicht¬
christlichen Staaten den Krieg zu erklären und mit ihnen Frieden zu schließen.
Seit 1684 durfte sie eine Flotte und regelmäßige Truppen halten.
Trotz innerer Zerwürfnisse erweiterten sich die Besitzungen und Handels-Ver-
bindungen der Compagnie fortwährend; so ging Bombay 1668 definitiv ans
portugiesischem Besitze in den der Compagnie über und wurde später Regie-
rungs-Sitz. Nachdem die Compagnie dann aus verschiedenen kriegerischen Ver¬
wickelungen in Indien glücklich hervorgegangen war, wurde ihre Existenz im
Vaterlande durch das Parlament ans Anstiften neidischer Londoner Kaufleute
in Frage gestellt. Der Handel wurde für frei erklärt und 1689 einer Eon-


Nach Holland waren eingehende Berichte über Indien gelangt, welche
die Gründung einer hollündisch-ostindischen Compagnie (1594)
zur Folge hatten. Ihre erste Flotte landete 1600; ihr erstes Werk war An¬
knüpfung von Handelsverbindungen, verbunden mit Intriguen gegen die Por-
ergiesen. Allmählich gewannen die Holländer mehr und mehr Besitzungen im
Süden. Die Augen aller seefahrenden Völker richteten sich damals auf In¬
dien, auch Franzosen und Dänen ließen sich dort nieder.

Im Jahre 1600, also gleichzeitig mit dem Landen der holländischen Flotte
in Indien, gründeten Londoner Kaufleute die ostindisch e Compagnie,
der durch eine „Charter" der Königin Elisabeth aller Handel nach Ost¬
indien, Asien und Afrika frei und ungehindert überlassen wurde. Die Com¬
pagnie hatte das Recht, Gesetze zu machen, Strafen zu verfügen, vorausgesetzt,
daß dadurch nicht englische Gesetze verletzt wurden, Waaren steuerfrei auszu¬
führen und von versteuerten Waaren, wenn sie aus irgend einem Grunde zu¬
rückgebracht wurden, die Rückzahlung der Steuer zu verlangen. Die Krone
ernannte einen Gouverneur und 24 Directoren, dagegen sollte für die Zukunft
der Gouverneur von der Compagnie gewählt werden. Die Dauer der Charter
war beschränkt.

Die ersten Reisen der Compagnie gingen jedoch nach Java und den be¬
nachbarten Inseln, und erst 1609 ging eine kriegsgerüstcte Flotte nach Indien
ab, die den Portugiesen gegenüber zwei Seesiege erfocht. Gleichzeitig wurde
ein Gesandter der englischen Krone nach Delhi an den Hos der Groß-Mogule
geschickt, und bereits am Anfang des Jahres 1612 wurde Anlegung von
mehreren Factoreien an der Nordwestküste gestattet und zwei Jahre später der
Handel im ganzen Reiche erlaubt. Die Compagnie hatte jedoch uicht nur mit
den größten Schwierigkeiten in Indien, sondern auch mit Vielfachen Intriguen
im Mutterlande, namentlich aber mit einer Concurrenzges ellschaft zu
kämpfen, mit der später eine Verbindung geschlossen wurde. Cromwell löste
die Compagnie auf, um freien Handel einzuführen, erneuerte sie jedoch wieder.
1666 erhielt die Compagnie von Carl II. unter andern das Recht, nicht¬
christlichen Staaten den Krieg zu erklären und mit ihnen Frieden zu schließen.
Seit 1684 durfte sie eine Flotte und regelmäßige Truppen halten.
Trotz innerer Zerwürfnisse erweiterten sich die Besitzungen und Handels-Ver-
bindungen der Compagnie fortwährend; so ging Bombay 1668 definitiv ans
portugiesischem Besitze in den der Compagnie über und wurde später Regie-
rungs-Sitz. Nachdem die Compagnie dann aus verschiedenen kriegerischen Ver¬
wickelungen in Indien glücklich hervorgegangen war, wurde ihre Existenz im
Vaterlande durch das Parlament ans Anstiften neidischer Londoner Kaufleute
in Frage gestellt. Der Handel wurde für frei erklärt und 1689 einer Eon-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0211" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/137384"/>
          <p xml:id="ID_706"> Nach Holland waren eingehende Berichte über Indien gelangt, welche<lb/>
die Gründung einer hollündisch-ostindischen Compagnie (1594)<lb/>
zur Folge hatten. Ihre erste Flotte landete 1600; ihr erstes Werk war An¬<lb/>
knüpfung von Handelsverbindungen, verbunden mit Intriguen gegen die Por-<lb/>
ergiesen. Allmählich gewannen die Holländer mehr und mehr Besitzungen im<lb/>
Süden. Die Augen aller seefahrenden Völker richteten sich damals auf In¬<lb/>
dien, auch Franzosen und Dänen ließen sich dort nieder.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_707"> Im Jahre 1600, also gleichzeitig mit dem Landen der holländischen Flotte<lb/>
in Indien, gründeten Londoner Kaufleute die ostindisch e Compagnie,<lb/>
der durch eine &#x201E;Charter" der Königin Elisabeth aller Handel nach Ost¬<lb/>
indien, Asien und Afrika frei und ungehindert überlassen wurde. Die Com¬<lb/>
pagnie hatte das Recht, Gesetze zu machen, Strafen zu verfügen, vorausgesetzt,<lb/>
daß dadurch nicht englische Gesetze verletzt wurden, Waaren steuerfrei auszu¬<lb/>
führen und von versteuerten Waaren, wenn sie aus irgend einem Grunde zu¬<lb/>
rückgebracht wurden, die Rückzahlung der Steuer zu verlangen. Die Krone<lb/>
ernannte einen Gouverneur und 24 Directoren, dagegen sollte für die Zukunft<lb/>
der Gouverneur von der Compagnie gewählt werden. Die Dauer der Charter<lb/>
war beschränkt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_708" next="#ID_709"> Die ersten Reisen der Compagnie gingen jedoch nach Java und den be¬<lb/>
nachbarten Inseln, und erst 1609 ging eine kriegsgerüstcte Flotte nach Indien<lb/>
ab, die den Portugiesen gegenüber zwei Seesiege erfocht. Gleichzeitig wurde<lb/>
ein Gesandter der englischen Krone nach Delhi an den Hos der Groß-Mogule<lb/>
geschickt, und bereits am Anfang des Jahres 1612 wurde Anlegung von<lb/>
mehreren Factoreien an der Nordwestküste gestattet und zwei Jahre später der<lb/>
Handel im ganzen Reiche erlaubt. Die Compagnie hatte jedoch uicht nur mit<lb/>
den größten Schwierigkeiten in Indien, sondern auch mit Vielfachen Intriguen<lb/>
im Mutterlande, namentlich aber mit einer Concurrenzges ellschaft zu<lb/>
kämpfen, mit der später eine Verbindung geschlossen wurde. Cromwell löste<lb/>
die Compagnie auf, um freien Handel einzuführen, erneuerte sie jedoch wieder.<lb/>
1666 erhielt die Compagnie von Carl II. unter andern das Recht, nicht¬<lb/>
christlichen Staaten den Krieg zu erklären und mit ihnen Frieden zu schließen.<lb/>
Seit 1684 durfte sie eine Flotte und regelmäßige Truppen halten.<lb/>
Trotz innerer Zerwürfnisse erweiterten sich die Besitzungen und Handels-Ver-<lb/>
bindungen der Compagnie fortwährend; so ging Bombay 1668 definitiv ans<lb/>
portugiesischem Besitze in den der Compagnie über und wurde später Regie-<lb/>
rungs-Sitz. Nachdem die Compagnie dann aus verschiedenen kriegerischen Ver¬<lb/>
wickelungen in Indien glücklich hervorgegangen war, wurde ihre Existenz im<lb/>
Vaterlande durch das Parlament ans Anstiften neidischer Londoner Kaufleute<lb/>
in Frage gestellt. Der Handel wurde für frei erklärt und 1689 einer Eon-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0211] Nach Holland waren eingehende Berichte über Indien gelangt, welche die Gründung einer hollündisch-ostindischen Compagnie (1594) zur Folge hatten. Ihre erste Flotte landete 1600; ihr erstes Werk war An¬ knüpfung von Handelsverbindungen, verbunden mit Intriguen gegen die Por- ergiesen. Allmählich gewannen die Holländer mehr und mehr Besitzungen im Süden. Die Augen aller seefahrenden Völker richteten sich damals auf In¬ dien, auch Franzosen und Dänen ließen sich dort nieder. Im Jahre 1600, also gleichzeitig mit dem Landen der holländischen Flotte in Indien, gründeten Londoner Kaufleute die ostindisch e Compagnie, der durch eine „Charter" der Königin Elisabeth aller Handel nach Ost¬ indien, Asien und Afrika frei und ungehindert überlassen wurde. Die Com¬ pagnie hatte das Recht, Gesetze zu machen, Strafen zu verfügen, vorausgesetzt, daß dadurch nicht englische Gesetze verletzt wurden, Waaren steuerfrei auszu¬ führen und von versteuerten Waaren, wenn sie aus irgend einem Grunde zu¬ rückgebracht wurden, die Rückzahlung der Steuer zu verlangen. Die Krone ernannte einen Gouverneur und 24 Directoren, dagegen sollte für die Zukunft der Gouverneur von der Compagnie gewählt werden. Die Dauer der Charter war beschränkt. Die ersten Reisen der Compagnie gingen jedoch nach Java und den be¬ nachbarten Inseln, und erst 1609 ging eine kriegsgerüstcte Flotte nach Indien ab, die den Portugiesen gegenüber zwei Seesiege erfocht. Gleichzeitig wurde ein Gesandter der englischen Krone nach Delhi an den Hos der Groß-Mogule geschickt, und bereits am Anfang des Jahres 1612 wurde Anlegung von mehreren Factoreien an der Nordwestküste gestattet und zwei Jahre später der Handel im ganzen Reiche erlaubt. Die Compagnie hatte jedoch uicht nur mit den größten Schwierigkeiten in Indien, sondern auch mit Vielfachen Intriguen im Mutterlande, namentlich aber mit einer Concurrenzges ellschaft zu kämpfen, mit der später eine Verbindung geschlossen wurde. Cromwell löste die Compagnie auf, um freien Handel einzuführen, erneuerte sie jedoch wieder. 1666 erhielt die Compagnie von Carl II. unter andern das Recht, nicht¬ christlichen Staaten den Krieg zu erklären und mit ihnen Frieden zu schließen. Seit 1684 durfte sie eine Flotte und regelmäßige Truppen halten. Trotz innerer Zerwürfnisse erweiterten sich die Besitzungen und Handels-Ver- bindungen der Compagnie fortwährend; so ging Bombay 1668 definitiv ans portugiesischem Besitze in den der Compagnie über und wurde später Regie- rungs-Sitz. Nachdem die Compagnie dann aus verschiedenen kriegerischen Ver¬ wickelungen in Indien glücklich hervorgegangen war, wurde ihre Existenz im Vaterlande durch das Parlament ans Anstiften neidischer Londoner Kaufleute in Frage gestellt. Der Handel wurde für frei erklärt und 1689 einer Eon-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/211
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/211>, abgerufen am 23.07.2024.