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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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Berehelichung allezeit getragen hatte. Der Ring wurde in Folge dessen
Herrn Burnam ausgeantwortet, welcher den glücklichen Finder mit fünfzig
Pfund belohnte.

Nicht im Hochsommer, wo die Seeschlangen und andere Wunder vom
Grunde der Journalistik aufzusteigen pflegen, fondern schon im Mai des
Jahres 1873 brachten mehrere französische Blätter die deßwegen noch immer
nicht vollkommen glaubwürdige Nachricht, daß in einem der vornehmsten
Restaurants von Paris im Magen eines Lachses, der auf dem Centralmarkt
gekauft worden, ein Diamantring gefunden worden sei. Die Mittheilung
war wohl nicht die Mythe, sondern die Reclame in einer ihrer tausend
Gestalten.

Auch die Urkarpfen von ungeheurer Größe, welche nach der Volks-
Meinung mit Moos auf dem Rücken und silbernen Ringen in der Nase in
dem einen oder dem anderen Teiche, z, B. im königlichen Schloßteiche zu
Moritzburg bei Dresden, herum schwimmen, sind zweifelhafte Wesen und sehr
Möglicher Weise Verwandte des Hechtes, in dessen Gestalt jener eddische Zwerg
Andvari mit seinem Ringe von den Asen gefangen wurde. Doch scheint die
folgende in dieses Kapitel fallende Zeitungsnotiz auf Wahrheit zu beruhen

Den 7. Oktober 1868 singen Fischer, die ihre Netze in die Wolga aus¬
geworfen, einen Stör, von dem sich zeigte, daß er derselbe sei, welchen dier
Municipalität von Nischnej im Jahre 1866 dem Großfürsten Thronfolge
wegen seiner außerordentlichen Größe zum Geschenk gemacht, und den derselbe
dann wieder in Freiheit zu setzen befohlen hatte. Die Identität desselben
wurde durch einen silbernen Ring bewiesen, den man dem Fische durch die
rechte Kieme gezogen hatte, und der das Datum des 27. August 1866 trug.
Ein ähnlicher Ring, den man an der linken Kieme befestigt, war verschwun¬
den. Einige Zeit darauf kam ein ähnlicher Fall vor. indem man. ebenfalls
'n der Wolga, einen andern Stör zum Gefangnen machte, der ebenfalls einen
Ring von Silber trug, an welchem man in ihm denjenigen Burschen erkannte,
den man etliche Jahre früher dem Kaiser Nikolaus verehrt, und den dieser
seinem heimathlichen Element wiederzugeben befohlen hatte.
'

Noch etwas glaubwürdiger, aber trotz der Abwesenheit eines Fisches
immerhin noch einigermaßen an den Mythenkern unsrer Sagen vom in das
Nasser Verlornen und auf wunderbare Weise wieder zum Vorschein gekommnen
Ringe erinnernd sind endlich die folgenden Geschichtchen. Sie können wahr,
aber auch -- der Verfasser dieses Aufsatzes hat sich nun einmal, durch allerlei Er
fahrungen gewitzigt, den heiligen Thomas zum Schutzpatron und die "achte
Seligkeit": "selig sind, die da nicht glauben; denn sie sollen nicht getäuscht
Werden" zur Lebensregel gewählt -- bloße Abwandelungen, Abarten oder Sei-


Grenzlwten IV. 187K. 62

Berehelichung allezeit getragen hatte. Der Ring wurde in Folge dessen
Herrn Burnam ausgeantwortet, welcher den glücklichen Finder mit fünfzig
Pfund belohnte.

Nicht im Hochsommer, wo die Seeschlangen und andere Wunder vom
Grunde der Journalistik aufzusteigen pflegen, fondern schon im Mai des
Jahres 1873 brachten mehrere französische Blätter die deßwegen noch immer
nicht vollkommen glaubwürdige Nachricht, daß in einem der vornehmsten
Restaurants von Paris im Magen eines Lachses, der auf dem Centralmarkt
gekauft worden, ein Diamantring gefunden worden sei. Die Mittheilung
war wohl nicht die Mythe, sondern die Reclame in einer ihrer tausend
Gestalten.

Auch die Urkarpfen von ungeheurer Größe, welche nach der Volks-
Meinung mit Moos auf dem Rücken und silbernen Ringen in der Nase in
dem einen oder dem anderen Teiche, z, B. im königlichen Schloßteiche zu
Moritzburg bei Dresden, herum schwimmen, sind zweifelhafte Wesen und sehr
Möglicher Weise Verwandte des Hechtes, in dessen Gestalt jener eddische Zwerg
Andvari mit seinem Ringe von den Asen gefangen wurde. Doch scheint die
folgende in dieses Kapitel fallende Zeitungsnotiz auf Wahrheit zu beruhen

Den 7. Oktober 1868 singen Fischer, die ihre Netze in die Wolga aus¬
geworfen, einen Stör, von dem sich zeigte, daß er derselbe sei, welchen dier
Municipalität von Nischnej im Jahre 1866 dem Großfürsten Thronfolge
wegen seiner außerordentlichen Größe zum Geschenk gemacht, und den derselbe
dann wieder in Freiheit zu setzen befohlen hatte. Die Identität desselben
wurde durch einen silbernen Ring bewiesen, den man dem Fische durch die
rechte Kieme gezogen hatte, und der das Datum des 27. August 1866 trug.
Ein ähnlicher Ring, den man an der linken Kieme befestigt, war verschwun¬
den. Einige Zeit darauf kam ein ähnlicher Fall vor. indem man. ebenfalls
'n der Wolga, einen andern Stör zum Gefangnen machte, der ebenfalls einen
Ring von Silber trug, an welchem man in ihm denjenigen Burschen erkannte,
den man etliche Jahre früher dem Kaiser Nikolaus verehrt, und den dieser
seinem heimathlichen Element wiederzugeben befohlen hatte.
'

Noch etwas glaubwürdiger, aber trotz der Abwesenheit eines Fisches
immerhin noch einigermaßen an den Mythenkern unsrer Sagen vom in das
Nasser Verlornen und auf wunderbare Weise wieder zum Vorschein gekommnen
Ringe erinnernd sind endlich die folgenden Geschichtchen. Sie können wahr,
aber auch — der Verfasser dieses Aufsatzes hat sich nun einmal, durch allerlei Er
fahrungen gewitzigt, den heiligen Thomas zum Schutzpatron und die „achte
Seligkeit": „selig sind, die da nicht glauben; denn sie sollen nicht getäuscht
Werden" zur Lebensregel gewählt — bloße Abwandelungen, Abarten oder Sei-


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[0493] Berehelichung allezeit getragen hatte. Der Ring wurde in Folge dessen Herrn Burnam ausgeantwortet, welcher den glücklichen Finder mit fünfzig Pfund belohnte. Nicht im Hochsommer, wo die Seeschlangen und andere Wunder vom Grunde der Journalistik aufzusteigen pflegen, fondern schon im Mai des Jahres 1873 brachten mehrere französische Blätter die deßwegen noch immer nicht vollkommen glaubwürdige Nachricht, daß in einem der vornehmsten Restaurants von Paris im Magen eines Lachses, der auf dem Centralmarkt gekauft worden, ein Diamantring gefunden worden sei. Die Mittheilung war wohl nicht die Mythe, sondern die Reclame in einer ihrer tausend Gestalten. Auch die Urkarpfen von ungeheurer Größe, welche nach der Volks- Meinung mit Moos auf dem Rücken und silbernen Ringen in der Nase in dem einen oder dem anderen Teiche, z, B. im königlichen Schloßteiche zu Moritzburg bei Dresden, herum schwimmen, sind zweifelhafte Wesen und sehr Möglicher Weise Verwandte des Hechtes, in dessen Gestalt jener eddische Zwerg Andvari mit seinem Ringe von den Asen gefangen wurde. Doch scheint die folgende in dieses Kapitel fallende Zeitungsnotiz auf Wahrheit zu beruhen Den 7. Oktober 1868 singen Fischer, die ihre Netze in die Wolga aus¬ geworfen, einen Stör, von dem sich zeigte, daß er derselbe sei, welchen dier Municipalität von Nischnej im Jahre 1866 dem Großfürsten Thronfolge wegen seiner außerordentlichen Größe zum Geschenk gemacht, und den derselbe dann wieder in Freiheit zu setzen befohlen hatte. Die Identität desselben wurde durch einen silbernen Ring bewiesen, den man dem Fische durch die rechte Kieme gezogen hatte, und der das Datum des 27. August 1866 trug. Ein ähnlicher Ring, den man an der linken Kieme befestigt, war verschwun¬ den. Einige Zeit darauf kam ein ähnlicher Fall vor. indem man. ebenfalls 'n der Wolga, einen andern Stör zum Gefangnen machte, der ebenfalls einen Ring von Silber trug, an welchem man in ihm denjenigen Burschen erkannte, den man etliche Jahre früher dem Kaiser Nikolaus verehrt, und den dieser seinem heimathlichen Element wiederzugeben befohlen hatte. ' Noch etwas glaubwürdiger, aber trotz der Abwesenheit eines Fisches immerhin noch einigermaßen an den Mythenkern unsrer Sagen vom in das Nasser Verlornen und auf wunderbare Weise wieder zum Vorschein gekommnen Ringe erinnernd sind endlich die folgenden Geschichtchen. Sie können wahr, aber auch — der Verfasser dieses Aufsatzes hat sich nun einmal, durch allerlei Er fahrungen gewitzigt, den heiligen Thomas zum Schutzpatron und die „achte Seligkeit": „selig sind, die da nicht glauben; denn sie sollen nicht getäuscht Werden" zur Lebensregel gewählt — bloße Abwandelungen, Abarten oder Sei- Grenzlwten IV. 187K. 62

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/493>, abgerufen am 20.10.2024.