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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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Erzherzog erbauten Glockenthürme auf dem Schloßberge vom Jahre 1578.*)
Nach seiner Rückkunft nach Dresden 1587 wurde ihm von Kurfürst
Christian I. -- Kurfürst August war im Jahre zuvor gestorben -- seine
Bestallung erneuert. In Dresden rühren von ihm die beiden prachtvollen
Bronzesäulen im Hofe des seit 1586 von Kurfürst Christian I. erbauten
Stallgebäudes her, die Träger der Ringe, nach denen beim Rtngelrennen gestochen
wurde**). In Freiberg unterstützte er dann, wie oben erwähnt, Carlo de
Cesare in seinen Arbeiten für die Begräbnißkapelle. Von den Freiberger
Grabplatten sind ihm mindestens fünf sicher zuzuweisen, welche sämmtlich in den
Jahren 1593 und 1594 entstanden sind: die von Kurfürst August und selner
Gemahlin Anna, die von Kurfürst Christian I. und von zwei Töchterchen
des Letzteren. Von den vier Söhnen Martin Hilliger's übernahm später
Hans Hilliger (1567 -- 1640) die Stellung des Vaters. Er wurde 1602
von Kurfürst Christian II. zum kurfürstlichen Büchsengießer berufen; 1614
war er regierender Bürgermeister von Dresden. Er goß das noch heute auf
der Moldaubrücke in Prag stehende große Crucifix, und von den Freiberger
Grabplatten sind drei mit Bestimmtheit auf ihn zurückzuführen, die der Ge¬
mahlin Kurfürst Christian's I., Sophie, -- die Statue der Fürstin, mit deren
Guß er ebenfalls beauftragt war, kam, wie oben bemerkt, nicht zur Voll¬
endung -- die seiner Tochter, der Herzogin Dorothea, der Aebtissin zu Qued¬
linburg, und die für "Herzog Heinrich", d. h. jedenfalls für den kleinen Sohn
Johann Georg's I. Die späteste Grabplatte, die 1643 für ein Töchterchen
desselben Kurfürsten gegossen wurde, ist ein Werk des Hans Wilhelm
Hilliger (gestorben 1649), der 1640 an seines verstorbenen Vaters Statt
zum kurfürstlichen Büchsengießer ernannt wurde.

Was das technische Verfahren bei der Herstellung der Freiberger Grab¬
platten betrifft, so giebt der Gießer in dem Voranschlag, den er über die
zuletzt genannte Platte einreichte, die damit vorzunehmenden Manipulationen in
folgender Reihe an: "Die Tafel zu formen, gießen, blank auszubereiten und
poliren, das Conterfet, die Wappen. LompartAmentg, und Schriften einwärts
zu hauen, schwarz einzulassen und gänzlich fertig zu machen, für jeden Centner
fertigen Guß 21 si.". und in dem Vertrag, den Martin Hilliger wegen der
oben genannten fünf, in den Jahren 1593 bis 1594 gegossenen Platten ab¬
schloß, heißt es. daß er nicht allein die Platten gießen, sondern auch "die
Contrafekt. Wappen, Landschaften und andere darauf gehörige Zier reißen
und schraffiren. desgleichen die Schriften erhaben aushauen und durch Maler
und Goldschmiede alles um 15 si. 15 gr. den Centner auf's sauberste bereiten




*) Mittheilungen des Freiberger Alter'hümsveretns. 1866, S. S10.
Vgl. Archiv für die sächsische Geschichte XI, S. 162.

Erzherzog erbauten Glockenthürme auf dem Schloßberge vom Jahre 1578.*)
Nach seiner Rückkunft nach Dresden 1587 wurde ihm von Kurfürst
Christian I. — Kurfürst August war im Jahre zuvor gestorben — seine
Bestallung erneuert. In Dresden rühren von ihm die beiden prachtvollen
Bronzesäulen im Hofe des seit 1586 von Kurfürst Christian I. erbauten
Stallgebäudes her, die Träger der Ringe, nach denen beim Rtngelrennen gestochen
wurde**). In Freiberg unterstützte er dann, wie oben erwähnt, Carlo de
Cesare in seinen Arbeiten für die Begräbnißkapelle. Von den Freiberger
Grabplatten sind ihm mindestens fünf sicher zuzuweisen, welche sämmtlich in den
Jahren 1593 und 1594 entstanden sind: die von Kurfürst August und selner
Gemahlin Anna, die von Kurfürst Christian I. und von zwei Töchterchen
des Letzteren. Von den vier Söhnen Martin Hilliger's übernahm später
Hans Hilliger (1567 — 1640) die Stellung des Vaters. Er wurde 1602
von Kurfürst Christian II. zum kurfürstlichen Büchsengießer berufen; 1614
war er regierender Bürgermeister von Dresden. Er goß das noch heute auf
der Moldaubrücke in Prag stehende große Crucifix, und von den Freiberger
Grabplatten sind drei mit Bestimmtheit auf ihn zurückzuführen, die der Ge¬
mahlin Kurfürst Christian's I., Sophie, — die Statue der Fürstin, mit deren
Guß er ebenfalls beauftragt war, kam, wie oben bemerkt, nicht zur Voll¬
endung — die seiner Tochter, der Herzogin Dorothea, der Aebtissin zu Qued¬
linburg, und die für „Herzog Heinrich", d. h. jedenfalls für den kleinen Sohn
Johann Georg's I. Die späteste Grabplatte, die 1643 für ein Töchterchen
desselben Kurfürsten gegossen wurde, ist ein Werk des Hans Wilhelm
Hilliger (gestorben 1649), der 1640 an seines verstorbenen Vaters Statt
zum kurfürstlichen Büchsengießer ernannt wurde.

Was das technische Verfahren bei der Herstellung der Freiberger Grab¬
platten betrifft, so giebt der Gießer in dem Voranschlag, den er über die
zuletzt genannte Platte einreichte, die damit vorzunehmenden Manipulationen in
folgender Reihe an: „Die Tafel zu formen, gießen, blank auszubereiten und
poliren, das Conterfet, die Wappen. LompartAmentg, und Schriften einwärts
zu hauen, schwarz einzulassen und gänzlich fertig zu machen, für jeden Centner
fertigen Guß 21 si.". und in dem Vertrag, den Martin Hilliger wegen der
oben genannten fünf, in den Jahren 1593 bis 1594 gegossenen Platten ab¬
schloß, heißt es. daß er nicht allein die Platten gießen, sondern auch „die
Contrafekt. Wappen, Landschaften und andere darauf gehörige Zier reißen
und schraffiren. desgleichen die Schriften erhaben aushauen und durch Maler
und Goldschmiede alles um 15 si. 15 gr. den Centner auf's sauberste bereiten




*) Mittheilungen des Freiberger Alter'hümsveretns. 1866, S. S10.
Vgl. Archiv für die sächsische Geschichte XI, S. 162.
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[0474] Erzherzog erbauten Glockenthürme auf dem Schloßberge vom Jahre 1578.*) Nach seiner Rückkunft nach Dresden 1587 wurde ihm von Kurfürst Christian I. — Kurfürst August war im Jahre zuvor gestorben — seine Bestallung erneuert. In Dresden rühren von ihm die beiden prachtvollen Bronzesäulen im Hofe des seit 1586 von Kurfürst Christian I. erbauten Stallgebäudes her, die Träger der Ringe, nach denen beim Rtngelrennen gestochen wurde**). In Freiberg unterstützte er dann, wie oben erwähnt, Carlo de Cesare in seinen Arbeiten für die Begräbnißkapelle. Von den Freiberger Grabplatten sind ihm mindestens fünf sicher zuzuweisen, welche sämmtlich in den Jahren 1593 und 1594 entstanden sind: die von Kurfürst August und selner Gemahlin Anna, die von Kurfürst Christian I. und von zwei Töchterchen des Letzteren. Von den vier Söhnen Martin Hilliger's übernahm später Hans Hilliger (1567 — 1640) die Stellung des Vaters. Er wurde 1602 von Kurfürst Christian II. zum kurfürstlichen Büchsengießer berufen; 1614 war er regierender Bürgermeister von Dresden. Er goß das noch heute auf der Moldaubrücke in Prag stehende große Crucifix, und von den Freiberger Grabplatten sind drei mit Bestimmtheit auf ihn zurückzuführen, die der Ge¬ mahlin Kurfürst Christian's I., Sophie, — die Statue der Fürstin, mit deren Guß er ebenfalls beauftragt war, kam, wie oben bemerkt, nicht zur Voll¬ endung — die seiner Tochter, der Herzogin Dorothea, der Aebtissin zu Qued¬ linburg, und die für „Herzog Heinrich", d. h. jedenfalls für den kleinen Sohn Johann Georg's I. Die späteste Grabplatte, die 1643 für ein Töchterchen desselben Kurfürsten gegossen wurde, ist ein Werk des Hans Wilhelm Hilliger (gestorben 1649), der 1640 an seines verstorbenen Vaters Statt zum kurfürstlichen Büchsengießer ernannt wurde. Was das technische Verfahren bei der Herstellung der Freiberger Grab¬ platten betrifft, so giebt der Gießer in dem Voranschlag, den er über die zuletzt genannte Platte einreichte, die damit vorzunehmenden Manipulationen in folgender Reihe an: „Die Tafel zu formen, gießen, blank auszubereiten und poliren, das Conterfet, die Wappen. LompartAmentg, und Schriften einwärts zu hauen, schwarz einzulassen und gänzlich fertig zu machen, für jeden Centner fertigen Guß 21 si.". und in dem Vertrag, den Martin Hilliger wegen der oben genannten fünf, in den Jahren 1593 bis 1594 gegossenen Platten ab¬ schloß, heißt es. daß er nicht allein die Platten gießen, sondern auch „die Contrafekt. Wappen, Landschaften und andere darauf gehörige Zier reißen und schraffiren. desgleichen die Schriften erhaben aushauen und durch Maler und Goldschmiede alles um 15 si. 15 gr. den Centner auf's sauberste bereiten *) Mittheilungen des Freiberger Alter'hümsveretns. 1866, S. S10. Vgl. Archiv für die sächsische Geschichte XI, S. 162.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/474>, abgerufen am 19.10.2024.