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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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einer Commission von 21 Mitgliedern zur Vorbereitung der zweiten Lesung
überwiesen.

Am 16. November beschäftigte sich der Reichstag u. A. mit einem Ge¬
setzentwurf zum Schutze nützlicher Vogelarten, einem höchst löblichen Zweck,
dessen Mittel wir hier aber nicht im Einzelnen erörtern wollen. Auch dieser
Gesetzentwurf, dessen Einbringung der Initiative eines Reichstagsmitgliedes
zu verdanken, wurde an eine Commission verwiesen.

Am 17. November trat der Reichstag an das Hauptwerk der Session,
an die großen Justizgesetze heran. Es wäre eigentlich die Aufgabe der Presse,
über die Bedeutung dieser Gesetze und die Art wie die gesetzgeberische Aufgabe
in den bisherigen Stadien, welche jedenfalls für den noch übrigen Weg ent¬
scheidend gewesen, gelöst worden, den gebildeten Theil der Nation in uM-
fassender und eindringender Weise aufzuklären. Daß dies nur in unge-
nügendem Maße geschieht, kann man bedauern, aber man darf Niemanden
darob anklagen. Die Fülle der Aufgaben, welche sich der deutschen Nation
in den letzten Jahren aufgedrängt hat und immer noch weiter aufdrängt,
wäre von dem Geist keines Volkes zu keiner Zeit auf einmal bewältigt
worden, d. h. nicht so, wie es sein müßte, nicht so, daß jedes Werk für das
Allgemeine auch zum allgemeinen Verständniß gelangte. Einzelne Kreise und
Kräfte thun ihr Bestes für das Ganze, und erst wenn alle Arbeiten vollendet
sind, wird die Nation Zeit haben, sich in dem Ganzen ihrer Einrichtungen
zu orientiren und mit Verständniß in dasselbe einzuleben.

Der Versuch, das Werk dieser Justizgesetzgebung, die jetzt im Reichstag
zum Abschluß kommen soll, nicht bloß nach der formalen Seite, daß für das denk'
sche Reich ein einheitliches Gerichtsverfahren geschaffen wird, sondern auch
nach dem Werth und Charakter der gefundenen Lösung zu erläutern, wäre
auch eine dankenswerthe Aufgabe für diese Briefe. Allein nicht blos die
mangelnde Kunst des Berichterstatters, vielleicht auch die mangelnde Aus¬
dauer der Leser, in dieser Zeit immerhin weit ausholenden Auseinander¬
setzungen zu folgen, stellt sich dem Unternehmen abwehrend entgegen. Einige
zum Verständniß der großen Arbeit beizutragen, soll dennoch hier versucht
werden. Dies wird aber am Zweckmäßigsten im Rückblick auf größere Ab¬
schnitte der Verhandlungen geschehen. So sei denn der Beginn dem nächst^
6--r. Brief verspart.




einer Commission von 21 Mitgliedern zur Vorbereitung der zweiten Lesung
überwiesen.

Am 16. November beschäftigte sich der Reichstag u. A. mit einem Ge¬
setzentwurf zum Schutze nützlicher Vogelarten, einem höchst löblichen Zweck,
dessen Mittel wir hier aber nicht im Einzelnen erörtern wollen. Auch dieser
Gesetzentwurf, dessen Einbringung der Initiative eines Reichstagsmitgliedes
zu verdanken, wurde an eine Commission verwiesen.

Am 17. November trat der Reichstag an das Hauptwerk der Session,
an die großen Justizgesetze heran. Es wäre eigentlich die Aufgabe der Presse,
über die Bedeutung dieser Gesetze und die Art wie die gesetzgeberische Aufgabe
in den bisherigen Stadien, welche jedenfalls für den noch übrigen Weg ent¬
scheidend gewesen, gelöst worden, den gebildeten Theil der Nation in uM-
fassender und eindringender Weise aufzuklären. Daß dies nur in unge-
nügendem Maße geschieht, kann man bedauern, aber man darf Niemanden
darob anklagen. Die Fülle der Aufgaben, welche sich der deutschen Nation
in den letzten Jahren aufgedrängt hat und immer noch weiter aufdrängt,
wäre von dem Geist keines Volkes zu keiner Zeit auf einmal bewältigt
worden, d. h. nicht so, wie es sein müßte, nicht so, daß jedes Werk für das
Allgemeine auch zum allgemeinen Verständniß gelangte. Einzelne Kreise und
Kräfte thun ihr Bestes für das Ganze, und erst wenn alle Arbeiten vollendet
sind, wird die Nation Zeit haben, sich in dem Ganzen ihrer Einrichtungen
zu orientiren und mit Verständniß in dasselbe einzuleben.

Der Versuch, das Werk dieser Justizgesetzgebung, die jetzt im Reichstag
zum Abschluß kommen soll, nicht bloß nach der formalen Seite, daß für das denk'
sche Reich ein einheitliches Gerichtsverfahren geschaffen wird, sondern auch
nach dem Werth und Charakter der gefundenen Lösung zu erläutern, wäre
auch eine dankenswerthe Aufgabe für diese Briefe. Allein nicht blos die
mangelnde Kunst des Berichterstatters, vielleicht auch die mangelnde Aus¬
dauer der Leser, in dieser Zeit immerhin weit ausholenden Auseinander¬
setzungen zu folgen, stellt sich dem Unternehmen abwehrend entgegen. Einige
zum Verständniß der großen Arbeit beizutragen, soll dennoch hier versucht
werden. Dies wird aber am Zweckmäßigsten im Rückblick auf größere Ab¬
schnitte der Verhandlungen geschehen. So sei denn der Beginn dem nächst^
6—r. Brief verspart.




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[0358] einer Commission von 21 Mitgliedern zur Vorbereitung der zweiten Lesung überwiesen. Am 16. November beschäftigte sich der Reichstag u. A. mit einem Ge¬ setzentwurf zum Schutze nützlicher Vogelarten, einem höchst löblichen Zweck, dessen Mittel wir hier aber nicht im Einzelnen erörtern wollen. Auch dieser Gesetzentwurf, dessen Einbringung der Initiative eines Reichstagsmitgliedes zu verdanken, wurde an eine Commission verwiesen. Am 17. November trat der Reichstag an das Hauptwerk der Session, an die großen Justizgesetze heran. Es wäre eigentlich die Aufgabe der Presse, über die Bedeutung dieser Gesetze und die Art wie die gesetzgeberische Aufgabe in den bisherigen Stadien, welche jedenfalls für den noch übrigen Weg ent¬ scheidend gewesen, gelöst worden, den gebildeten Theil der Nation in uM- fassender und eindringender Weise aufzuklären. Daß dies nur in unge- nügendem Maße geschieht, kann man bedauern, aber man darf Niemanden darob anklagen. Die Fülle der Aufgaben, welche sich der deutschen Nation in den letzten Jahren aufgedrängt hat und immer noch weiter aufdrängt, wäre von dem Geist keines Volkes zu keiner Zeit auf einmal bewältigt worden, d. h. nicht so, wie es sein müßte, nicht so, daß jedes Werk für das Allgemeine auch zum allgemeinen Verständniß gelangte. Einzelne Kreise und Kräfte thun ihr Bestes für das Ganze, und erst wenn alle Arbeiten vollendet sind, wird die Nation Zeit haben, sich in dem Ganzen ihrer Einrichtungen zu orientiren und mit Verständniß in dasselbe einzuleben. Der Versuch, das Werk dieser Justizgesetzgebung, die jetzt im Reichstag zum Abschluß kommen soll, nicht bloß nach der formalen Seite, daß für das denk' sche Reich ein einheitliches Gerichtsverfahren geschaffen wird, sondern auch nach dem Werth und Charakter der gefundenen Lösung zu erläutern, wäre auch eine dankenswerthe Aufgabe für diese Briefe. Allein nicht blos die mangelnde Kunst des Berichterstatters, vielleicht auch die mangelnde Aus¬ dauer der Leser, in dieser Zeit immerhin weit ausholenden Auseinander¬ setzungen zu folgen, stellt sich dem Unternehmen abwehrend entgegen. Einige zum Verständniß der großen Arbeit beizutragen, soll dennoch hier versucht werden. Dies wird aber am Zweckmäßigsten im Rückblick auf größere Ab¬ schnitte der Verhandlungen geschehen. So sei denn der Beginn dem nächst^ 6—r. Brief verspart.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/358>, abgerufen am 20.10.2024.