Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.Doch ist Solches leicht zu ertragen, um so mehr, als die letzte und höchste Nach diesen einleitenden Bemerkungen wenden wir uns zur Sache selbst, Nachdem bereits mehrere Tage lang diesbezügliche Gerüchte in Umlauf Grenzlwtm IV. 1876.
Doch ist Solches leicht zu ertragen, um so mehr, als die letzte und höchste Nach diesen einleitenden Bemerkungen wenden wir uns zur Sache selbst, Nachdem bereits mehrere Tage lang diesbezügliche Gerüchte in Umlauf Grenzlwtm IV. 1876.
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Doch ist Solches leicht zu ertragen, um so mehr, als die letzte und höchste
Instanz über Werth oder Unwerth der gesammten politischen Auffassungs¬
und Betrachtungsweise, wie der Auffassungs- und Betrachtungsweise eines
Einzelfalles nicht durch wohl- oder überwollende Kritiker der gleichzeitigen
Tage gebildet wird, sondern durch die Geschichte der kommenden Jahre.
Nach diesen einleitenden Bemerkungen wenden wir uns zur Sache selbst,
indem wir zuvörderst in Kürze das Thatsächliche des jüngst stattgehabten
badischen Ministerwechsels mittheilen, sodann die Ursachen des Vorgangs zu
erkennen suchen. Solche Kenntniß und des Weiteren ein prüfender Blick
auf das Ministerium werden ermöglichen, mit ziemlicher Sicherheit einen
Schluß zu ziehen auf die politische Signatur der nächsten Zukunft unseres
badischen Staatslebens.
Nachdem bereits mehrere Tage lang diesbezügliche Gerüchte in Umlauf
gewesen waren, brachte am 25. September das Regierungsorgan, die „Karlsruher
Zeitung" die vom 24. September datirte Mittheilung, daß Seine Königliche Ho¬
heit der Großherzog unterm 21. d. M. geruht hatten, den Staatsminister Dr.
Jolly auf dessen Ansuchen seines Amtes als Präsidenten des Staatsministeriums
und Minister des Innern unter Vorbehaltung der anderweitigen Verwendung
im activen Dienst gnädigst zu entheben. Gleichzeitig mit der Amtsenthebung
wurde dem abtretenden Minister die allerhöchste besondere Anerkennung seiner
langjährigen, ausgezeichneten und erfolgreichen Dienste ausgesprochen unter
Verleihung des höchsten Ordens der badischen Krone. Nachdem in Folge
des Vorgangs auch die sämmtlichen übrigen Mitglieder des Staatsministeriums
dem Großherzog ihre Aemter zur Verfügung gestellt hatten, wurde von diesem
mittelst Schreibens aus Stuttgart vom 23. September der seitherige Präsident
des Handelsministeriums Turban aufgefordert, die Aufgabe zu übernehmen,
„auf Grundlage der bisher maßgebend gewesenen Richtung der Regierung,
sowohl in Betreff der inneren Politik als auch in Bezug auf die nationalen
Entwickelungsaufgaben ein freisinniges Ministerium neu zu bilden." Prä¬
sident Turban unterzog sich dieser Aufgabe. Unter Beibehaltung seines
Ressortministeriums trat er als Staatsminister und Präsident des Staats¬
ministeriums an die Spitze der Geschäfte. Der Präsident des Ministeriums
des Großherzoglichen Hauses, der Justiz und des Auswärtigen, v. Frey-
dorf, wurde in den Ruhestand versetzt, indem gleichzeitig die Geschäfte des
Ministeriums des Auswärtigen dem Staatsministerium zugewiesen wurden;
der Präsident des Finanzministeriums, El l statt er, blieb auf seinem Posten,
desgleichen das Mitglied des Staatsministeriums, Staatsrath Nüßlin; zum
Präsidenten des Ministeriums des Innern wurde Landescommissar L. Stösser
ernannt und zum Präsidenten des Großherzoglichen Hauses und der Justiz
Fiscalanwalt Dr. Grimm in Mannheim.
Grenzlwtm IV. 1876.
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