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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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forderten. Es kann daher jetzt keinem Zweifel mehr unterliegen, daß die übrigen
Staaten Frankreichs Beispiel folgen werden und daß bei der nächsten Con-
ferenz der Beschluß gefaßt werden wird, die Silberprügung ganz einzustellen.
Dies wird aber der erste Schritt zur Einführung der reinen Goldwährung
sein. Durch diese Maßregel würden wohl nicht weniger als fünfhundert
Millionen Franken aufs Neue dem Silbermarkt zugeführt werden, wenn man
das künftige Bedürfniß der Staaten der lateinischen Münzconvention der
silbernen Theilmünzen noch so hoch anschlägt. Diese Aussicht muß auch
schon gegenwärtig auf den Silbermarkt drücken.

Eine andere Gelegenheit zur Besserung des Silberpreises ist soeben in
den Vereinigten Staaten abgeschnitten oder doch auf eine bescheidenes Maß
reducirt worden. Dort ist einestheils die New-Uorker-Goldspeeulation, deren
Einfluß hauptsächlich die lange Dauer der Papierwirthschaft beizumessen ist,
-- denn die Mittel zur Wiederherstellung der Valuta hätte die Vereinigte
Staatenregierung längst gehabt, wenn sie statt,Bonds Greenbacks einlöste
-- sowie das Interesse der kalifornischen Bergwerksbesitzer, welche den Kon¬
greß fortwährend mit Anträgen bestürmen, die darauf abzielen, den Silber¬
preis künstlich zu heben. Zuerst schlugen sie die Ausmünzung von Silber¬
dollars zu gesetzlichen Zahlungen im unbeschränkten Betrag d. h. also die
Einführung der Doppelwährung vor. Nachdem dieses Ansinnen abgelehnt, ist jetzt
ein neuer Antrag eingebracht worden, nach welchem die Münzstätten von New-Uork
und Se. Francisco ermächtigt werden sollen, Silberbarren von Privaten anzuneh¬
men und dafür Münzscheine in Gestalt von jeder Zeit gegen Silber einlösbaren No¬
ten auszugeben. Daß das Gleiche auch für Gold vorgeschlagen wird, ist nur der
Mantel um die Belleitäten der Silberproducenten zu decken. Der Congreß
ist auf den früheren Antrag nicht eingegangen und wird auch auf diesen
nicht eingehen. Derselbe hat vielmehr beschlossen, die Silberausprägungen
auf die Scheide- oder Theilmünze zu beschränken und deren Maximum einst¬
weilen auf SO Mill. Dollars zu limitiren. Demnach ist auch in Amerika
die Aussicht auf eine mögliche Besserung des Silberpreises in der nächsten
Zeit geschwunden.

Auch in Beziehung auf Indien sind nicht wenige Vorschläge von den
Privatinteresfenten gemacht worden. Die einen schlagen die Einführung der
Doppelwährung, die Andern die der Goldwährung vor. Indien mit seinen
193 Mill. Einwohnern würde aber im letzteren Fall -- der erstere kann gar
nicht in Betracht kommen, weil die Goldmünzen sofort vom Silber aus dem
Land gedrängt würden -- eine solche namhafte Summe Goldes brauchen,
daß die Preise enorm steigen würden und eine neue internationale Krisis zu
befürchten wäre. Einen gar wunderlichen Vorschlag hat die Handelskammer


forderten. Es kann daher jetzt keinem Zweifel mehr unterliegen, daß die übrigen
Staaten Frankreichs Beispiel folgen werden und daß bei der nächsten Con-
ferenz der Beschluß gefaßt werden wird, die Silberprügung ganz einzustellen.
Dies wird aber der erste Schritt zur Einführung der reinen Goldwährung
sein. Durch diese Maßregel würden wohl nicht weniger als fünfhundert
Millionen Franken aufs Neue dem Silbermarkt zugeführt werden, wenn man
das künftige Bedürfniß der Staaten der lateinischen Münzconvention der
silbernen Theilmünzen noch so hoch anschlägt. Diese Aussicht muß auch
schon gegenwärtig auf den Silbermarkt drücken.

Eine andere Gelegenheit zur Besserung des Silberpreises ist soeben in
den Vereinigten Staaten abgeschnitten oder doch auf eine bescheidenes Maß
reducirt worden. Dort ist einestheils die New-Uorker-Goldspeeulation, deren
Einfluß hauptsächlich die lange Dauer der Papierwirthschaft beizumessen ist,
— denn die Mittel zur Wiederherstellung der Valuta hätte die Vereinigte
Staatenregierung längst gehabt, wenn sie statt,Bonds Greenbacks einlöste
— sowie das Interesse der kalifornischen Bergwerksbesitzer, welche den Kon¬
greß fortwährend mit Anträgen bestürmen, die darauf abzielen, den Silber¬
preis künstlich zu heben. Zuerst schlugen sie die Ausmünzung von Silber¬
dollars zu gesetzlichen Zahlungen im unbeschränkten Betrag d. h. also die
Einführung der Doppelwährung vor. Nachdem dieses Ansinnen abgelehnt, ist jetzt
ein neuer Antrag eingebracht worden, nach welchem die Münzstätten von New-Uork
und Se. Francisco ermächtigt werden sollen, Silberbarren von Privaten anzuneh¬
men und dafür Münzscheine in Gestalt von jeder Zeit gegen Silber einlösbaren No¬
ten auszugeben. Daß das Gleiche auch für Gold vorgeschlagen wird, ist nur der
Mantel um die Belleitäten der Silberproducenten zu decken. Der Congreß
ist auf den früheren Antrag nicht eingegangen und wird auch auf diesen
nicht eingehen. Derselbe hat vielmehr beschlossen, die Silberausprägungen
auf die Scheide- oder Theilmünze zu beschränken und deren Maximum einst¬
weilen auf SO Mill. Dollars zu limitiren. Demnach ist auch in Amerika
die Aussicht auf eine mögliche Besserung des Silberpreises in der nächsten
Zeit geschwunden.

Auch in Beziehung auf Indien sind nicht wenige Vorschläge von den
Privatinteresfenten gemacht worden. Die einen schlagen die Einführung der
Doppelwährung, die Andern die der Goldwährung vor. Indien mit seinen
193 Mill. Einwohnern würde aber im letzteren Fall — der erstere kann gar
nicht in Betracht kommen, weil die Goldmünzen sofort vom Silber aus dem
Land gedrängt würden — eine solche namhafte Summe Goldes brauchen,
daß die Preise enorm steigen würden und eine neue internationale Krisis zu
befürchten wäre. Einen gar wunderlichen Vorschlag hat die Handelskammer


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/445>, abgerufen am 26.06.2024.