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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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Dienst. Es ist eine Versuchung zur Unehrlichkeit; es hindert und hemmt die
sorgsame Beaufsichtigung und die Zurrechenschaftziehung. wodurch allein ein
treuer und zuverlässiger Staatsdienst gesichert werden kann; es erschwert und
macht oft eine schnelle und prompte Bestrafung unwürdiger Aemterinhaber un¬
möglich; unter allen Umständen würdigt es den öffentlichen Dienst und den
Character der Regierung herab. Es muß abgeschafft werden, und die
betreffende Reform sollte gründlich, radikal und vollständig (tnorougli,
raäical ana oomplete) sein. Wir müssen zu den Grundsätzen und der Praxis
der Gründer unserer Republik zurückkehren. Das Gesetz muß hier, wenn
es nöthig ist, bestimmen, was früher durch die Sitte geregelt war. Die
Gründer unseres Gemeinwesens erwarteten weder, noch verlangten sie von den
Staatsdienern Parteidienste. Sie waren der Ansicht, daß die Staatsdiener
ihre ganze Kraft der Regierung und dem Volke widmen müßten. Sie mein¬
ten, der Inhaber eines öffentlichen Amtes müsse dasselbe so lange behalten,
als sein persönlicher Character unbefleckt und seine Pflichterfüllung eine ge¬
nügende und gewissenhafte wäre. Wenn ich erwählt werde, werde ich als
Präsident nach diesen Grundsätzen handeln, und alle mir durch die Ver¬
fassung zustehende Macht dazu anwenden, daß eine solche Reform ins Werk
gesetzt werde."

In dieser einfachen, aber entschiedenen Weise sagte sich Hayes, indem er
über die Aemterfrage sein politisches Credo ablegte, los von den corrupten
und corrumpirenden Principien der Grantadministration; er entsprach damit,
theilweise fast wörtlich, in jeder Hinsicht den Wünschen und Erwartungen
der "unabhängigen Reformfreunde", die nach der Ansicht unwissender
Seribenten gar keinen Einfluß auf die diesjährige Präsidentenwahl haben
sollen.

Aehnlich aber äußerte sich Hayes in Bezug auf die hochwichtige Finanz¬
frage; in seinem Annahmeschreiben heißt es in dieser Beziehung also: "In
der Geldfrage habe ich meine Ansicht wiederholt öffentlich kund gethan; ich
habe dieselbe nicht geändert. Ich hege den Glauben, daß alle Gesetze der
Vereinigten Staaten, die sich auf die Bezahlung der öffentlichen Schuld,
die sogenannten Legat-Tender Noten mit eingeschlossen, beziehen, der Unions¬
regierung die heilige moralische Verpflichtung auferlegen, die Bestimmungen
dieser Gesetze gewissenhaft zu vollziehen. Es ist meine Ueberzeugung, daß
das Gefühl der Unsicherheit und der Werthschwankung, welches von dem un-
einlösbaren Papiergelde nicht zu trennen ist, eines der größten Hindernisse bil¬
det, weshalb das öffentliche Vertrauen nicht wiederkehrt und Handel und
Wandel leiden. Um diese Unsicherheit zu endigen, giebt es nur ein Mittel'
Wiederaufnahme der Baarzahlung (rsgumption ok sxsoiiz Mo¬
ments). Je länger man es duldet, daß das Schwanken unseres gegenwär-


Dienst. Es ist eine Versuchung zur Unehrlichkeit; es hindert und hemmt die
sorgsame Beaufsichtigung und die Zurrechenschaftziehung. wodurch allein ein
treuer und zuverlässiger Staatsdienst gesichert werden kann; es erschwert und
macht oft eine schnelle und prompte Bestrafung unwürdiger Aemterinhaber un¬
möglich; unter allen Umständen würdigt es den öffentlichen Dienst und den
Character der Regierung herab. Es muß abgeschafft werden, und die
betreffende Reform sollte gründlich, radikal und vollständig (tnorougli,
raäical ana oomplete) sein. Wir müssen zu den Grundsätzen und der Praxis
der Gründer unserer Republik zurückkehren. Das Gesetz muß hier, wenn
es nöthig ist, bestimmen, was früher durch die Sitte geregelt war. Die
Gründer unseres Gemeinwesens erwarteten weder, noch verlangten sie von den
Staatsdienern Parteidienste. Sie waren der Ansicht, daß die Staatsdiener
ihre ganze Kraft der Regierung und dem Volke widmen müßten. Sie mein¬
ten, der Inhaber eines öffentlichen Amtes müsse dasselbe so lange behalten,
als sein persönlicher Character unbefleckt und seine Pflichterfüllung eine ge¬
nügende und gewissenhafte wäre. Wenn ich erwählt werde, werde ich als
Präsident nach diesen Grundsätzen handeln, und alle mir durch die Ver¬
fassung zustehende Macht dazu anwenden, daß eine solche Reform ins Werk
gesetzt werde."

In dieser einfachen, aber entschiedenen Weise sagte sich Hayes, indem er
über die Aemterfrage sein politisches Credo ablegte, los von den corrupten
und corrumpirenden Principien der Grantadministration; er entsprach damit,
theilweise fast wörtlich, in jeder Hinsicht den Wünschen und Erwartungen
der „unabhängigen Reformfreunde", die nach der Ansicht unwissender
Seribenten gar keinen Einfluß auf die diesjährige Präsidentenwahl haben
sollen.

Aehnlich aber äußerte sich Hayes in Bezug auf die hochwichtige Finanz¬
frage; in seinem Annahmeschreiben heißt es in dieser Beziehung also: „In
der Geldfrage habe ich meine Ansicht wiederholt öffentlich kund gethan; ich
habe dieselbe nicht geändert. Ich hege den Glauben, daß alle Gesetze der
Vereinigten Staaten, die sich auf die Bezahlung der öffentlichen Schuld,
die sogenannten Legat-Tender Noten mit eingeschlossen, beziehen, der Unions¬
regierung die heilige moralische Verpflichtung auferlegen, die Bestimmungen
dieser Gesetze gewissenhaft zu vollziehen. Es ist meine Ueberzeugung, daß
das Gefühl der Unsicherheit und der Werthschwankung, welches von dem un-
einlösbaren Papiergelde nicht zu trennen ist, eines der größten Hindernisse bil¬
det, weshalb das öffentliche Vertrauen nicht wiederkehrt und Handel und
Wandel leiden. Um diese Unsicherheit zu endigen, giebt es nur ein Mittel'
Wiederaufnahme der Baarzahlung (rsgumption ok sxsoiiz Mo¬
ments). Je länger man es duldet, daß das Schwanken unseres gegenwär-


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[0326] Dienst. Es ist eine Versuchung zur Unehrlichkeit; es hindert und hemmt die sorgsame Beaufsichtigung und die Zurrechenschaftziehung. wodurch allein ein treuer und zuverlässiger Staatsdienst gesichert werden kann; es erschwert und macht oft eine schnelle und prompte Bestrafung unwürdiger Aemterinhaber un¬ möglich; unter allen Umständen würdigt es den öffentlichen Dienst und den Character der Regierung herab. Es muß abgeschafft werden, und die betreffende Reform sollte gründlich, radikal und vollständig (tnorougli, raäical ana oomplete) sein. Wir müssen zu den Grundsätzen und der Praxis der Gründer unserer Republik zurückkehren. Das Gesetz muß hier, wenn es nöthig ist, bestimmen, was früher durch die Sitte geregelt war. Die Gründer unseres Gemeinwesens erwarteten weder, noch verlangten sie von den Staatsdienern Parteidienste. Sie waren der Ansicht, daß die Staatsdiener ihre ganze Kraft der Regierung und dem Volke widmen müßten. Sie mein¬ ten, der Inhaber eines öffentlichen Amtes müsse dasselbe so lange behalten, als sein persönlicher Character unbefleckt und seine Pflichterfüllung eine ge¬ nügende und gewissenhafte wäre. Wenn ich erwählt werde, werde ich als Präsident nach diesen Grundsätzen handeln, und alle mir durch die Ver¬ fassung zustehende Macht dazu anwenden, daß eine solche Reform ins Werk gesetzt werde." In dieser einfachen, aber entschiedenen Weise sagte sich Hayes, indem er über die Aemterfrage sein politisches Credo ablegte, los von den corrupten und corrumpirenden Principien der Grantadministration; er entsprach damit, theilweise fast wörtlich, in jeder Hinsicht den Wünschen und Erwartungen der „unabhängigen Reformfreunde", die nach der Ansicht unwissender Seribenten gar keinen Einfluß auf die diesjährige Präsidentenwahl haben sollen. Aehnlich aber äußerte sich Hayes in Bezug auf die hochwichtige Finanz¬ frage; in seinem Annahmeschreiben heißt es in dieser Beziehung also: „In der Geldfrage habe ich meine Ansicht wiederholt öffentlich kund gethan; ich habe dieselbe nicht geändert. Ich hege den Glauben, daß alle Gesetze der Vereinigten Staaten, die sich auf die Bezahlung der öffentlichen Schuld, die sogenannten Legat-Tender Noten mit eingeschlossen, beziehen, der Unions¬ regierung die heilige moralische Verpflichtung auferlegen, die Bestimmungen dieser Gesetze gewissenhaft zu vollziehen. Es ist meine Ueberzeugung, daß das Gefühl der Unsicherheit und der Werthschwankung, welches von dem un- einlösbaren Papiergelde nicht zu trennen ist, eines der größten Hindernisse bil¬ det, weshalb das öffentliche Vertrauen nicht wiederkehrt und Handel und Wandel leiden. Um diese Unsicherheit zu endigen, giebt es nur ein Mittel' Wiederaufnahme der Baarzahlung (rsgumption ok sxsoiiz Mo¬ ments). Je länger man es duldet, daß das Schwanken unseres gegenwär-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/326>, abgerufen am 19.10.2024.