Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.Millionen betragen hat, also nicht viel hinter 600 Millionen zurückbleibt, Unter solchen Umständen ist es einleuchtend, daß Oesterreich-Ungarn bei Stellt man eine Schätzung der Verluste an, welche bei Forterhaltung Millionen betragen hat, also nicht viel hinter 600 Millionen zurückbleibt, Unter solchen Umständen ist es einleuchtend, daß Oesterreich-Ungarn bei Stellt man eine Schätzung der Verluste an, welche bei Forterhaltung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0024" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/136135"/> <p xml:id="ID_37" prev="#ID_36"> Millionen betragen hat, also nicht viel hinter 600 Millionen zurückbleibt,<lb/> die Staatseinnahmen aber nur etwa zum sechsten Theil zu Zahlungen im<lb/> Auslande dienen.</p><lb/> <p xml:id="ID_38"> Unter solchen Umständen ist es einleuchtend, daß Oesterreich-Ungarn bei<lb/> der Operation der Wiederherstellung der Metallgeldzahlungen zur Goldwäh¬<lb/> rung übergehen sollte. Wenn trotz der Vortheile derselben, die Anhänger der<lb/> Herstellung der Goldwährung noch in der Minorität find, so kommt dieß, —<lb/> wenn man die Gründe derjenigen abrechnet, die nichts von der Sache ver¬<lb/> stehen — daher, daß die Operation statt 84 Millionen Gulden wenigstens<lb/> 200—230 Millionen Gulden Capital erfordern würde und daß man daran<lb/> zweifelt, ob Oestreich-Ungarn gegenwärtig im Stande sein würde eine An¬<lb/> leihe von solchem Betrage aufzubringen.</p><lb/> <p xml:id="ID_39" next="#ID_40"> Stellt man eine Schätzung der Verluste an, welche bei Forterhaltung<lb/> der Silberwährung sowohl die Staatskasse wie die Privatgeschäfte von Oester¬<lb/> reich-Ungarn in der Zukunft Jahr für Jahr erleiden werden und erwägt<lb/> man dabei die wahrscheinliche Entwicklung der Münzgesetzgebung in den ver¬<lb/> schiedenen Ländern, so gelangt man zu der Ueberzeugung, daß diese Verluste<lb/> ganz bedeutend größer sein werden, als die Kosten an Zinsen, welche die Auf¬<lb/> nahme jener Anleihe verursachen würde. Gegenwärtig leiden die Geschäfte<lb/> in Oesterreich unter den Vorbereitungen zur Einführung der Goldwährung in<lb/> Deutschland. In England, in den Vereinigten Staaten und in Scandinavien<lb/> besteht die Goldwährung; in Holland, Frankreich, Italien, in der Schweiz,<lb/> Belgien, in Griechenland und Rumänien besteht die Doppelwährung. Aus<lb/> der Schweiz ist seit drei Jahren in Folge der letzteren das Gold fast ganz<lb/> durch Silber ersetzt und, so zu sagen, Handelsartikel geworden. Der Noten¬<lb/> umlauf hat sich in derselben Zeit wegen der Unbequemlichkeit und der höheren<lb/> Transportkosten des Silbers von 20 auf 85 Millionen erhoben. In ähn¬<lb/> lichem, wenn auch geringerem Maße würde sich die deutsche Münzresorm in<lb/> Frankreich und Italien fühlbar machen, wenn da nicht der Zwangscurs<lb/> herrschte. Dieser soll in Frankreich mit dem Jahre 1878 fallen. Dann kann<lb/> sich Frankreich auf dieselben Erscheinungen gefaßt machen, unter denen Deutsch¬<lb/> land bei der provisorischen Doppelwährung eine Zeit lang litt. Sobald der<lb/> Wechselcurs gegen Frankreich steht, wird das Gold in Masse aus Frankreich<lb/> strömen, wie es von 1855 bis 1865 aus ähnlicher Ursache mit dem Silber<lb/> gewesen war. Frankreich hat sich zwar noch nicht entschließen können, auf<lb/> die Doppelwährung zu verzichten und seinen Willen immer noch den übrigen<lb/> Verbündeten des lateinischen Münzvertrages, trotz des Widerspruches Belgiens<lb/> und der Schweiz, imponirt. Allein es konnte doch nicht die Augen ganz vor<lb/> jener Gefahr verschließen und hat seine Zustimmung zu dem zweimaligen<lb/> Beschlusse der lateinischen Münzconvention gegeben, durch welchen die jähr-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0024]
Millionen betragen hat, also nicht viel hinter 600 Millionen zurückbleibt,
die Staatseinnahmen aber nur etwa zum sechsten Theil zu Zahlungen im
Auslande dienen.
Unter solchen Umständen ist es einleuchtend, daß Oesterreich-Ungarn bei
der Operation der Wiederherstellung der Metallgeldzahlungen zur Goldwäh¬
rung übergehen sollte. Wenn trotz der Vortheile derselben, die Anhänger der
Herstellung der Goldwährung noch in der Minorität find, so kommt dieß, —
wenn man die Gründe derjenigen abrechnet, die nichts von der Sache ver¬
stehen — daher, daß die Operation statt 84 Millionen Gulden wenigstens
200—230 Millionen Gulden Capital erfordern würde und daß man daran
zweifelt, ob Oestreich-Ungarn gegenwärtig im Stande sein würde eine An¬
leihe von solchem Betrage aufzubringen.
Stellt man eine Schätzung der Verluste an, welche bei Forterhaltung
der Silberwährung sowohl die Staatskasse wie die Privatgeschäfte von Oester¬
reich-Ungarn in der Zukunft Jahr für Jahr erleiden werden und erwägt
man dabei die wahrscheinliche Entwicklung der Münzgesetzgebung in den ver¬
schiedenen Ländern, so gelangt man zu der Ueberzeugung, daß diese Verluste
ganz bedeutend größer sein werden, als die Kosten an Zinsen, welche die Auf¬
nahme jener Anleihe verursachen würde. Gegenwärtig leiden die Geschäfte
in Oesterreich unter den Vorbereitungen zur Einführung der Goldwährung in
Deutschland. In England, in den Vereinigten Staaten und in Scandinavien
besteht die Goldwährung; in Holland, Frankreich, Italien, in der Schweiz,
Belgien, in Griechenland und Rumänien besteht die Doppelwährung. Aus
der Schweiz ist seit drei Jahren in Folge der letzteren das Gold fast ganz
durch Silber ersetzt und, so zu sagen, Handelsartikel geworden. Der Noten¬
umlauf hat sich in derselben Zeit wegen der Unbequemlichkeit und der höheren
Transportkosten des Silbers von 20 auf 85 Millionen erhoben. In ähn¬
lichem, wenn auch geringerem Maße würde sich die deutsche Münzresorm in
Frankreich und Italien fühlbar machen, wenn da nicht der Zwangscurs
herrschte. Dieser soll in Frankreich mit dem Jahre 1878 fallen. Dann kann
sich Frankreich auf dieselben Erscheinungen gefaßt machen, unter denen Deutsch¬
land bei der provisorischen Doppelwährung eine Zeit lang litt. Sobald der
Wechselcurs gegen Frankreich steht, wird das Gold in Masse aus Frankreich
strömen, wie es von 1855 bis 1865 aus ähnlicher Ursache mit dem Silber
gewesen war. Frankreich hat sich zwar noch nicht entschließen können, auf
die Doppelwährung zu verzichten und seinen Willen immer noch den übrigen
Verbündeten des lateinischen Münzvertrages, trotz des Widerspruches Belgiens
und der Schweiz, imponirt. Allein es konnte doch nicht die Augen ganz vor
jener Gefahr verschließen und hat seine Zustimmung zu dem zweimaligen
Beschlusse der lateinischen Münzconvention gegeben, durch welchen die jähr-
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