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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.

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Eine andere merkwürdige Beobachtung bei diesen nächtlichen und sehr
oft schon im Zwielicht vor sich gehenden Wanderungen von Weinfässern und
Oelschläuchen war die, daß wir nie einen von den Führern der Mafiusi un¬
mittelbar dabei ein Rolle spielen sahen. Sie waren allerdings überall dabei,
indem sie die Sache aus der Ferne beobachteten und leiteten, aber nie befanden
sie sich bei der Karavane selbst, welche vielmehr größtentheils aus kräftigen
und gewandten jungen Leuten bestand.




Zwei Ailoer von Kauf Kolbein dem Aelteren.

Nürnberg ist nicht reich an ältern Bildern ersten Ranges. Zu den
vorzüglichsten, anziehendsten und werthvollsten aber welche es besitzt, gehören
zwei köstliche kleine Madonnen-Bildchen von dem ältern Hans Holbein, dem
Vater unseres größten deutschen Malers aus älterer Zeit, von denen das
eine auf der Burg, das andere in der Moritz - Capelle hängt. Sie gehören
zu den ältesten, bekannten Bildern dieses Meisters, sind von ihm ganz und
gar eigenhändig und augenscheinlich mit besonderer Sorgfalt und Liebe ge¬
malt, sind von zarter Empfindung und in allen ihren Theilen von überaus
feiner, miniaturartiger Ausführung. Ueberdies sind sie vollkommen beglaubigt,
daher zugleich wichtige Denkmäler zur Geschichte der deutschen Kunst.

Alle frühern Beschreibungen dieser Bilder im Kunstblatt von 1829 und
1831, von dem Kupferstecher Friedr. Wagner, der in seinem "Bilder-Saal
in der Se. Moritz-Capelle" (Nbg. 1833) einen flüchtigen Umriß des zweiten
Bildes in Kupferstich publicirt hat, von Waagen in seinem Buche "Kunst-
Werke und Künstler in Deutschland" von Woltmann in der ersten und auch
der zweiten Auflage seines vortrefflichen Buches über Holbein, von C. v. Lützow
in der Zeitschrift für bildende Kunst (Band VI.' Seite 331) u. A. enthalten
kleine Irrthümer verschiedener Art. Sie alle sind nach der folgenden aus
wiederholter genauer Begleichung beruhender Beschreibung zu berichtigen.

Das erstgenannte Bild, auf der Burg (Ur. 184) 0,62M. hoch, 0,49M.
breit, scheint das ältere zu sein. Die Jungfrau Maria in blauem, weiß ge-
ränderten Kleide, mit feiner goldgestickter Borte und in rothem Mantel,
welcher zu beiden Seiten in stilvoll geordneten Falten lang herabhängt, sitzt
aus einem goldenen Throne, welcher in spätgothischer*) Weise reich durchge-



') Von Anklängen an die Renaissance, welche Woltmann in der ersten Auflage seines
Buches und nach ihm Ed. His (A. v. Zahn's Jahrbücher für Kunstwissenschaften Bd. IV.
Seite 214) erwähnen, ist, wie das schon C> v. Lützow, (Zeitschrift für bildende Kunst Bd. VI.

Eine andere merkwürdige Beobachtung bei diesen nächtlichen und sehr
oft schon im Zwielicht vor sich gehenden Wanderungen von Weinfässern und
Oelschläuchen war die, daß wir nie einen von den Führern der Mafiusi un¬
mittelbar dabei ein Rolle spielen sahen. Sie waren allerdings überall dabei,
indem sie die Sache aus der Ferne beobachteten und leiteten, aber nie befanden
sie sich bei der Karavane selbst, welche vielmehr größtentheils aus kräftigen
und gewandten jungen Leuten bestand.




Zwei Ailoer von Kauf Kolbein dem Aelteren.

Nürnberg ist nicht reich an ältern Bildern ersten Ranges. Zu den
vorzüglichsten, anziehendsten und werthvollsten aber welche es besitzt, gehören
zwei köstliche kleine Madonnen-Bildchen von dem ältern Hans Holbein, dem
Vater unseres größten deutschen Malers aus älterer Zeit, von denen das
eine auf der Burg, das andere in der Moritz - Capelle hängt. Sie gehören
zu den ältesten, bekannten Bildern dieses Meisters, sind von ihm ganz und
gar eigenhändig und augenscheinlich mit besonderer Sorgfalt und Liebe ge¬
malt, sind von zarter Empfindung und in allen ihren Theilen von überaus
feiner, miniaturartiger Ausführung. Ueberdies sind sie vollkommen beglaubigt,
daher zugleich wichtige Denkmäler zur Geschichte der deutschen Kunst.

Alle frühern Beschreibungen dieser Bilder im Kunstblatt von 1829 und
1831, von dem Kupferstecher Friedr. Wagner, der in seinem „Bilder-Saal
in der Se. Moritz-Capelle" (Nbg. 1833) einen flüchtigen Umriß des zweiten
Bildes in Kupferstich publicirt hat, von Waagen in seinem Buche „Kunst-
Werke und Künstler in Deutschland" von Woltmann in der ersten und auch
der zweiten Auflage seines vortrefflichen Buches über Holbein, von C. v. Lützow
in der Zeitschrift für bildende Kunst (Band VI.' Seite 331) u. A. enthalten
kleine Irrthümer verschiedener Art. Sie alle sind nach der folgenden aus
wiederholter genauer Begleichung beruhender Beschreibung zu berichtigen.

Das erstgenannte Bild, auf der Burg (Ur. 184) 0,62M. hoch, 0,49M.
breit, scheint das ältere zu sein. Die Jungfrau Maria in blauem, weiß ge-
ränderten Kleide, mit feiner goldgestickter Borte und in rothem Mantel,
welcher zu beiden Seiten in stilvoll geordneten Falten lang herabhängt, sitzt
aus einem goldenen Throne, welcher in spätgothischer*) Weise reich durchge-



') Von Anklängen an die Renaissance, welche Woltmann in der ersten Auflage seines
Buches und nach ihm Ed. His (A. v. Zahn's Jahrbücher für Kunstwissenschaften Bd. IV.
Seite 214) erwähnen, ist, wie das schon C> v. Lützow, (Zeitschrift für bildende Kunst Bd. VI.
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[0071] Eine andere merkwürdige Beobachtung bei diesen nächtlichen und sehr oft schon im Zwielicht vor sich gehenden Wanderungen von Weinfässern und Oelschläuchen war die, daß wir nie einen von den Führern der Mafiusi un¬ mittelbar dabei ein Rolle spielen sahen. Sie waren allerdings überall dabei, indem sie die Sache aus der Ferne beobachteten und leiteten, aber nie befanden sie sich bei der Karavane selbst, welche vielmehr größtentheils aus kräftigen und gewandten jungen Leuten bestand. Zwei Ailoer von Kauf Kolbein dem Aelteren. Nürnberg ist nicht reich an ältern Bildern ersten Ranges. Zu den vorzüglichsten, anziehendsten und werthvollsten aber welche es besitzt, gehören zwei köstliche kleine Madonnen-Bildchen von dem ältern Hans Holbein, dem Vater unseres größten deutschen Malers aus älterer Zeit, von denen das eine auf der Burg, das andere in der Moritz - Capelle hängt. Sie gehören zu den ältesten, bekannten Bildern dieses Meisters, sind von ihm ganz und gar eigenhändig und augenscheinlich mit besonderer Sorgfalt und Liebe ge¬ malt, sind von zarter Empfindung und in allen ihren Theilen von überaus feiner, miniaturartiger Ausführung. Ueberdies sind sie vollkommen beglaubigt, daher zugleich wichtige Denkmäler zur Geschichte der deutschen Kunst. Alle frühern Beschreibungen dieser Bilder im Kunstblatt von 1829 und 1831, von dem Kupferstecher Friedr. Wagner, der in seinem „Bilder-Saal in der Se. Moritz-Capelle" (Nbg. 1833) einen flüchtigen Umriß des zweiten Bildes in Kupferstich publicirt hat, von Waagen in seinem Buche „Kunst- Werke und Künstler in Deutschland" von Woltmann in der ersten und auch der zweiten Auflage seines vortrefflichen Buches über Holbein, von C. v. Lützow in der Zeitschrift für bildende Kunst (Band VI.' Seite 331) u. A. enthalten kleine Irrthümer verschiedener Art. Sie alle sind nach der folgenden aus wiederholter genauer Begleichung beruhender Beschreibung zu berichtigen. Das erstgenannte Bild, auf der Burg (Ur. 184) 0,62M. hoch, 0,49M. breit, scheint das ältere zu sein. Die Jungfrau Maria in blauem, weiß ge- ränderten Kleide, mit feiner goldgestickter Borte und in rothem Mantel, welcher zu beiden Seiten in stilvoll geordneten Falten lang herabhängt, sitzt aus einem goldenen Throne, welcher in spätgothischer*) Weise reich durchge- ') Von Anklängen an die Renaissance, welche Woltmann in der ersten Auflage seines Buches und nach ihm Ed. His (A. v. Zahn's Jahrbücher für Kunstwissenschaften Bd. IV. Seite 214) erwähnen, ist, wie das schon C> v. Lützow, (Zeitschrift für bildende Kunst Bd. VI.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/71>, abgerufen am 27.11.2024.