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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.

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zunächst auf eine versöhnliche Haltung in Bezug auf die Südstaaten und die
Errungenschaften des Bürgerkrieges hingewiesen, dann wird eine weise Politik
in Lösung der Finanzfrage empfohlen. Das System des uneinlösbaren
Papiergeldes wird verurtheilt als eine der Hauptursachen nicht nur der
schlechten Geschäftsverhältnisse, sondern auch der sittlichen Verkommenheit.
Schließlich wird eine gründliche Reform des Civildtenstes verlangt und das
System der Aemtervertheilung für geleistete Parteidienste als den Untergang
der Republik hervorrufend hingestellt. "Eine ehrliche Regierung und ein un¬
bestechliches Beamtenwesen sind eine Lebensfrage für die Union. Eine cor-
rupte Monarchie mag durch die Gewalt ihre Existenz fristen-, eine corrupte
Republik ist dem sichern Untergange verfallen."

"Darum," so fährt der Aufruf fort, "ist es die erste Pflicht des ameri¬
kanischen Volkes, daß es den sittlichen Charakter seiner Regierung durch eine
durchgreifende Reform wiederherstellt." In dieser Beziehung kommt es aber
wesentlich auf die Persönlichkeit des Mannes an, welcher durch die nächste
Präsidentenwahl an die Spitze der Union berufen wird. "Hier liegt die
Pflicht des amerikanischen Volkes klar und gebieterisch vor Aller Augen.
Die hundertfach gebrauchten und mißbrauchten schönen Versprechungen in
hochtönenden Parteiprogrammen genügen nicht mehr, ebenso wenig die wohl-
stilisirten Glaubensbekenntnisse der Candidaten für das Präsidentenamt; bloße
Worte thun es nicht, es werden Thaten als Bürgschaften verlangt; statt
ausführlicher Plattformen verlangen wir Männer von Charakter und Wissen-
Wir erklären daher, indem wir alle guten Bürger auffordern, sich mit uns
zu vereinigen, daß wir in der kommenden Präsidentenwahl keinen Candidaten
unterstützen werden, der in einem öffentlichen Amte corrupte Handlungen
und Combinationen begünstigte oder deren Bestrafung verhinderte oder noth¬
wendige Reformmaßregeln bekämpfte. Wir werden keinen Candidaten unter¬
stützen, der, so lange er einen amtlichen Einfluß oder eine amtliche Gewalt
ausübte, es versäumte, Mißbräuche, die ihm bekannt wurden, aufzudecken und
deren Abstellung zu versuchen, der aus persönlichen Rücksichten und einseitigen
Parteiinteressen Uebelstände duldete und pflegte und corrupte Handlungen
verheimlichte. Wir werden keinen Candidaten unterstützen, wie hoch auch
seine Stellung sein mag. der ein öffentliches Amt für seine persönlichen
Zwecke auszubeuten geneigt ist, wir können nur einen solchen Candidaten
unterstützen, der durch seine Vergangenheit dafür Bürgschaft leistet, daß er
die Fähigkeiten und die Charakterfestigkeit besitzt, welche die schwere Aufgabe
einer gründlichen Reform verlangt; denn das amerikanische Volk kann die
Zukunft der Republik keinem Manne anvertrauen, dessen Tugenden erst erprobt
werden sollen, da sie nur von Hörensagen bekannt sind."

Der letzte Theil des Aufrufes betont, daß die unabhängige Reform-


zunächst auf eine versöhnliche Haltung in Bezug auf die Südstaaten und die
Errungenschaften des Bürgerkrieges hingewiesen, dann wird eine weise Politik
in Lösung der Finanzfrage empfohlen. Das System des uneinlösbaren
Papiergeldes wird verurtheilt als eine der Hauptursachen nicht nur der
schlechten Geschäftsverhältnisse, sondern auch der sittlichen Verkommenheit.
Schließlich wird eine gründliche Reform des Civildtenstes verlangt und das
System der Aemtervertheilung für geleistete Parteidienste als den Untergang
der Republik hervorrufend hingestellt. „Eine ehrliche Regierung und ein un¬
bestechliches Beamtenwesen sind eine Lebensfrage für die Union. Eine cor-
rupte Monarchie mag durch die Gewalt ihre Existenz fristen-, eine corrupte
Republik ist dem sichern Untergange verfallen."

„Darum," so fährt der Aufruf fort, „ist es die erste Pflicht des ameri¬
kanischen Volkes, daß es den sittlichen Charakter seiner Regierung durch eine
durchgreifende Reform wiederherstellt." In dieser Beziehung kommt es aber
wesentlich auf die Persönlichkeit des Mannes an, welcher durch die nächste
Präsidentenwahl an die Spitze der Union berufen wird. „Hier liegt die
Pflicht des amerikanischen Volkes klar und gebieterisch vor Aller Augen.
Die hundertfach gebrauchten und mißbrauchten schönen Versprechungen in
hochtönenden Parteiprogrammen genügen nicht mehr, ebenso wenig die wohl-
stilisirten Glaubensbekenntnisse der Candidaten für das Präsidentenamt; bloße
Worte thun es nicht, es werden Thaten als Bürgschaften verlangt; statt
ausführlicher Plattformen verlangen wir Männer von Charakter und Wissen-
Wir erklären daher, indem wir alle guten Bürger auffordern, sich mit uns
zu vereinigen, daß wir in der kommenden Präsidentenwahl keinen Candidaten
unterstützen werden, der in einem öffentlichen Amte corrupte Handlungen
und Combinationen begünstigte oder deren Bestrafung verhinderte oder noth¬
wendige Reformmaßregeln bekämpfte. Wir werden keinen Candidaten unter¬
stützen, der, so lange er einen amtlichen Einfluß oder eine amtliche Gewalt
ausübte, es versäumte, Mißbräuche, die ihm bekannt wurden, aufzudecken und
deren Abstellung zu versuchen, der aus persönlichen Rücksichten und einseitigen
Parteiinteressen Uebelstände duldete und pflegte und corrupte Handlungen
verheimlichte. Wir werden keinen Candidaten unterstützen, wie hoch auch
seine Stellung sein mag. der ein öffentliches Amt für seine persönlichen
Zwecke auszubeuten geneigt ist, wir können nur einen solchen Candidaten
unterstützen, der durch seine Vergangenheit dafür Bürgschaft leistet, daß er
die Fähigkeiten und die Charakterfestigkeit besitzt, welche die schwere Aufgabe
einer gründlichen Reform verlangt; denn das amerikanische Volk kann die
Zukunft der Republik keinem Manne anvertrauen, dessen Tugenden erst erprobt
werden sollen, da sie nur von Hörensagen bekannt sind."

Der letzte Theil des Aufrufes betont, daß die unabhängige Reform-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/470>, abgerufen am 27.11.2024.