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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.

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tung, die dahinging, wenn Pitman das Haar noch einmal verlöre, so würde
er es durch Befolgung der beigeschlossenen Anweisungen wieder bekommen. Ich
hörte ferner von Brown und Bromley, den Agenten für Johnson's "Skalp-
Wiedererwecker". Sie schickten mir zwölf Flaschen zur Vertheilung unter
meine kahlköpfigen Freunde. Dann schrieben Smith und Smithson an mich,
um mir zur melden, daß sie die Expreß-Compagnie beauftragt, mir ein Faß
von ihrem "Vesuvischen Haarwasser" in den Keller zu liefern, und ein Mann
von Jonas, Butler und Compagnie sprach mit dem Vorschlage bei mir vor,
er wolle mir meine Essigtonne auspumpen und sie dafür mit peruvianischem
Balsam füllen, dessen sich die mit Glatzen Heimgesuchten in der Nachbarschaft
unentgeltlich bedienen sollten.

Aber diese Verfolgung war nichts als ungetrübte Seligkeit im Vergleich
mit den Leiden, die sich in andern Formen einstellten". . . "Ich hege die
Ueberzeugung, daß die Masse von Briefen, die auf unserm Postbureau
wöchentlich anzukommen pflegt, sich in der Woche, in welcher die Heilung
Richter Pitman's einer harmlosen Welt angezeigt wurde, verdoppelte. Ich
denke, jeder kahlköpfige Mann innerhalb des Wendekreises des Krebses muß
mir wenigstens zweimal über das Thema von Pulsifers Renovator und
Pitman's Haar geschrieben haben. Leute ließen mir eine Zeile zukommen,
um sich zu erkundigen, ob Pitman's Kahlköpfigkeit ein erbliches Uebel sei,
und, wenn das der Fall, ob es von väterlicher oder mütterlicher Seite her¬
käme. Ein Phrenolog schickte mir einen Gypskopf, der wie ein Stadtplan in
allerlei Felder abgetheilt war, und bat mich, die Schädelbuckel, welche in dem
Falle Pitman's die leersten und unfruchtbarsten gewesen, sowie die, welche
die meisten Haare gehabt, mit Dinte zu bezeichnen. Er sagte, er habe eine
kleine Theorie, die er zu demonstriren wünsche. Ein Mann in San Francisco
schrieb, um nachzufragen, ob mein Pitman derselbe Pitman sei, der 1849
mit einem kahlen Kopfe nach Californien gekommen sei, um daran die Bitte
zu knüpfen, wenn er es sei, möge ich doch die Güte haben, zwei Dollars von
ihm einzukassiren, die Pitman ihm in jenem Jahre abgeborgt habe. Der
Superintendent einer Sonntagsschule in Vermont übersandte mir acht Seiten
Schreibpapier, die mit dem Beweise der Behauptung bedeckt waren, daß es
gottlos sei, den Versuch zu machen, Haarwuchs auf einem Kopfe zu erzwin¬
gen, den Gott kahl gemacht habe, weil wir, obwohl Elisa eine Glatze ge¬
habt, in der Bibel nichts verzeichnet fänden, daß er irgend ein Mittel zur
Wiedererzeugung ausgegangener Haare gebraucht habe. Er warnte Pitman
und rieth ihm. sich vor Absalons Schicksal in Acht zu nehmen und sich zu
hüten, auf Maulthieren durch den Wald zu reiten. Ein Frauenzimmer in
Snyder County (Pennsylvanien) schickte mir ein Gedicht zu, zu welchem sie
der Vorfall begeistert hatte, und das den Titel führte: "Zeilen auf die Wieder-


tung, die dahinging, wenn Pitman das Haar noch einmal verlöre, so würde
er es durch Befolgung der beigeschlossenen Anweisungen wieder bekommen. Ich
hörte ferner von Brown und Bromley, den Agenten für Johnson's „Skalp-
Wiedererwecker". Sie schickten mir zwölf Flaschen zur Vertheilung unter
meine kahlköpfigen Freunde. Dann schrieben Smith und Smithson an mich,
um mir zur melden, daß sie die Expreß-Compagnie beauftragt, mir ein Faß
von ihrem „Vesuvischen Haarwasser" in den Keller zu liefern, und ein Mann
von Jonas, Butler und Compagnie sprach mit dem Vorschlage bei mir vor,
er wolle mir meine Essigtonne auspumpen und sie dafür mit peruvianischem
Balsam füllen, dessen sich die mit Glatzen Heimgesuchten in der Nachbarschaft
unentgeltlich bedienen sollten.

Aber diese Verfolgung war nichts als ungetrübte Seligkeit im Vergleich
mit den Leiden, die sich in andern Formen einstellten". . . „Ich hege die
Ueberzeugung, daß die Masse von Briefen, die auf unserm Postbureau
wöchentlich anzukommen pflegt, sich in der Woche, in welcher die Heilung
Richter Pitman's einer harmlosen Welt angezeigt wurde, verdoppelte. Ich
denke, jeder kahlköpfige Mann innerhalb des Wendekreises des Krebses muß
mir wenigstens zweimal über das Thema von Pulsifers Renovator und
Pitman's Haar geschrieben haben. Leute ließen mir eine Zeile zukommen,
um sich zu erkundigen, ob Pitman's Kahlköpfigkeit ein erbliches Uebel sei,
und, wenn das der Fall, ob es von väterlicher oder mütterlicher Seite her¬
käme. Ein Phrenolog schickte mir einen Gypskopf, der wie ein Stadtplan in
allerlei Felder abgetheilt war, und bat mich, die Schädelbuckel, welche in dem
Falle Pitman's die leersten und unfruchtbarsten gewesen, sowie die, welche
die meisten Haare gehabt, mit Dinte zu bezeichnen. Er sagte, er habe eine
kleine Theorie, die er zu demonstriren wünsche. Ein Mann in San Francisco
schrieb, um nachzufragen, ob mein Pitman derselbe Pitman sei, der 1849
mit einem kahlen Kopfe nach Californien gekommen sei, um daran die Bitte
zu knüpfen, wenn er es sei, möge ich doch die Güte haben, zwei Dollars von
ihm einzukassiren, die Pitman ihm in jenem Jahre abgeborgt habe. Der
Superintendent einer Sonntagsschule in Vermont übersandte mir acht Seiten
Schreibpapier, die mit dem Beweise der Behauptung bedeckt waren, daß es
gottlos sei, den Versuch zu machen, Haarwuchs auf einem Kopfe zu erzwin¬
gen, den Gott kahl gemacht habe, weil wir, obwohl Elisa eine Glatze ge¬
habt, in der Bibel nichts verzeichnet fänden, daß er irgend ein Mittel zur
Wiedererzeugung ausgegangener Haare gebraucht habe. Er warnte Pitman
und rieth ihm. sich vor Absalons Schicksal in Acht zu nehmen und sich zu
hüten, auf Maulthieren durch den Wald zu reiten. Ein Frauenzimmer in
Snyder County (Pennsylvanien) schickte mir ein Gedicht zu, zu welchem sie
der Vorfall begeistert hatte, und das den Titel führte: „Zeilen auf die Wieder-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/427>, abgerufen am 27.07.2024.