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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.

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Am 12. Mai wurde die vertagte dritte Lesung des Ansiedelungsgesetzes
wieder aufgenommen, wo der landwirtschaftliche Minister und der Abg.
Laster hart aneinander geriethen, ohne daß uns der aus einer technischen
Frage entstandene Zwischenfall hier interessirt.

Am 13. Mai wurde in erster und zweiter Lesung über die Beseitigung
gewisser Abgaben berathen, welche die evangelische Kirche bisher an Schule
und Gemeinde von den kirchlichen Gebühren entrichtete. Alsdann gelangte
das Gesetz über die Geltung der deutschen Sprache als Amtssprache zur
zweiten Berathung. Dieselbe wurde bemerkenswerth durch eine Rede des
Abg. Aegidy. worin derselbe den polnischen Ansprüchen mit Schonung des
Polnischen Gefühls, sachlich überzeugend, ohne jede Verletzung, sogar mit dem
Ausdruck von Achtung und Theilnahme entgegentrat. Möchte dieser Ton
den Polen gegenüber weniger neu sein, und möchte er nun wenigstens muster¬
-- r. gültig bleiben.




Die Zndustrie-Uusstessung in Mülhausen im Llsaß.

Das Fest der "Jndustrie-Gesellschaft" zu Mülhausen, welches der Aus¬
stellung von Erzeugnissen der elsässischen Kunst und Industrie gewidmet ist,
verspricht recht großartig und prächtig zu werden. Schon jetzt sind die An"
Meldungen so zahlreich, daß man bet der in Mülhausen notorisch herrschenden
Wohnungsnoth wohl einige Mühe haben wird, die zuströmenden Fremden
alle unterzubringen. Ueber das Programm und die Details der Ausstellung
dürften unsere Leser durch die Tagesblätter hinlänglich unterrichtet sein. Wir
beabsichtigen hier nur, eine kurze Skizze der Geschichte und Entwicklung der
"Industrie-Gesellschaft", die in erster Linie für das Zustandekommen derselben
gewirkt hat, nach authentischen Mittheilungen zu geben.

Die "8vel6t6 illäustiiellk" <is NuIKouLe" wurde gegründet während der
französischen Restauration, i. I. 1826, nicht, wie einige Reisehandbücher melden,
i- I. 1826, an demselben Tage, wo auch der Rhein-Rhone-Canal eröffnet
wurde, dem die Stadt und ihre Industrie so Vieles zu verdanken haben. Aus¬
gesprochener Zweck der Gesellschaft ist die theoretische und praktische Ausbil¬
dung aller gewerblichen Zweige nach den verschiedensten Richtungen hin.
Ihre Wirksamkeit beschränkt sich jedoch nicht auf das industrielle Gebiet. Sie
steht auch in Verbindung und Correspondenz mit zahlreichen gelehrten Gesell¬
schaften, die sich mehr oder weniger mit den theoretischen Problemen von
Handel und Industrie beschäftigen.


Grenzboten II. 187(i. 40

Am 12. Mai wurde die vertagte dritte Lesung des Ansiedelungsgesetzes
wieder aufgenommen, wo der landwirtschaftliche Minister und der Abg.
Laster hart aneinander geriethen, ohne daß uns der aus einer technischen
Frage entstandene Zwischenfall hier interessirt.

Am 13. Mai wurde in erster und zweiter Lesung über die Beseitigung
gewisser Abgaben berathen, welche die evangelische Kirche bisher an Schule
und Gemeinde von den kirchlichen Gebühren entrichtete. Alsdann gelangte
das Gesetz über die Geltung der deutschen Sprache als Amtssprache zur
zweiten Berathung. Dieselbe wurde bemerkenswerth durch eine Rede des
Abg. Aegidy. worin derselbe den polnischen Ansprüchen mit Schonung des
Polnischen Gefühls, sachlich überzeugend, ohne jede Verletzung, sogar mit dem
Ausdruck von Achtung und Theilnahme entgegentrat. Möchte dieser Ton
den Polen gegenüber weniger neu sein, und möchte er nun wenigstens muster¬
— r. gültig bleiben.




Die Zndustrie-Uusstessung in Mülhausen im Llsaß.

Das Fest der „Jndustrie-Gesellschaft" zu Mülhausen, welches der Aus¬
stellung von Erzeugnissen der elsässischen Kunst und Industrie gewidmet ist,
verspricht recht großartig und prächtig zu werden. Schon jetzt sind die An»
Meldungen so zahlreich, daß man bet der in Mülhausen notorisch herrschenden
Wohnungsnoth wohl einige Mühe haben wird, die zuströmenden Fremden
alle unterzubringen. Ueber das Programm und die Details der Ausstellung
dürften unsere Leser durch die Tagesblätter hinlänglich unterrichtet sein. Wir
beabsichtigen hier nur, eine kurze Skizze der Geschichte und Entwicklung der
„Industrie-Gesellschaft", die in erster Linie für das Zustandekommen derselben
gewirkt hat, nach authentischen Mittheilungen zu geben.

Die „8vel6t6 illäustiiellk" <is NuIKouLe" wurde gegründet während der
französischen Restauration, i. I. 1826, nicht, wie einige Reisehandbücher melden,
i- I. 1826, an demselben Tage, wo auch der Rhein-Rhone-Canal eröffnet
wurde, dem die Stadt und ihre Industrie so Vieles zu verdanken haben. Aus¬
gesprochener Zweck der Gesellschaft ist die theoretische und praktische Ausbil¬
dung aller gewerblichen Zweige nach den verschiedensten Richtungen hin.
Ihre Wirksamkeit beschränkt sich jedoch nicht auf das industrielle Gebiet. Sie
steht auch in Verbindung und Correspondenz mit zahlreichen gelehrten Gesell¬
schaften, die sich mehr oder weniger mit den theoretischen Problemen von
Handel und Industrie beschäftigen.


Grenzboten II. 187(i. 40
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[0317] Am 12. Mai wurde die vertagte dritte Lesung des Ansiedelungsgesetzes wieder aufgenommen, wo der landwirtschaftliche Minister und der Abg. Laster hart aneinander geriethen, ohne daß uns der aus einer technischen Frage entstandene Zwischenfall hier interessirt. Am 13. Mai wurde in erster und zweiter Lesung über die Beseitigung gewisser Abgaben berathen, welche die evangelische Kirche bisher an Schule und Gemeinde von den kirchlichen Gebühren entrichtete. Alsdann gelangte das Gesetz über die Geltung der deutschen Sprache als Amtssprache zur zweiten Berathung. Dieselbe wurde bemerkenswerth durch eine Rede des Abg. Aegidy. worin derselbe den polnischen Ansprüchen mit Schonung des Polnischen Gefühls, sachlich überzeugend, ohne jede Verletzung, sogar mit dem Ausdruck von Achtung und Theilnahme entgegentrat. Möchte dieser Ton den Polen gegenüber weniger neu sein, und möchte er nun wenigstens muster¬ — r. gültig bleiben. Die Zndustrie-Uusstessung in Mülhausen im Llsaß. Das Fest der „Jndustrie-Gesellschaft" zu Mülhausen, welches der Aus¬ stellung von Erzeugnissen der elsässischen Kunst und Industrie gewidmet ist, verspricht recht großartig und prächtig zu werden. Schon jetzt sind die An» Meldungen so zahlreich, daß man bet der in Mülhausen notorisch herrschenden Wohnungsnoth wohl einige Mühe haben wird, die zuströmenden Fremden alle unterzubringen. Ueber das Programm und die Details der Ausstellung dürften unsere Leser durch die Tagesblätter hinlänglich unterrichtet sein. Wir beabsichtigen hier nur, eine kurze Skizze der Geschichte und Entwicklung der „Industrie-Gesellschaft", die in erster Linie für das Zustandekommen derselben gewirkt hat, nach authentischen Mittheilungen zu geben. Die „8vel6t6 illäustiiellk" <is NuIKouLe" wurde gegründet während der französischen Restauration, i. I. 1826, nicht, wie einige Reisehandbücher melden, i- I. 1826, an demselben Tage, wo auch der Rhein-Rhone-Canal eröffnet wurde, dem die Stadt und ihre Industrie so Vieles zu verdanken haben. Aus¬ gesprochener Zweck der Gesellschaft ist die theoretische und praktische Ausbil¬ dung aller gewerblichen Zweige nach den verschiedensten Richtungen hin. Ihre Wirksamkeit beschränkt sich jedoch nicht auf das industrielle Gebiet. Sie steht auch in Verbindung und Correspondenz mit zahlreichen gelehrten Gesell¬ schaften, die sich mehr oder weniger mit den theoretischen Problemen von Handel und Industrie beschäftigen. Grenzboten II. 187(i. 40

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/317>, abgerufen am 27.11.2024.