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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.

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es denn wohl keinem Zweifel, daß seine Erwählung zum Präsidenten in das
Reich der Unmöglichkeit gehört, weshalb ihn auch das genannte Neuyorker
Blatt bereits als einen "todten Mann" (a ava,Ä man) bezeichnete.

Nicht viel besser, als die Aussichten Conkling's, sind die des Herrn
Oliver P. Morton, eines andern Schildträgers des Präsidenten Grant,
der seine Hoffnung in hohem Grade auf die Neger-Convention setzte, welche
"in 5. April zu Nashville im Staate Tennessee zu tagen beabsichtigte. Diese
Nationalconvention der Farbigen war ursprünglich als ein Manöver zu
Gunsten des dritten Termins des Präsidenten Grant geplant; nachdem jedoch
die Babcock-Affaire und die Betrügereien des Kriegsministers Belknap die
Aussichten Grant's vollständig ruinirt hatten, suchte Morton die Convention
zu Nashville für sich auszunützen, um mit dem Neger-Votum hinter sich, als
Präsidentschaftscandidat vor die republikanische Nationalconvention zu treten!
Allein allem Anschein nach wird dieser Plan erfolglos sein.

Von hoher Bedeutung werden die Staatsconventionen der republikanischen
Partei in den Staaten Ohio und Pennsylvanien sein, die am 29. März d. I.
stattfinden sollten. In dem Augenblick, wo wir diese Zeilen schreiben, ist uns
das genauere Resultat dieser Conventionen noch nicht bekannt. In den beiden
genannten Staaten nimmt aber die republikanische Partei hinsichtlich der so
wichtigen Finanzfrage eine äußerst schwankende Stellung ein; es ist bekannt,
welche Mühe es kostete und wie es nur durch die Hülfe von Karl Schurz
ermöglicht wurde, die Republikaner von Ohio bei der Herbstwahl des letzten
Jahres für die Hartgeldbasis in die Schranken zu bringen. Allerdings sollte
die republikanische Partei von Ohio wissen, daß sie in jener Wahl nur als
die Vertheidigerin des Hartgeldsystems den Sieg errang; inzwischen aber ist
die inflationistische Strömung wieder stärker geworden, und dies mag sich
auch in der republikanischen Staatsconvention von Ohio fühlbar gemacht
haben. Auch von Pennsylvanien darf sich die Reform-Partei nicht allzuviel
Gutes versprechen, so lange der böse Einfluß des intriganten Bundessenators
Simon Cameron, der ebenfalls zu den ergebenen Anhängern Grant's ge¬
hörte, daselbst sich geltend macht. Unerwähnt aber wollen wir nicht lassen,
daß der frühere Sprecher des Repräsentantenhauses, Blatne, der unter die
hervorragendsten Präsidentschaftseandidaten zu zählen ist, warme Freunde in
Pennsylvanien besitzt. Außer Blaine wird seit längerer Zeit der jetzige Finanz-
Minister Benjamin H. Bristow als ein Mann genannt, der Aussichten
hat, der Amtsnachfolger des Herrn Grant zu sein. Seine Verdienste in der
Aufdeckung und Verfolgung der Whiskybetrügereien, sowie seine gesunden
Ansichten in der Finanzfrage lassen ihn, neben Charles Francis Adams,
als den Lieblingscandidaten der Unabhängigen und der ehrlichen Reform-
Partei überhaupt erscheinen.


Grenzboten II. 187". 20

es denn wohl keinem Zweifel, daß seine Erwählung zum Präsidenten in das
Reich der Unmöglichkeit gehört, weshalb ihn auch das genannte Neuyorker
Blatt bereits als einen „todten Mann" (a ava,Ä man) bezeichnete.

Nicht viel besser, als die Aussichten Conkling's, sind die des Herrn
Oliver P. Morton, eines andern Schildträgers des Präsidenten Grant,
der seine Hoffnung in hohem Grade auf die Neger-Convention setzte, welche
«in 5. April zu Nashville im Staate Tennessee zu tagen beabsichtigte. Diese
Nationalconvention der Farbigen war ursprünglich als ein Manöver zu
Gunsten des dritten Termins des Präsidenten Grant geplant; nachdem jedoch
die Babcock-Affaire und die Betrügereien des Kriegsministers Belknap die
Aussichten Grant's vollständig ruinirt hatten, suchte Morton die Convention
zu Nashville für sich auszunützen, um mit dem Neger-Votum hinter sich, als
Präsidentschaftscandidat vor die republikanische Nationalconvention zu treten!
Allein allem Anschein nach wird dieser Plan erfolglos sein.

Von hoher Bedeutung werden die Staatsconventionen der republikanischen
Partei in den Staaten Ohio und Pennsylvanien sein, die am 29. März d. I.
stattfinden sollten. In dem Augenblick, wo wir diese Zeilen schreiben, ist uns
das genauere Resultat dieser Conventionen noch nicht bekannt. In den beiden
genannten Staaten nimmt aber die republikanische Partei hinsichtlich der so
wichtigen Finanzfrage eine äußerst schwankende Stellung ein; es ist bekannt,
welche Mühe es kostete und wie es nur durch die Hülfe von Karl Schurz
ermöglicht wurde, die Republikaner von Ohio bei der Herbstwahl des letzten
Jahres für die Hartgeldbasis in die Schranken zu bringen. Allerdings sollte
die republikanische Partei von Ohio wissen, daß sie in jener Wahl nur als
die Vertheidigerin des Hartgeldsystems den Sieg errang; inzwischen aber ist
die inflationistische Strömung wieder stärker geworden, und dies mag sich
auch in der republikanischen Staatsconvention von Ohio fühlbar gemacht
haben. Auch von Pennsylvanien darf sich die Reform-Partei nicht allzuviel
Gutes versprechen, so lange der böse Einfluß des intriganten Bundessenators
Simon Cameron, der ebenfalls zu den ergebenen Anhängern Grant's ge¬
hörte, daselbst sich geltend macht. Unerwähnt aber wollen wir nicht lassen,
daß der frühere Sprecher des Repräsentantenhauses, Blatne, der unter die
hervorragendsten Präsidentschaftseandidaten zu zählen ist, warme Freunde in
Pennsylvanien besitzt. Außer Blaine wird seit längerer Zeit der jetzige Finanz-
Minister Benjamin H. Bristow als ein Mann genannt, der Aussichten
hat, der Amtsnachfolger des Herrn Grant zu sein. Seine Verdienste in der
Aufdeckung und Verfolgung der Whiskybetrügereien, sowie seine gesunden
Ansichten in der Finanzfrage lassen ihn, neben Charles Francis Adams,
als den Lieblingscandidaten der Unabhängigen und der ehrlichen Reform-
Partei überhaupt erscheinen.


Grenzboten II. 187«. 20
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/157>, abgerufen am 27.07.2024.