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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.

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biet des Reiches. Das ist die offizielle Theorie, bei der man jedoch wohl
nicht für alle Zukunft stehen bleiben kann und wird.

Andrerseits hat sich die reichsländische Regierung kürzlich veranlaßt ge¬
sehen, mehrere ehemalige Mitglieder der Pariser Commune, die hier im
Elsaß eine Zufluchtsstätte gesucht und gefunden, -- in Straßburg giebt es
nicht weniger als 39 ehemalige Communarden -- brevi mani auszuweisen.
Das "Elf. Journ.", welches bei dieser Gelegenheit auf den Fleiß und die
Arbeitsamkeit dieser Leute hinwies, glaubte, das sei auf speziellen Antrag der
französischen Regierung geschehen und wollte darin einen "diplomatischer
Courtoisie" und ein Zeichen des "meinem Charakters" der Beziehungen
Zwischen beiden Ländern sehen. Ein orientirender Artikel des Straßburger
Regierungsblattes hat uns dagegen belehrt, daß in diesem Falle von derar¬
tigen politischen und unpolitischen Muthmaßungen nicht die Rede sein
könne, daß es sich dabei nicht um einen Akt politischer Verfolgung, sondern
lediglich um eine innere Sicherheitsmaßregel gehandelt hat, zu der schließlich
jede Regierung diesen gemeinsamen "Feinden der Gesellschaft" gegenüber
^ greifen würde.




Vorbereitungen zur "Aräsioentenwaljl in den
Gereinigten Staaten.

Die Präsidentenwahl in den Vereinigten Staaten ist bekanntlich eine indirekte,
indem sie durch Wahlmänner oder "Elektoren" stattfindet, die von den einzelnen
Unionsstaaten nach dem Verhältniß der Größe ihrer Bevölkerung gewählt
werden. Die Nominativ" dieser Wahlmänner wird, einem alten Brauche
gemäß, von den verschiedenen Parteien auf sogenannten Staatseonventio-
nen w den einzelnen Staaten vorgenommen, die eigentliche Erwählung
derselben geschieht aber später durch Listen-Skrutinium aller Aktivbürger der
betreffenden Unionsstaaten. Nach der Bestimmung der Bundesverfassung hat
nämlich der Kongreß das Recht, den Tag, an welchem die Wahlmännner zu
erwählen sind, festzustellen (Art. II, Seel. 1, §, 4.); aber dieser Tag muß. wie
die Verfassung ferner ausdrücklich bestimmt, ein und derselbe in allen Staaten
der Union sein. Kraft dieser Bestimmung der Bundesverfassung hat der
Kongreß durch ein Gesetz vom Jahre 1846 den ersten Dienstag nach dem
ersten Montag im November als den Tag zur Erwählung der Elektoren für
sämmtliche Unionsstaaten festgestellt und dies ist unseres Wissens das noch


biet des Reiches. Das ist die offizielle Theorie, bei der man jedoch wohl
nicht für alle Zukunft stehen bleiben kann und wird.

Andrerseits hat sich die reichsländische Regierung kürzlich veranlaßt ge¬
sehen, mehrere ehemalige Mitglieder der Pariser Commune, die hier im
Elsaß eine Zufluchtsstätte gesucht und gefunden, — in Straßburg giebt es
nicht weniger als 39 ehemalige Communarden — brevi mani auszuweisen.
Das „Elf. Journ.", welches bei dieser Gelegenheit auf den Fleiß und die
Arbeitsamkeit dieser Leute hinwies, glaubte, das sei auf speziellen Antrag der
französischen Regierung geschehen und wollte darin einen „diplomatischer
Courtoisie" und ein Zeichen des „meinem Charakters" der Beziehungen
Zwischen beiden Ländern sehen. Ein orientirender Artikel des Straßburger
Regierungsblattes hat uns dagegen belehrt, daß in diesem Falle von derar¬
tigen politischen und unpolitischen Muthmaßungen nicht die Rede sein
könne, daß es sich dabei nicht um einen Akt politischer Verfolgung, sondern
lediglich um eine innere Sicherheitsmaßregel gehandelt hat, zu der schließlich
jede Regierung diesen gemeinsamen „Feinden der Gesellschaft" gegenüber
^ greifen würde.




Vorbereitungen zur "Aräsioentenwaljl in den
Gereinigten Staaten.

Die Präsidentenwahl in den Vereinigten Staaten ist bekanntlich eine indirekte,
indem sie durch Wahlmänner oder „Elektoren" stattfindet, die von den einzelnen
Unionsstaaten nach dem Verhältniß der Größe ihrer Bevölkerung gewählt
werden. Die Nominativ» dieser Wahlmänner wird, einem alten Brauche
gemäß, von den verschiedenen Parteien auf sogenannten Staatseonventio-
nen w den einzelnen Staaten vorgenommen, die eigentliche Erwählung
derselben geschieht aber später durch Listen-Skrutinium aller Aktivbürger der
betreffenden Unionsstaaten. Nach der Bestimmung der Bundesverfassung hat
nämlich der Kongreß das Recht, den Tag, an welchem die Wahlmännner zu
erwählen sind, festzustellen (Art. II, Seel. 1, §, 4.); aber dieser Tag muß. wie
die Verfassung ferner ausdrücklich bestimmt, ein und derselbe in allen Staaten
der Union sein. Kraft dieser Bestimmung der Bundesverfassung hat der
Kongreß durch ein Gesetz vom Jahre 1846 den ersten Dienstag nach dem
ersten Montag im November als den Tag zur Erwählung der Elektoren für
sämmtliche Unionsstaaten festgestellt und dies ist unseres Wissens das noch


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[0155] biet des Reiches. Das ist die offizielle Theorie, bei der man jedoch wohl nicht für alle Zukunft stehen bleiben kann und wird. Andrerseits hat sich die reichsländische Regierung kürzlich veranlaßt ge¬ sehen, mehrere ehemalige Mitglieder der Pariser Commune, die hier im Elsaß eine Zufluchtsstätte gesucht und gefunden, — in Straßburg giebt es nicht weniger als 39 ehemalige Communarden — brevi mani auszuweisen. Das „Elf. Journ.", welches bei dieser Gelegenheit auf den Fleiß und die Arbeitsamkeit dieser Leute hinwies, glaubte, das sei auf speziellen Antrag der französischen Regierung geschehen und wollte darin einen „diplomatischer Courtoisie" und ein Zeichen des „meinem Charakters" der Beziehungen Zwischen beiden Ländern sehen. Ein orientirender Artikel des Straßburger Regierungsblattes hat uns dagegen belehrt, daß in diesem Falle von derar¬ tigen politischen und unpolitischen Muthmaßungen nicht die Rede sein könne, daß es sich dabei nicht um einen Akt politischer Verfolgung, sondern lediglich um eine innere Sicherheitsmaßregel gehandelt hat, zu der schließlich jede Regierung diesen gemeinsamen „Feinden der Gesellschaft" gegenüber ^ greifen würde. Vorbereitungen zur "Aräsioentenwaljl in den Gereinigten Staaten. Die Präsidentenwahl in den Vereinigten Staaten ist bekanntlich eine indirekte, indem sie durch Wahlmänner oder „Elektoren" stattfindet, die von den einzelnen Unionsstaaten nach dem Verhältniß der Größe ihrer Bevölkerung gewählt werden. Die Nominativ» dieser Wahlmänner wird, einem alten Brauche gemäß, von den verschiedenen Parteien auf sogenannten Staatseonventio- nen w den einzelnen Staaten vorgenommen, die eigentliche Erwählung derselben geschieht aber später durch Listen-Skrutinium aller Aktivbürger der betreffenden Unionsstaaten. Nach der Bestimmung der Bundesverfassung hat nämlich der Kongreß das Recht, den Tag, an welchem die Wahlmännner zu erwählen sind, festzustellen (Art. II, Seel. 1, §, 4.); aber dieser Tag muß. wie die Verfassung ferner ausdrücklich bestimmt, ein und derselbe in allen Staaten der Union sein. Kraft dieser Bestimmung der Bundesverfassung hat der Kongreß durch ein Gesetz vom Jahre 1846 den ersten Dienstag nach dem ersten Montag im November als den Tag zur Erwählung der Elektoren für sämmtliche Unionsstaaten festgestellt und dies ist unseres Wissens das noch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/155>, abgerufen am 27.11.2024.