Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.Götterbilder weinten und schwitzten (vgl. ^ugustin ä.. <ü. v III, 11), kam im Götterbilder weinten und schwitzten (vgl. ^ugustin ä.. <ü. v III, 11), kam im <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0139" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/135720"/> <p xml:id="ID_471" prev="#ID_470"> Götterbilder weinten und schwitzten (vgl. ^ugustin ä.. <ü. v III, 11), kam im<lb/> Alterthum ebensogut vor, als dergleichen heutzutage noch von Heiligen- und<lb/> Marienbildern gesagt wird). Wenn also ein Jamblichus, Proclus und „ähn¬<lb/> liches Gelichter" lebende bewegte Bilder (^«^r« x«5 x^c^«^«) herzustellen<lb/> gewußt haben, so ist dies ja beinahe mehr als wir brauchen; die Heliaden<lb/> (Söhne und Nachkommen der Sonne) auf Rhodus, dem Lande der Bildner<lb/> und Metallarbeiter, wußten durch Kunst der Minerva Bildsäulen zu schaffen.<lb/> Welche „gleich lebenden, gleich fortschreitenden trugen die Pfade" (?in<I. Ol^my.<lb/> VII, 93) das heißt in simpler Prosa: welche gehen konnten. Auf Kreta war<lb/> auch das merkwürdige Bild jenes Talos Opollvö. Liblivtli. I, 9, 26 und<lb/> not. p. 89 Heyne) aus Erz, welches, um glühend zu werden, ins Feuer<lb/> sprang und hierauf die Leute in seinen Umarmungen röstete, das ferner, zum<lb/> Schutz der Insel am Gestade auf und niederwandelnd, die Argonauten mit<lb/> Steinen warf — ein Zwitterding von Mensch und Metall, mehr Metall,<lb/> denn von menschlicher Natur, hatte es nur eine Blutader, welche vom Nacken<lb/> zu der Wade ging und hier durch einen Nagel verschlossen war. Wurde<lb/> dieser herausgezogen, so wich auch das Scheinleben aus diesem Metallmenschen.<lb/> Medea, die Zauberin, bereitete ihm dieses Schicksal. Damit sind wir schon im<lb/> hohen Alterthum angelangt, aber wir dürfen vielleicht, wenigstens in Betreff<lb/> der Gewährsmänner, noch weiter vorrücken. Die höchsten Künstler sind immer<lb/> die Götter, und ein Thonbild zu schaffen, wie jene Pandora, die griechische<lb/> Eva, welches gleichwohl alle Zeichen des Lebens, vorab Bewegung und Gang,<lb/> offenbarte (vergl. llesiod. «per. et. als. 60 p. 99. IKevgon. v. 571) mußte<lb/> ihnen freilich ein leichtes sein; ist doch unser Stammvater selber, dem biblischen<lb/> Ursprung nach, zuerst ein lebloses Thonbild gewesen, ehe er dann Mensch<lb/> ward, und so läßt schon die homerische Sage nicht bloß im Märchen- und<lb/> Zauberland der Phäaken (vergl. auch Lucrez II. 24) goldne und silberne<lb/> Hunde, welchen Hephästos Unsterblichkeit und ewige Jugend verliehen hatte,<lb/> als Hüter des Palastes erscheinen (Odyss. VII, 91 fgg.), sondern eben He¬<lb/> phästos der Tausendkünstler, unter den Allmächtigen derselbe, der sogar<lb/> goldenen Dreifüße von selber sich in den Rathssaal der Götter be¬<lb/> legen iteß, hat sich auch zu seiner Bequemlichkeit goldene Mägde geschaffen,<lb/> uns die er sich beim Gehen stützen kann; und nicht nur gehen können diese,<lb/> sondern sie „haben auch Sprache und Stärke und Geschickltchkeit in den Wer¬<lb/> ken der Unsterblichen", d. h. in den weiblichen Arbeiten. — Ob von Gold,<lb/> Wie diese, ob von Stein, wie der Comthur im Don Juan, ob unsterblich im<lb/> „goldenen Jäher" (wie jene Hunde) oder nur zeitweise in ein Halbleben zu¬<lb/> rückkehrend, ob strafend, wie der steinerne Geist, oder bittend und belehrend,<lb/> wie das Bild des ermordeten Königs bei Lope — das sind, im Vergleich zu<lb/> der einheitlichen Idee von einem Schattenleben der Bildsäulen unerhebliche<lb/> Abweichungen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0139]
Götterbilder weinten und schwitzten (vgl. ^ugustin ä.. <ü. v III, 11), kam im
Alterthum ebensogut vor, als dergleichen heutzutage noch von Heiligen- und
Marienbildern gesagt wird). Wenn also ein Jamblichus, Proclus und „ähn¬
liches Gelichter" lebende bewegte Bilder (^«^r« x«5 x^c^«^«) herzustellen
gewußt haben, so ist dies ja beinahe mehr als wir brauchen; die Heliaden
(Söhne und Nachkommen der Sonne) auf Rhodus, dem Lande der Bildner
und Metallarbeiter, wußten durch Kunst der Minerva Bildsäulen zu schaffen.
Welche „gleich lebenden, gleich fortschreitenden trugen die Pfade" (?in<I. Ol^my.
VII, 93) das heißt in simpler Prosa: welche gehen konnten. Auf Kreta war
auch das merkwürdige Bild jenes Talos Opollvö. Liblivtli. I, 9, 26 und
not. p. 89 Heyne) aus Erz, welches, um glühend zu werden, ins Feuer
sprang und hierauf die Leute in seinen Umarmungen röstete, das ferner, zum
Schutz der Insel am Gestade auf und niederwandelnd, die Argonauten mit
Steinen warf — ein Zwitterding von Mensch und Metall, mehr Metall,
denn von menschlicher Natur, hatte es nur eine Blutader, welche vom Nacken
zu der Wade ging und hier durch einen Nagel verschlossen war. Wurde
dieser herausgezogen, so wich auch das Scheinleben aus diesem Metallmenschen.
Medea, die Zauberin, bereitete ihm dieses Schicksal. Damit sind wir schon im
hohen Alterthum angelangt, aber wir dürfen vielleicht, wenigstens in Betreff
der Gewährsmänner, noch weiter vorrücken. Die höchsten Künstler sind immer
die Götter, und ein Thonbild zu schaffen, wie jene Pandora, die griechische
Eva, welches gleichwohl alle Zeichen des Lebens, vorab Bewegung und Gang,
offenbarte (vergl. llesiod. «per. et. als. 60 p. 99. IKevgon. v. 571) mußte
ihnen freilich ein leichtes sein; ist doch unser Stammvater selber, dem biblischen
Ursprung nach, zuerst ein lebloses Thonbild gewesen, ehe er dann Mensch
ward, und so läßt schon die homerische Sage nicht bloß im Märchen- und
Zauberland der Phäaken (vergl. auch Lucrez II. 24) goldne und silberne
Hunde, welchen Hephästos Unsterblichkeit und ewige Jugend verliehen hatte,
als Hüter des Palastes erscheinen (Odyss. VII, 91 fgg.), sondern eben He¬
phästos der Tausendkünstler, unter den Allmächtigen derselbe, der sogar
goldenen Dreifüße von selber sich in den Rathssaal der Götter be¬
legen iteß, hat sich auch zu seiner Bequemlichkeit goldene Mägde geschaffen,
uns die er sich beim Gehen stützen kann; und nicht nur gehen können diese,
sondern sie „haben auch Sprache und Stärke und Geschickltchkeit in den Wer¬
ken der Unsterblichen", d. h. in den weiblichen Arbeiten. — Ob von Gold,
Wie diese, ob von Stein, wie der Comthur im Don Juan, ob unsterblich im
„goldenen Jäher" (wie jene Hunde) oder nur zeitweise in ein Halbleben zu¬
rückkehrend, ob strafend, wie der steinerne Geist, oder bittend und belehrend,
wie das Bild des ermordeten Königs bei Lope — das sind, im Vergleich zu
der einheitlichen Idee von einem Schattenleben der Bildsäulen unerhebliche
Abweichungen.
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