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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band.

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der Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien und
Sachsen. Unter demselben Datum erging eine Verordnung über die Be¬
rufung einer außerordentlichen Generalsynode für die acht älteren Provinzen
des preußischen Staates, deren Aufgabe sein sollte, auf Grund eines vom
evangelischen Oberkirchenrath in Vereinigung mit dem Cultusminister vor¬
bereiteten Entwurfes die definitive Ordnung einer Generalsynode für die
evangelische Kirche der acht älteren Provinzen zu berathen. Es sollte näm¬
lich der Wirkungskreis der Generalsynode außer auf die sechs Provinzen der
Kirchenordnung vom 10. September sich auch noch auf die beiden Provinzen
Rheinland und Westfalen erstrecken.

Von diesen beiden Gesetzen ordnete das erstere, die Kirchengemeinde- und
Synodalordnung, seinem Hauptinhalt nach gewählte Organe in dreifacher
Stufenfolge für die Gliederung der evangelischen Kirche an: nämlich für
die Lokalgemeinde einen Kirchenrath und eine Kirchenvertretung, für die
unter dem Namen Kreis befaßte Vereinigung von Lokalgemeinden eine Kreis¬
synode, für die Vereinigung von Kirchenkreisen, welche mit der politischen
Provinz zusammenfällt, eine Provinzialsynode. Da bisher das kirchliche
Gemeindevermögen entweder von der politischen Gemeinde unter Aufsicht des
Staates oder unmittelbar von Staatsbehörden verwaltet worden, und da
diese Verwaltung durch die neue Ordnung auf die neuen Kirchengemeinde¬
organe übergehen sollte, so war zur Übertragung dieser bisher vom Staat
geübten Rechte ein Staatsgesetz nöthig, welches unter dem 25. Mai 1874
vom König nach vorausgegangener Vereinbarung mit dem Landtag vollzogen
worden ist. In der Vorlage dieses Gesetzes an den Landtag war die An¬
erkennung enthalten gewesen nicht nur des Rechtes der Lokalgemeindeorgane
zur Verwaltung des lokalen kirchlichen Vermögens, sondern auch der Kreis¬
synoden und der Provinzialsynoden behufs Ausübung kirchlicher Vermögens¬
rechte. Das Abgeordnetenhaus beanstandete indeß diese Bestimmung und
schob in das Gesetz unter Ur. 7 einen Artikel ein. dahinlautend: Wegen der
den Kreis- und Provinzialsynoden und deren Vorständen in der evangelischen
Kirchengemeinde- und Synodalordnung vom 10. September 1873 zuge¬
wiesenen Rechte bleibt die staatsgesetzliche Regelung, soweit es deren bedarf,
vorbehalten,

Nachdem die Kreissynoden der neuen Kirchenordnung im Jahre 1874,
die Provinzialsynoden im Jahre 1875 zusammengetreten, erfolgte die Ein¬
berufung der außerordentlichen Generalsynode auf den 24. Nov. 1875. Diese
Versammlung hat von dem genannte" Tage bis zum 18. Dezember in 21
Sitzungen den ihr vorgelegten Entwurf einer definitiven Generalsynodal'
ordnung berathen und im Wesentlichen der vom Oberktrchenrath gemein-


der Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien und
Sachsen. Unter demselben Datum erging eine Verordnung über die Be¬
rufung einer außerordentlichen Generalsynode für die acht älteren Provinzen
des preußischen Staates, deren Aufgabe sein sollte, auf Grund eines vom
evangelischen Oberkirchenrath in Vereinigung mit dem Cultusminister vor¬
bereiteten Entwurfes die definitive Ordnung einer Generalsynode für die
evangelische Kirche der acht älteren Provinzen zu berathen. Es sollte näm¬
lich der Wirkungskreis der Generalsynode außer auf die sechs Provinzen der
Kirchenordnung vom 10. September sich auch noch auf die beiden Provinzen
Rheinland und Westfalen erstrecken.

Von diesen beiden Gesetzen ordnete das erstere, die Kirchengemeinde- und
Synodalordnung, seinem Hauptinhalt nach gewählte Organe in dreifacher
Stufenfolge für die Gliederung der evangelischen Kirche an: nämlich für
die Lokalgemeinde einen Kirchenrath und eine Kirchenvertretung, für die
unter dem Namen Kreis befaßte Vereinigung von Lokalgemeinden eine Kreis¬
synode, für die Vereinigung von Kirchenkreisen, welche mit der politischen
Provinz zusammenfällt, eine Provinzialsynode. Da bisher das kirchliche
Gemeindevermögen entweder von der politischen Gemeinde unter Aufsicht des
Staates oder unmittelbar von Staatsbehörden verwaltet worden, und da
diese Verwaltung durch die neue Ordnung auf die neuen Kirchengemeinde¬
organe übergehen sollte, so war zur Übertragung dieser bisher vom Staat
geübten Rechte ein Staatsgesetz nöthig, welches unter dem 25. Mai 1874
vom König nach vorausgegangener Vereinbarung mit dem Landtag vollzogen
worden ist. In der Vorlage dieses Gesetzes an den Landtag war die An¬
erkennung enthalten gewesen nicht nur des Rechtes der Lokalgemeindeorgane
zur Verwaltung des lokalen kirchlichen Vermögens, sondern auch der Kreis¬
synoden und der Provinzialsynoden behufs Ausübung kirchlicher Vermögens¬
rechte. Das Abgeordnetenhaus beanstandete indeß diese Bestimmung und
schob in das Gesetz unter Ur. 7 einen Artikel ein. dahinlautend: Wegen der
den Kreis- und Provinzialsynoden und deren Vorständen in der evangelischen
Kirchengemeinde- und Synodalordnung vom 10. September 1873 zuge¬
wiesenen Rechte bleibt die staatsgesetzliche Regelung, soweit es deren bedarf,
vorbehalten,

Nachdem die Kreissynoden der neuen Kirchenordnung im Jahre 1874,
die Provinzialsynoden im Jahre 1875 zusammengetreten, erfolgte die Ein¬
berufung der außerordentlichen Generalsynode auf den 24. Nov. 1875. Diese
Versammlung hat von dem genannte» Tage bis zum 18. Dezember in 21
Sitzungen den ihr vorgelegten Entwurf einer definitiven Generalsynodal'
ordnung berathen und im Wesentlichen der vom Oberktrchenrath gemein-


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[0084] der Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien und Sachsen. Unter demselben Datum erging eine Verordnung über die Be¬ rufung einer außerordentlichen Generalsynode für die acht älteren Provinzen des preußischen Staates, deren Aufgabe sein sollte, auf Grund eines vom evangelischen Oberkirchenrath in Vereinigung mit dem Cultusminister vor¬ bereiteten Entwurfes die definitive Ordnung einer Generalsynode für die evangelische Kirche der acht älteren Provinzen zu berathen. Es sollte näm¬ lich der Wirkungskreis der Generalsynode außer auf die sechs Provinzen der Kirchenordnung vom 10. September sich auch noch auf die beiden Provinzen Rheinland und Westfalen erstrecken. Von diesen beiden Gesetzen ordnete das erstere, die Kirchengemeinde- und Synodalordnung, seinem Hauptinhalt nach gewählte Organe in dreifacher Stufenfolge für die Gliederung der evangelischen Kirche an: nämlich für die Lokalgemeinde einen Kirchenrath und eine Kirchenvertretung, für die unter dem Namen Kreis befaßte Vereinigung von Lokalgemeinden eine Kreis¬ synode, für die Vereinigung von Kirchenkreisen, welche mit der politischen Provinz zusammenfällt, eine Provinzialsynode. Da bisher das kirchliche Gemeindevermögen entweder von der politischen Gemeinde unter Aufsicht des Staates oder unmittelbar von Staatsbehörden verwaltet worden, und da diese Verwaltung durch die neue Ordnung auf die neuen Kirchengemeinde¬ organe übergehen sollte, so war zur Übertragung dieser bisher vom Staat geübten Rechte ein Staatsgesetz nöthig, welches unter dem 25. Mai 1874 vom König nach vorausgegangener Vereinbarung mit dem Landtag vollzogen worden ist. In der Vorlage dieses Gesetzes an den Landtag war die An¬ erkennung enthalten gewesen nicht nur des Rechtes der Lokalgemeindeorgane zur Verwaltung des lokalen kirchlichen Vermögens, sondern auch der Kreis¬ synoden und der Provinzialsynoden behufs Ausübung kirchlicher Vermögens¬ rechte. Das Abgeordnetenhaus beanstandete indeß diese Bestimmung und schob in das Gesetz unter Ur. 7 einen Artikel ein. dahinlautend: Wegen der den Kreis- und Provinzialsynoden und deren Vorständen in der evangelischen Kirchengemeinde- und Synodalordnung vom 10. September 1873 zuge¬ wiesenen Rechte bleibt die staatsgesetzliche Regelung, soweit es deren bedarf, vorbehalten, Nachdem die Kreissynoden der neuen Kirchenordnung im Jahre 1874, die Provinzialsynoden im Jahre 1875 zusammengetreten, erfolgte die Ein¬ berufung der außerordentlichen Generalsynode auf den 24. Nov. 1875. Diese Versammlung hat von dem genannte» Tage bis zum 18. Dezember in 21 Sitzungen den ihr vorgelegten Entwurf einer definitiven Generalsynodal' ordnung berathen und im Wesentlichen der vom Oberktrchenrath gemein-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/84>, abgerufen am 24.08.2024.