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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band.

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gewohntermaßen in 3 Bataillen getheilt, welche einander folgten und deren
jede aus allen drei Waffen zusammengesetzt war. An der Spitze der ersten
Bataille stand reglementsmäßig der Marschall von Burgund, Anton der
große Bastard. Unter ihm befehligten Balduin, der jüngere Bastard, und
Ludwig von Chalons, Herr von Chateau - Guyon, ein Sohn des Prinzen
von Oranien. Diese 1. Bataille bestand aus dem Kern des Heeres, nämlich
den meisten Ordonnanzcompagnien. -- Das Mitteltreffen, unter Karl's
eigener Führung, sollten nebst dem Rest der Ordonnanz-Compagnien und
der Leibgarde die italienischen Truppen bilden, denen der Herzog besonderes
Vertrauen schenkte; der Rest, niederburgundische Truppen unter Johann v.
Cleve und Friedrich v. Egmont, formirte die dritte Bataille.*)

Sobald Karl vernommen, daß die Quartiermeister angegriffen seien, befahl
er sofort Halt zumachen**) und eilte mit seiner Garde zur Avantgarde vor.
Dort angekommen ließ er die Bogenschützen mehrer Ordonnanzcompagnien
absitzen um die Höhe bei Vernea zu ersteigen und den Vortrab Kätzy's zu
vertreiben. Kätzy, der jetzt erkannte, daß es sich um die Hauptschlacht handeln
werde, sandte Boten an Scharnachthal und forderte ihn auf, schnell zu seiner
Unterstützung herbeizumarschieren. Sei dies, wegen des Schlosses Vauxmarcus,
auf der Straße am See nicht möglich, so möge er ebenfalls über Vernea
vorrücken; denn der Herzog habe sein Lager bereits verlassen, und so sei
keine Zeit zu verlieren. Als Scharnachthal diese Meldung empfing, war
eben ein Angriff der Spitze des Gewalthaufens gegen Schloß Vauxmarcus
mißglückt, wie das bei dem Mangel an jeglichem Belagerungsgeräth sehr
natürlich war.***) Der Heerführer sah sofort ein, daß Gefahr im Verzüge
sei; er nahm vom Ende der Marschkolonne Alles zusammen, was sich im
Augenblick sammeln ließ, und folgte mit 4000--8000 Mann der bisherigen
Avantgarde auf dem engen schwierigen, schneebedeckten Bergwege durch Wald
und Gestrüpp. Der energischen Kraft der tüchtigen Mannschaft gelang es,
den Weg so schnell zurückzulegen, daß sie sich mit Kätzy vereinigen konnte,
bevor noch das Gefecht größeren Umfang angenommen hatte. 1') Man war
nun bei Vernea etwa 8000 Mann stark und formirte diese ganze Masse,
mit Ausnahme von 300 Büchsenschützen, in einen großen gevierten Haufen.
Rechts desselben hängten sich die Schützen in einer Blanklerkette an; auf beide
Flügel des Haufens wurden die wenigen Geschütze genommen, welche es ge¬
lungen war, mit über den Berg zu bringen. In dieser Schlachtordnung






') Diese Angaben nach Johannes von Müller.
"
) Schilling.
vdiolliqnL us Davis Laillot.
-f) Diese Darstellung folgt der Auffassung Niistow's in dessen "Geschichte der In¬
fanterie."
Grenzboten I. 187t".7

gewohntermaßen in 3 Bataillen getheilt, welche einander folgten und deren
jede aus allen drei Waffen zusammengesetzt war. An der Spitze der ersten
Bataille stand reglementsmäßig der Marschall von Burgund, Anton der
große Bastard. Unter ihm befehligten Balduin, der jüngere Bastard, und
Ludwig von Chalons, Herr von Chateau - Guyon, ein Sohn des Prinzen
von Oranien. Diese 1. Bataille bestand aus dem Kern des Heeres, nämlich
den meisten Ordonnanzcompagnien. — Das Mitteltreffen, unter Karl's
eigener Führung, sollten nebst dem Rest der Ordonnanz-Compagnien und
der Leibgarde die italienischen Truppen bilden, denen der Herzog besonderes
Vertrauen schenkte; der Rest, niederburgundische Truppen unter Johann v.
Cleve und Friedrich v. Egmont, formirte die dritte Bataille.*)

Sobald Karl vernommen, daß die Quartiermeister angegriffen seien, befahl
er sofort Halt zumachen**) und eilte mit seiner Garde zur Avantgarde vor.
Dort angekommen ließ er die Bogenschützen mehrer Ordonnanzcompagnien
absitzen um die Höhe bei Vernea zu ersteigen und den Vortrab Kätzy's zu
vertreiben. Kätzy, der jetzt erkannte, daß es sich um die Hauptschlacht handeln
werde, sandte Boten an Scharnachthal und forderte ihn auf, schnell zu seiner
Unterstützung herbeizumarschieren. Sei dies, wegen des Schlosses Vauxmarcus,
auf der Straße am See nicht möglich, so möge er ebenfalls über Vernea
vorrücken; denn der Herzog habe sein Lager bereits verlassen, und so sei
keine Zeit zu verlieren. Als Scharnachthal diese Meldung empfing, war
eben ein Angriff der Spitze des Gewalthaufens gegen Schloß Vauxmarcus
mißglückt, wie das bei dem Mangel an jeglichem Belagerungsgeräth sehr
natürlich war.***) Der Heerführer sah sofort ein, daß Gefahr im Verzüge
sei; er nahm vom Ende der Marschkolonne Alles zusammen, was sich im
Augenblick sammeln ließ, und folgte mit 4000—8000 Mann der bisherigen
Avantgarde auf dem engen schwierigen, schneebedeckten Bergwege durch Wald
und Gestrüpp. Der energischen Kraft der tüchtigen Mannschaft gelang es,
den Weg so schnell zurückzulegen, daß sie sich mit Kätzy vereinigen konnte,
bevor noch das Gefecht größeren Umfang angenommen hatte. 1') Man war
nun bei Vernea etwa 8000 Mann stark und formirte diese ganze Masse,
mit Ausnahme von 300 Büchsenschützen, in einen großen gevierten Haufen.
Rechts desselben hängten sich die Schützen in einer Blanklerkette an; auf beide
Flügel des Haufens wurden die wenigen Geschütze genommen, welche es ge¬
lungen war, mit über den Berg zu bringen. In dieser Schlachtordnung






') Diese Angaben nach Johannes von Müller.
"
) Schilling.
vdiolliqnL us Davis Laillot.
-f) Diese Darstellung folgt der Auffassung Niistow's in dessen „Geschichte der In¬
fanterie."
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/57>, abgerufen am 24.08.2024.