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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band.

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1300 gegründet. Die ältesten Universitäten in Oesterreich sind die von Wien
und Prag, deren Gründung in das vierzehnte, die ältesten in Deutschland
Leipzig, Rostock, Greifswald, Heidelberg, Freiburg und Tübingen, deren Ent¬
stehung in das fünfzehnte Jahrhundert fällt. Zu Ende des vorigen und
kurz nach Anfang des jetzigen Decenniums wurden in Deutschland die Uni¬
versitäten Cöln, Trier, Mainz, Wittenberg, Frankfurt a. d. O., Dillingen,
Helmstädt, Altdorf, Paderborn, Rinteln, Bamberg, Harborn, Duisburg,
Lingen, Fulda und Bützow aufgehoben. Im Ganzen wurden in Europa von
1221 bis 1875 162 Universitäten gestiftet, von welchen 12 auf das dreizehnte,
16 auf das vierzehnte, 28 auf das fünfzehnte, 30 auf das sechzehnte, 22 auf
das siebzehnte, 18 auf das letztverflossene und 26 auf das gegenwärtige Jahr¬
hundert kommen. Hiervon existiren jetzt noch 106, und dieselben vertheilen
sich auf die einzelnen Staaten in der Weise, daß auf Deutschland 21, auf
Oesterreich 7. die Schweiz 3, Italien 19, die Niederlande 3, Belgien 4, Frank¬
reich 13, Spanien 10. Portugal 1, das britische Reich 10, Dänemark 1,
Schweden-Norwegen 3, Rußland 8, Griechenland 2 und die Türkei 1
entfallen.


Die Limburger Chronik untersucht von Arthur Wyß. Mit unedirten Frag¬
menten der Chronik und vier Urkunden. Marburg, Elwert'sche Verlagsbuch¬
handlung, 1875.

Die hier geprüfte Chronik verdient als Quelle für die Geschichte der
Lahn- und Rheingegend im vierzehnten Jahrhundert Beachtung, noch mehr
aber wegen ihres culturhistorischen Inhalts. Denn in einfacher aber lebendiger
Darstellung erhält der Leser hier sehr interessante Nachrichten über Lieder,
Musik, Waffen. Kleider und andere Dinge, über die man anderswo keine
Auskunft findet. Namentlich sind die von der Chronik aufbewahrten Reste
deutschen Volksgesanges für die Literatur^eschichte und die Schilderung einer
Fahrt der Geißler für die Kirchengeschichte von ungewöhnlichem Werthe. Wir
können die Untersuchungen, welche der Verfasser unsrer Schrift über diese
interessante Geschichtsurkunde anstellt, nicht im Einzelnen verfolgen und
würdigen, sondern müssen uns mit den Hauptergebnissen begnügen, zu denen
er gelangt. Er beweist, daß dieselbe von einem Cleriker Namens Tilmann
oder Tylemann Eiselen von Wolfshagen verfaßt ist, der zu Limburg "ein
öffentlicher Schreiber von kaiserlicher Gewalt" (Notar) war und von 1365
bis 1417 in jener Stadt gelebt haben muß; er thut ferner dar, daß
die Mechtel'sche Handschrift auf älterer und vollständigerer Vorlage beruht,
die Frankfurter aber stilistisch treuer ist, und giebt schließlich Winke, wie
man bei einer neuen Herausgabe der Chronik zu verfahren haben würde.
Als Anhang folgen dann Fragmente derselben und verschiedene Urkunden,


1300 gegründet. Die ältesten Universitäten in Oesterreich sind die von Wien
und Prag, deren Gründung in das vierzehnte, die ältesten in Deutschland
Leipzig, Rostock, Greifswald, Heidelberg, Freiburg und Tübingen, deren Ent¬
stehung in das fünfzehnte Jahrhundert fällt. Zu Ende des vorigen und
kurz nach Anfang des jetzigen Decenniums wurden in Deutschland die Uni¬
versitäten Cöln, Trier, Mainz, Wittenberg, Frankfurt a. d. O., Dillingen,
Helmstädt, Altdorf, Paderborn, Rinteln, Bamberg, Harborn, Duisburg,
Lingen, Fulda und Bützow aufgehoben. Im Ganzen wurden in Europa von
1221 bis 1875 162 Universitäten gestiftet, von welchen 12 auf das dreizehnte,
16 auf das vierzehnte, 28 auf das fünfzehnte, 30 auf das sechzehnte, 22 auf
das siebzehnte, 18 auf das letztverflossene und 26 auf das gegenwärtige Jahr¬
hundert kommen. Hiervon existiren jetzt noch 106, und dieselben vertheilen
sich auf die einzelnen Staaten in der Weise, daß auf Deutschland 21, auf
Oesterreich 7. die Schweiz 3, Italien 19, die Niederlande 3, Belgien 4, Frank¬
reich 13, Spanien 10. Portugal 1, das britische Reich 10, Dänemark 1,
Schweden-Norwegen 3, Rußland 8, Griechenland 2 und die Türkei 1
entfallen.


Die Limburger Chronik untersucht von Arthur Wyß. Mit unedirten Frag¬
menten der Chronik und vier Urkunden. Marburg, Elwert'sche Verlagsbuch¬
handlung, 1875.

Die hier geprüfte Chronik verdient als Quelle für die Geschichte der
Lahn- und Rheingegend im vierzehnten Jahrhundert Beachtung, noch mehr
aber wegen ihres culturhistorischen Inhalts. Denn in einfacher aber lebendiger
Darstellung erhält der Leser hier sehr interessante Nachrichten über Lieder,
Musik, Waffen. Kleider und andere Dinge, über die man anderswo keine
Auskunft findet. Namentlich sind die von der Chronik aufbewahrten Reste
deutschen Volksgesanges für die Literatur^eschichte und die Schilderung einer
Fahrt der Geißler für die Kirchengeschichte von ungewöhnlichem Werthe. Wir
können die Untersuchungen, welche der Verfasser unsrer Schrift über diese
interessante Geschichtsurkunde anstellt, nicht im Einzelnen verfolgen und
würdigen, sondern müssen uns mit den Hauptergebnissen begnügen, zu denen
er gelangt. Er beweist, daß dieselbe von einem Cleriker Namens Tilmann
oder Tylemann Eiselen von Wolfshagen verfaßt ist, der zu Limburg „ein
öffentlicher Schreiber von kaiserlicher Gewalt" (Notar) war und von 1365
bis 1417 in jener Stadt gelebt haben muß; er thut ferner dar, daß
die Mechtel'sche Handschrift auf älterer und vollständigerer Vorlage beruht,
die Frankfurter aber stilistisch treuer ist, und giebt schließlich Winke, wie
man bei einer neuen Herausgabe der Chronik zu verfahren haben würde.
Als Anhang folgen dann Fragmente derselben und verschiedene Urkunden,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/524>, abgerufen am 22.07.2024.