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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band.

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stungen zu beschleunigen und wurde merkwürdigerweise nicht wiederholt. --
Sein Hauptlager nahm Karl mit 27000 M. in dem Terrain von Claveleyre
und Courlevon an der von Freiburg herkommenden Straße. Vor demselben,
auf den Höhen zwischen Courlevon und Grissach. wählte er eine Stellung aus,
welcher er den Angriff der Eidgenossen abwarten wollte und verstärkte die¬
selbe durch Verschanzungen bei Grissach. Ein Theil seines Heeres wurde zur
Belagerung von Murten detachirt. Es waren dies theils Lombarden,
theils das wieder herangezogene Detachement des Grafen Romont. Die
öfteren 30.000 M. stark, lagerten unter dem großen Bastard südöstlich von
Kurden bei dem Nußwäldchen zwischen Meyriez und Greng. Sie bildeten
das eigentliche Belagerungscorps. Nordöstlich der Stadt bei Montelier stand
das Detachement des Grafen Romont. 12.000 M. stark, welches zugleich die
Anmarschstraßen von Laupen und Bern her beobachten sollte.

Es bestanden also eigentlich drei verschiedene Lager bei Murten, wie auch
Volkslied meint:


Sy schlugend meng hoch gezelte
Für Murten und für das Schloß,
Darvor hat er im Felde
Dry Hufen, die wärmt groß.*)

Auch vor Murten entwickelte Karl in seiner unmittelbaren Umgebung
große Pracht; wie vor Neuß und Grandson ließ er sich einen königlich
^^geschmückten, hölzernen Feldpalast errichten.

Adrian v. Bubenberg, welcher in Murten befehligte, war ein warm-
^rz'ger deutscher Mann. Als Führer der nationalen Partei in Bern hatte
^ ^es se^ dem Siege der französisch Gesinnten von den Geschäften zurück¬
zogen und lebte still auf seinem Schlosse Spiez am Thuner See. Als ihn
die Wahl seiner Mitbürger auf den gefährlichen Ehrenposten nach
urten berufen, hatte er keinen Augenblick gezaudert, Folge zu leisten, und
^rocir ganz der Mann, an einer solchen Stelle das Aeußerste zu thun. --
der Feind vor den Mauern erschien, schrieb er den Bernern, sie möchten
^ ja nicht um Murtens Willen übereilen, sondern ruhig die Zuzüge der
^ genossen und der Niederen Vereinigung abwarten. Die Aufforderung,
urten zu übergeben, lehnte er auf das Entschiedenste ab, indem er be-
r te: dem Wortbrüchigen von Grandson werde vor Murten kein Glauben
kaperte. Drohbriefe, welche an Pfeile geheftet über die Mauern flogen,
^ en urit verächtlicher Nichtachtung bei Seite geworfen. Dem Versuch
aber^'^ ^ Vorstädte abzubrennen, thaten die Lombarden zwar Einhalt;
^^auch ohne dies war man gut geschützt; denn der Kommandant hatte



') Murtmlied in Usteri'S Sammlung.

stungen zu beschleunigen und wurde merkwürdigerweise nicht wiederholt. —
Sein Hauptlager nahm Karl mit 27000 M. in dem Terrain von Claveleyre
und Courlevon an der von Freiburg herkommenden Straße. Vor demselben,
auf den Höhen zwischen Courlevon und Grissach. wählte er eine Stellung aus,
welcher er den Angriff der Eidgenossen abwarten wollte und verstärkte die¬
selbe durch Verschanzungen bei Grissach. Ein Theil seines Heeres wurde zur
Belagerung von Murten detachirt. Es waren dies theils Lombarden,
theils das wieder herangezogene Detachement des Grafen Romont. Die
öfteren 30.000 M. stark, lagerten unter dem großen Bastard südöstlich von
Kurden bei dem Nußwäldchen zwischen Meyriez und Greng. Sie bildeten
das eigentliche Belagerungscorps. Nordöstlich der Stadt bei Montelier stand
das Detachement des Grafen Romont. 12.000 M. stark, welches zugleich die
Anmarschstraßen von Laupen und Bern her beobachten sollte.

Es bestanden also eigentlich drei verschiedene Lager bei Murten, wie auch
Volkslied meint:


Sy schlugend meng hoch gezelte
Für Murten und für das Schloß,
Darvor hat er im Felde
Dry Hufen, die wärmt groß.*)

Auch vor Murten entwickelte Karl in seiner unmittelbaren Umgebung
große Pracht; wie vor Neuß und Grandson ließ er sich einen königlich
^^geschmückten, hölzernen Feldpalast errichten.

Adrian v. Bubenberg, welcher in Murten befehligte, war ein warm-
^rz'ger deutscher Mann. Als Führer der nationalen Partei in Bern hatte
^ ^es se^ dem Siege der französisch Gesinnten von den Geschäften zurück¬
zogen und lebte still auf seinem Schlosse Spiez am Thuner See. Als ihn
die Wahl seiner Mitbürger auf den gefährlichen Ehrenposten nach
urten berufen, hatte er keinen Augenblick gezaudert, Folge zu leisten, und
^rocir ganz der Mann, an einer solchen Stelle das Aeußerste zu thun. —
der Feind vor den Mauern erschien, schrieb er den Bernern, sie möchten
^ ja nicht um Murtens Willen übereilen, sondern ruhig die Zuzüge der
^ genossen und der Niederen Vereinigung abwarten. Die Aufforderung,
urten zu übergeben, lehnte er auf das Entschiedenste ab, indem er be-
r te: dem Wortbrüchigen von Grandson werde vor Murten kein Glauben
kaperte. Drohbriefe, welche an Pfeile geheftet über die Mauern flogen,
^ en urit verächtlicher Nichtachtung bei Seite geworfen. Dem Versuch
aber^'^ ^ Vorstädte abzubrennen, thaten die Lombarden zwar Einhalt;
^^auch ohne dies war man gut geschützt; denn der Kommandant hatte



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[0111] stungen zu beschleunigen und wurde merkwürdigerweise nicht wiederholt. — Sein Hauptlager nahm Karl mit 27000 M. in dem Terrain von Claveleyre und Courlevon an der von Freiburg herkommenden Straße. Vor demselben, auf den Höhen zwischen Courlevon und Grissach. wählte er eine Stellung aus, welcher er den Angriff der Eidgenossen abwarten wollte und verstärkte die¬ selbe durch Verschanzungen bei Grissach. Ein Theil seines Heeres wurde zur Belagerung von Murten detachirt. Es waren dies theils Lombarden, theils das wieder herangezogene Detachement des Grafen Romont. Die öfteren 30.000 M. stark, lagerten unter dem großen Bastard südöstlich von Kurden bei dem Nußwäldchen zwischen Meyriez und Greng. Sie bildeten das eigentliche Belagerungscorps. Nordöstlich der Stadt bei Montelier stand das Detachement des Grafen Romont. 12.000 M. stark, welches zugleich die Anmarschstraßen von Laupen und Bern her beobachten sollte. Es bestanden also eigentlich drei verschiedene Lager bei Murten, wie auch Volkslied meint: Sy schlugend meng hoch gezelte Für Murten und für das Schloß, Darvor hat er im Felde Dry Hufen, die wärmt groß.*) Auch vor Murten entwickelte Karl in seiner unmittelbaren Umgebung große Pracht; wie vor Neuß und Grandson ließ er sich einen königlich ^^geschmückten, hölzernen Feldpalast errichten. Adrian v. Bubenberg, welcher in Murten befehligte, war ein warm- ^rz'ger deutscher Mann. Als Führer der nationalen Partei in Bern hatte ^ ^es se^ dem Siege der französisch Gesinnten von den Geschäften zurück¬ zogen und lebte still auf seinem Schlosse Spiez am Thuner See. Als ihn die Wahl seiner Mitbürger auf den gefährlichen Ehrenposten nach urten berufen, hatte er keinen Augenblick gezaudert, Folge zu leisten, und ^rocir ganz der Mann, an einer solchen Stelle das Aeußerste zu thun. — der Feind vor den Mauern erschien, schrieb er den Bernern, sie möchten ^ ja nicht um Murtens Willen übereilen, sondern ruhig die Zuzüge der ^ genossen und der Niederen Vereinigung abwarten. Die Aufforderung, urten zu übergeben, lehnte er auf das Entschiedenste ab, indem er be- r te: dem Wortbrüchigen von Grandson werde vor Murten kein Glauben kaperte. Drohbriefe, welche an Pfeile geheftet über die Mauern flogen, ^ en urit verächtlicher Nichtachtung bei Seite geworfen. Dem Versuch aber^'^ ^ Vorstädte abzubrennen, thaten die Lombarden zwar Einhalt; ^^auch ohne dies war man gut geschützt; denn der Kommandant hatte ') Murtmlied in Usteri'S Sammlung.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/111>, abgerufen am 24.07.2024.