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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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beizutragen verpflichtet waren, auch größere Werke zu unternehmen und durch¬
zuführen vermochten. Ebenso sind reiche und mächtige Städte im Stande
schönere und zahlreichere Bauten auszuführen, umsomehr da das Hauptinteresse
des öffentlichen Lebens sich auf kirchliche Feiern erstreckte, und weder Denk¬
male noch Theater noch Promenaden noch Museen zu bauen und zu unter¬
halten waren. Dennoch darf man nicht denken, daß die Mittel so reichlich
und mühelos zuflössen, als die Bauunternehmer wünschten. Die Willigkeit der
Beisteuernden muß durch Spendung kirchlicher Gnadengüter in Form von
Ablaßbriefen für alle, welche zum Bau beitragen, sei es mit Geld oder Dienst¬
leistung oder Arbeit, erkauft werden. Und in der That besteht ein ansehn¬
licher Theil der Documente, welche man über diese Bauten hat, in Abla߬
briefen. Jede neue Bauperiode pflegt sich mit Ausschreibung eines solchen
Briefes einzuleiten. Dazu werden die Einkünfte gewisser Liegenschaften oder
Stiftungen, ebenso kirchliche Stolgebüren zum Bau verwendet, wohl auch auf
bessere Zeiten Schulden gemacht.

Ein besonders klares und farbiges Bild dieser Manipulationen gewähren
die Baurechnungen des Doms zu Regensburg aus der Mitte des
fünfzehnten Jahrhunderts") (14S9). In diesem Jahre in der dritten Woche
nach Dominien misoricoräi^s ciomim wurde der (üanomeus IdooäeriouK <1o
ILamsdeiZ vom Kapitel zum maxister t'adrieav erwählt und fing mit diesem
Tage an Buch über Einnahme und Ausgabe zu führen.

Es folgen zunächst die Collectenerträge aus einundzwanzig Decanaten
derart, daß dem Decanatsort die Namen der Pfarrdörser in senkrechter Reihe
folgen, während die Erträge zu rechts und links an den Rand geschrieben
sind. Also zum Beispiel:


^Itdork. ^Itäork. ni-M)1l1i"g <le iij "ol oj ki. i.j. coll. ^Itnaim
alt ih' sol xvj R"t,. IloI,<zntg.um <1t xx?es' Il,g,t. tom. (Ap>on <1t
xx 15. ,j otia. I>s">ob!Z.^Lou <It viij j odi. ^VL^donmicdel.
Ledat^dovon. LvoLMed- Lüning, viiij /? on^j den ^ odi.

Dies ist eins der faulsten Decanate. Eine Anzahl von Pfarrdörfern
leisten nichts, andere nicht gerade viel. Der größeste Beitrag wird aus der
Se. Ulrichsparochie geleistet, wie aus folgender origineller Position des Aus¬
gabeetats hervor geht: Item sociis dominorum in xaroedia, L. Väo.diei
pro didkliduL (Trinkgeld) ^roptor domain nromotionvm kadrieaiz in




') Veröffentlicht von Schuegraf im XVI. Bd. der Verhandlungen des historischen
Vereins der Oberpfalz und von Regensburg S. 29. f.
*
*) Der Ausdruck ist vollovturir; doch findet sich folgender Ausgabepostcu: Itom geschickt
it<1 onriktm pro InclulMiitiis 1 Ungarischer Gulden, welchen ich gekauft für 4l> gr. Es werden
also unter den vollsoturis die Erträge der zu Gunsten des Dombaues verkauften Ablaßbriefe
^, verstehen sein.

beizutragen verpflichtet waren, auch größere Werke zu unternehmen und durch¬
zuführen vermochten. Ebenso sind reiche und mächtige Städte im Stande
schönere und zahlreichere Bauten auszuführen, umsomehr da das Hauptinteresse
des öffentlichen Lebens sich auf kirchliche Feiern erstreckte, und weder Denk¬
male noch Theater noch Promenaden noch Museen zu bauen und zu unter¬
halten waren. Dennoch darf man nicht denken, daß die Mittel so reichlich
und mühelos zuflössen, als die Bauunternehmer wünschten. Die Willigkeit der
Beisteuernden muß durch Spendung kirchlicher Gnadengüter in Form von
Ablaßbriefen für alle, welche zum Bau beitragen, sei es mit Geld oder Dienst¬
leistung oder Arbeit, erkauft werden. Und in der That besteht ein ansehn¬
licher Theil der Documente, welche man über diese Bauten hat, in Abla߬
briefen. Jede neue Bauperiode pflegt sich mit Ausschreibung eines solchen
Briefes einzuleiten. Dazu werden die Einkünfte gewisser Liegenschaften oder
Stiftungen, ebenso kirchliche Stolgebüren zum Bau verwendet, wohl auch auf
bessere Zeiten Schulden gemacht.

Ein besonders klares und farbiges Bild dieser Manipulationen gewähren
die Baurechnungen des Doms zu Regensburg aus der Mitte des
fünfzehnten Jahrhunderts") (14S9). In diesem Jahre in der dritten Woche
nach Dominien misoricoräi^s ciomim wurde der (üanomeus IdooäeriouK <1o
ILamsdeiZ vom Kapitel zum maxister t'adrieav erwählt und fing mit diesem
Tage an Buch über Einnahme und Ausgabe zu führen.

Es folgen zunächst die Collectenerträge aus einundzwanzig Decanaten
derart, daß dem Decanatsort die Namen der Pfarrdörser in senkrechter Reihe
folgen, während die Erträge zu rechts und links an den Rand geschrieben
sind. Also zum Beispiel:


^Itdork. ^Itäork. ni-M)1l1i»g <le iij «ol oj ki. i.j. coll. ^Itnaim
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Dies ist eins der faulsten Decanate. Eine Anzahl von Pfarrdörfern
leisten nichts, andere nicht gerade viel. Der größeste Beitrag wird aus der
Se. Ulrichsparochie geleistet, wie aus folgender origineller Position des Aus¬
gabeetats hervor geht: Item sociis dominorum in xaroedia, L. Väo.diei
pro didkliduL (Trinkgeld) ^roptor domain nromotionvm kadrieaiz in




') Veröffentlicht von Schuegraf im XVI. Bd. der Verhandlungen des historischen
Vereins der Oberpfalz und von Regensburg S. 29. f.
*
*) Der Ausdruck ist vollovturir; doch findet sich folgender Ausgabepostcu: Itom geschickt
it<1 onriktm pro InclulMiitiis 1 Ungarischer Gulden, welchen ich gekauft für 4l> gr. Es werden
also unter den vollsoturis die Erträge der zu Gunsten des Dombaues verkauften Ablaßbriefe
^, verstehen sein.
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[0088] beizutragen verpflichtet waren, auch größere Werke zu unternehmen und durch¬ zuführen vermochten. Ebenso sind reiche und mächtige Städte im Stande schönere und zahlreichere Bauten auszuführen, umsomehr da das Hauptinteresse des öffentlichen Lebens sich auf kirchliche Feiern erstreckte, und weder Denk¬ male noch Theater noch Promenaden noch Museen zu bauen und zu unter¬ halten waren. Dennoch darf man nicht denken, daß die Mittel so reichlich und mühelos zuflössen, als die Bauunternehmer wünschten. Die Willigkeit der Beisteuernden muß durch Spendung kirchlicher Gnadengüter in Form von Ablaßbriefen für alle, welche zum Bau beitragen, sei es mit Geld oder Dienst¬ leistung oder Arbeit, erkauft werden. Und in der That besteht ein ansehn¬ licher Theil der Documente, welche man über diese Bauten hat, in Abla߬ briefen. Jede neue Bauperiode pflegt sich mit Ausschreibung eines solchen Briefes einzuleiten. Dazu werden die Einkünfte gewisser Liegenschaften oder Stiftungen, ebenso kirchliche Stolgebüren zum Bau verwendet, wohl auch auf bessere Zeiten Schulden gemacht. Ein besonders klares und farbiges Bild dieser Manipulationen gewähren die Baurechnungen des Doms zu Regensburg aus der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts") (14S9). In diesem Jahre in der dritten Woche nach Dominien misoricoräi^s ciomim wurde der (üanomeus IdooäeriouK <1o ILamsdeiZ vom Kapitel zum maxister t'adrieav erwählt und fing mit diesem Tage an Buch über Einnahme und Ausgabe zu führen. Es folgen zunächst die Collectenerträge aus einundzwanzig Decanaten derart, daß dem Decanatsort die Namen der Pfarrdörser in senkrechter Reihe folgen, während die Erträge zu rechts und links an den Rand geschrieben sind. Also zum Beispiel: ^Itdork. ^Itäork. ni-M)1l1i»g <le iij «ol oj ki. i.j. coll. ^Itnaim alt ih' sol xvj R»t,. IloI,<zntg.um <1t xx?es' Il,g,t. tom. (Ap>on <1t xx 15. ,j otia. I>s«>ob!Z.^Lou <It viij j odi. ^VL^donmicdel. Ledat^dovon. LvoLMed- Lüning, viiij /? on^j den ^ odi. Dies ist eins der faulsten Decanate. Eine Anzahl von Pfarrdörfern leisten nichts, andere nicht gerade viel. Der größeste Beitrag wird aus der Se. Ulrichsparochie geleistet, wie aus folgender origineller Position des Aus¬ gabeetats hervor geht: Item sociis dominorum in xaroedia, L. Väo.diei pro didkliduL (Trinkgeld) ^roptor domain nromotionvm kadrieaiz in ') Veröffentlicht von Schuegraf im XVI. Bd. der Verhandlungen des historischen Vereins der Oberpfalz und von Regensburg S. 29. f. * *) Der Ausdruck ist vollovturir; doch findet sich folgender Ausgabepostcu: Itom geschickt it<1 onriktm pro InclulMiitiis 1 Ungarischer Gulden, welchen ich gekauft für 4l> gr. Es werden also unter den vollsoturis die Erträge der zu Gunsten des Dombaues verkauften Ablaßbriefe ^, verstehen sein.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/88>, abgerufen am 22.07.2024.