Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

lichen Demokratie dieß sofort kühn proclamiren, wenn die demokratischen Or¬
ganisationen nach dieser Parole handeln wollen, dann können sie allenfalls
das Odium, welches in Ohio auf die ganze Demokratie geworfen ist, von sich
abwälzen, aber sonst niemals."

Diese und ähnliche Mahnungen der demokratischen und unabhängigen
Presse des Ostens der Union, denen sich einige westliche Blätter, z. B. der
in Se. Louis im Staate Missouri erscheinende "Anzeiger des Westens" und
die "Wesel. Post" anschlössen, sind denn auch nicht ohne alle Wirkung ge¬
wesen. Wie kürzlich ein Kabeltelegramm meldete, hat am 18. September
die demokratische Staatsconvention von New-Uork sich, im Widerspruch mit
den bezüglichen Beschlüssen der demokratischen Staatsconvention von Ohio
und der republikanischen Staatsconvention von Pennsylvanien für die Wieder¬
aufnahme der Baarzählung und gegen eine Vermehrung des Pa¬
piergeldes, welche letztere der Nation zur Unehre gereichen würde, aus¬
gesprochen. New-Uork ist der mächtigste Staat der Union, der sogenannte
"lüinM-e State", und seine Stimme wird nicht ungehört verhallen.

Die Papiergeldfrage scheint in der That, ähnlich wie früher die Sklaverei¬
frage, einen "irropressidlö eonüiet" in sich zu enthalten. Die "New-Uork
Tribune" zog deshalb kürzlich einen treffenden Vergleich zwischen diesen beiden
Fragen und kam zu dem Schlüsse, daß die Union einzig und allein durch eine
schnelle und durchgreifende Lösung' dieses neuen "unabweisbaren Confliktes"
vor großem Unheil bewahrt bleiben könnte. Schon bei Gründung der Re¬
publik habe man die Sklaverei als ein Uebel (an coll) erkannt, und doch sei die
Zeit gekommen, wo die öffentliche Meinung, wenigstens im Süden der Union,
dieses Institut für einen Segen (g. dlizssing) statt für einen Fluch der Ge¬
sellschaft (g. cursg to sociale^) erklärt habe. Die zögernde Scheu der Politiker
habe die Sklavereifrage zu einer solchen Macht heranwachsen lassen, daß die¬
selbe endlich nur durch viel Blut, Elend und große finanzielle Opfer gelöst
werden konnte; denselben Weg scheine man jetzt in der Papiergeldfrage be¬
treten zu wollen. Papiergeld sei gegenwärtig eine Thatsache, wie dies früher
mit der Sklaverei der Fall gewesen; wenn man den Vertheidigern der unbe¬
grenzten Vermehrung des Papiergeldes nicht bald mit der äußersten Ent¬
schiedenheit gegenüberträte und die Rückkehr zur Baarzählung ebenfalls zur
Thatsache mache, so sei Gefahr im Verzüge, daß die Papiergeldfreunde im
Laufe der Zeit ebenso die Oberhand gewinnen könnten, wie früher die Freunde
der Sklaverei. Ehre und Rechtschaffenheit, der Sinn für Sittlichkeit und die
Liebe zur Gerechtigkeit geböten dem Umsichgreifen des Papierschwindels ein
gründliches Ende zu machen. Es ist Aussicht vorhanden, daß die Ansichten
der "N.-Y. Tribune" bei der Majorität des Volkes der Vereinigten Staaten


lichen Demokratie dieß sofort kühn proclamiren, wenn die demokratischen Or¬
ganisationen nach dieser Parole handeln wollen, dann können sie allenfalls
das Odium, welches in Ohio auf die ganze Demokratie geworfen ist, von sich
abwälzen, aber sonst niemals."

Diese und ähnliche Mahnungen der demokratischen und unabhängigen
Presse des Ostens der Union, denen sich einige westliche Blätter, z. B. der
in Se. Louis im Staate Missouri erscheinende „Anzeiger des Westens" und
die „Wesel. Post" anschlössen, sind denn auch nicht ohne alle Wirkung ge¬
wesen. Wie kürzlich ein Kabeltelegramm meldete, hat am 18. September
die demokratische Staatsconvention von New-Uork sich, im Widerspruch mit
den bezüglichen Beschlüssen der demokratischen Staatsconvention von Ohio
und der republikanischen Staatsconvention von Pennsylvanien für die Wieder¬
aufnahme der Baarzählung und gegen eine Vermehrung des Pa¬
piergeldes, welche letztere der Nation zur Unehre gereichen würde, aus¬
gesprochen. New-Uork ist der mächtigste Staat der Union, der sogenannte
„lüinM-e State", und seine Stimme wird nicht ungehört verhallen.

Die Papiergeldfrage scheint in der That, ähnlich wie früher die Sklaverei¬
frage, einen „irropressidlö eonüiet" in sich zu enthalten. Die „New-Uork
Tribune" zog deshalb kürzlich einen treffenden Vergleich zwischen diesen beiden
Fragen und kam zu dem Schlüsse, daß die Union einzig und allein durch eine
schnelle und durchgreifende Lösung' dieses neuen „unabweisbaren Confliktes"
vor großem Unheil bewahrt bleiben könnte. Schon bei Gründung der Re¬
publik habe man die Sklaverei als ein Uebel (an coll) erkannt, und doch sei die
Zeit gekommen, wo die öffentliche Meinung, wenigstens im Süden der Union,
dieses Institut für einen Segen (g. dlizssing) statt für einen Fluch der Ge¬
sellschaft (g. cursg to sociale^) erklärt habe. Die zögernde Scheu der Politiker
habe die Sklavereifrage zu einer solchen Macht heranwachsen lassen, daß die¬
selbe endlich nur durch viel Blut, Elend und große finanzielle Opfer gelöst
werden konnte; denselben Weg scheine man jetzt in der Papiergeldfrage be¬
treten zu wollen. Papiergeld sei gegenwärtig eine Thatsache, wie dies früher
mit der Sklaverei der Fall gewesen; wenn man den Vertheidigern der unbe¬
grenzten Vermehrung des Papiergeldes nicht bald mit der äußersten Ent¬
schiedenheit gegenüberträte und die Rückkehr zur Baarzählung ebenfalls zur
Thatsache mache, so sei Gefahr im Verzüge, daß die Papiergeldfreunde im
Laufe der Zeit ebenso die Oberhand gewinnen könnten, wie früher die Freunde
der Sklaverei. Ehre und Rechtschaffenheit, der Sinn für Sittlichkeit und die
Liebe zur Gerechtigkeit geböten dem Umsichgreifen des Papierschwindels ein
gründliches Ende zu machen. Es ist Aussicht vorhanden, daß die Ansichten
der „N.-Y. Tribune" bei der Majorität des Volkes der Vereinigten Staaten


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0076" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/134422"/>
          <p xml:id="ID_174" prev="#ID_173"> lichen Demokratie dieß sofort kühn proclamiren, wenn die demokratischen Or¬<lb/>
ganisationen nach dieser Parole handeln wollen, dann können sie allenfalls<lb/>
das Odium, welches in Ohio auf die ganze Demokratie geworfen ist, von sich<lb/>
abwälzen, aber sonst niemals."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_175"> Diese und ähnliche Mahnungen der demokratischen und unabhängigen<lb/>
Presse des Ostens der Union, denen sich einige westliche Blätter, z. B. der<lb/>
in Se. Louis im Staate Missouri erscheinende &#x201E;Anzeiger des Westens" und<lb/>
die &#x201E;Wesel. Post" anschlössen, sind denn auch nicht ohne alle Wirkung ge¬<lb/>
wesen. Wie kürzlich ein Kabeltelegramm meldete, hat am 18. September<lb/>
die demokratische Staatsconvention von New-Uork sich, im Widerspruch mit<lb/>
den bezüglichen Beschlüssen der demokratischen Staatsconvention von Ohio<lb/>
und der republikanischen Staatsconvention von Pennsylvanien für die Wieder¬<lb/>
aufnahme der Baarzählung und gegen eine Vermehrung des Pa¬<lb/>
piergeldes, welche letztere der Nation zur Unehre gereichen würde, aus¬<lb/>
gesprochen. New-Uork ist der mächtigste Staat der Union, der sogenannte<lb/>
&#x201E;lüinM-e State", und seine Stimme wird nicht ungehört verhallen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_176" next="#ID_177"> Die Papiergeldfrage scheint in der That, ähnlich wie früher die Sklaverei¬<lb/>
frage, einen &#x201E;irropressidlö eonüiet" in sich zu enthalten. Die &#x201E;New-Uork<lb/>
Tribune" zog deshalb kürzlich einen treffenden Vergleich zwischen diesen beiden<lb/>
Fragen und kam zu dem Schlüsse, daß die Union einzig und allein durch eine<lb/>
schnelle und durchgreifende Lösung' dieses neuen &#x201E;unabweisbaren Confliktes"<lb/>
vor großem Unheil bewahrt bleiben könnte. Schon bei Gründung der Re¬<lb/>
publik habe man die Sklaverei als ein Uebel (an coll) erkannt, und doch sei die<lb/>
Zeit gekommen, wo die öffentliche Meinung, wenigstens im Süden der Union,<lb/>
dieses Institut für einen Segen (g. dlizssing) statt für einen Fluch der Ge¬<lb/>
sellschaft (g. cursg to sociale^) erklärt habe. Die zögernde Scheu der Politiker<lb/>
habe die Sklavereifrage zu einer solchen Macht heranwachsen lassen, daß die¬<lb/>
selbe endlich nur durch viel Blut, Elend und große finanzielle Opfer gelöst<lb/>
werden konnte; denselben Weg scheine man jetzt in der Papiergeldfrage be¬<lb/>
treten zu wollen. Papiergeld sei gegenwärtig eine Thatsache, wie dies früher<lb/>
mit der Sklaverei der Fall gewesen; wenn man den Vertheidigern der unbe¬<lb/>
grenzten Vermehrung des Papiergeldes nicht bald mit der äußersten Ent¬<lb/>
schiedenheit gegenüberträte und die Rückkehr zur Baarzählung ebenfalls zur<lb/>
Thatsache mache, so sei Gefahr im Verzüge, daß die Papiergeldfreunde im<lb/>
Laufe der Zeit ebenso die Oberhand gewinnen könnten, wie früher die Freunde<lb/>
der Sklaverei. Ehre und Rechtschaffenheit, der Sinn für Sittlichkeit und die<lb/>
Liebe zur Gerechtigkeit geböten dem Umsichgreifen des Papierschwindels ein<lb/>
gründliches Ende zu machen. Es ist Aussicht vorhanden, daß die Ansichten<lb/>
der &#x201E;N.-Y. Tribune" bei der Majorität des Volkes der Vereinigten Staaten</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0076] lichen Demokratie dieß sofort kühn proclamiren, wenn die demokratischen Or¬ ganisationen nach dieser Parole handeln wollen, dann können sie allenfalls das Odium, welches in Ohio auf die ganze Demokratie geworfen ist, von sich abwälzen, aber sonst niemals." Diese und ähnliche Mahnungen der demokratischen und unabhängigen Presse des Ostens der Union, denen sich einige westliche Blätter, z. B. der in Se. Louis im Staate Missouri erscheinende „Anzeiger des Westens" und die „Wesel. Post" anschlössen, sind denn auch nicht ohne alle Wirkung ge¬ wesen. Wie kürzlich ein Kabeltelegramm meldete, hat am 18. September die demokratische Staatsconvention von New-Uork sich, im Widerspruch mit den bezüglichen Beschlüssen der demokratischen Staatsconvention von Ohio und der republikanischen Staatsconvention von Pennsylvanien für die Wieder¬ aufnahme der Baarzählung und gegen eine Vermehrung des Pa¬ piergeldes, welche letztere der Nation zur Unehre gereichen würde, aus¬ gesprochen. New-Uork ist der mächtigste Staat der Union, der sogenannte „lüinM-e State", und seine Stimme wird nicht ungehört verhallen. Die Papiergeldfrage scheint in der That, ähnlich wie früher die Sklaverei¬ frage, einen „irropressidlö eonüiet" in sich zu enthalten. Die „New-Uork Tribune" zog deshalb kürzlich einen treffenden Vergleich zwischen diesen beiden Fragen und kam zu dem Schlüsse, daß die Union einzig und allein durch eine schnelle und durchgreifende Lösung' dieses neuen „unabweisbaren Confliktes" vor großem Unheil bewahrt bleiben könnte. Schon bei Gründung der Re¬ publik habe man die Sklaverei als ein Uebel (an coll) erkannt, und doch sei die Zeit gekommen, wo die öffentliche Meinung, wenigstens im Süden der Union, dieses Institut für einen Segen (g. dlizssing) statt für einen Fluch der Ge¬ sellschaft (g. cursg to sociale^) erklärt habe. Die zögernde Scheu der Politiker habe die Sklavereifrage zu einer solchen Macht heranwachsen lassen, daß die¬ selbe endlich nur durch viel Blut, Elend und große finanzielle Opfer gelöst werden konnte; denselben Weg scheine man jetzt in der Papiergeldfrage be¬ treten zu wollen. Papiergeld sei gegenwärtig eine Thatsache, wie dies früher mit der Sklaverei der Fall gewesen; wenn man den Vertheidigern der unbe¬ grenzten Vermehrung des Papiergeldes nicht bald mit der äußersten Ent¬ schiedenheit gegenüberträte und die Rückkehr zur Baarzählung ebenfalls zur Thatsache mache, so sei Gefahr im Verzüge, daß die Papiergeldfreunde im Laufe der Zeit ebenso die Oberhand gewinnen könnten, wie früher die Freunde der Sklaverei. Ehre und Rechtschaffenheit, der Sinn für Sittlichkeit und die Liebe zur Gerechtigkeit geböten dem Umsichgreifen des Papierschwindels ein gründliches Ende zu machen. Es ist Aussicht vorhanden, daß die Ansichten der „N.-Y. Tribune" bei der Majorität des Volkes der Vereinigten Staaten

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/76
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/76>, abgerufen am 22.07.2024.