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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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furchtsam ist und Scheu vor den Bedrängnissen des Seekampfes hat: ihm ist
seine Freiheit lieb und wenig behagt ihm die strenge Form und die wohl¬
geregelte Gebundenheit des militärischen Dienstes. Härter ist die Arbeit auf
dem Handelsschiffe, weniger Sorgfalt wird daselbst der Mannschaft gewidmet
und nie in seinem Leben genießt er einer so guten und reichlichen Verpfle¬
gung als während der Militärjahre, aber trotzdem sehnt er sich nach dem
Ende seiner Dienstzeit und läßt sich durch die Aussicht auf die günstige Stel¬
lung des im Dienste verbleibenden Unteroffiziers nicht verlocken. Wieder eilt
er hinaus auf die Wege des Handels und lebt seinem Lieblingstraume, mei¬
stens selbst mit kleinem Fahrzeuge in den heimischen Gewässern Cabotagefahrt
zutreiben oder doch, wenn das Glück ihm weniger lächelt, eine Hafenjolle zu
erwerben. Aber nicht immer erfüllt sich dieser Traum und mancher künftige
Seemann muß in seinen alten Tagen das Gnadenbrod essen oder sich glücklich
schätzen, wenn er wenige Gulden aus dem Unterstützungsfonds der Marine
bezieht. Neben den eigentlichen Seeleuten finden sich die Fischer und die
Besitzer der kleinen Barken. Erstere vertheilen sich in verschiedenem Maße
an der Küste; theils ist der Fischfang nicht an allen Stellen gleich ergiebig
und theils ist die Neigung zu diesem Erwerbszweige nicht überall vorhanden-
Hier übt die Tradition eine große Wirkung aus. Sardellen und Thunfisch
spielen die große Rolle unter den Fischen der Adria. Alle andern Arten,
wenn auch manche feine und kostbare darunter ist. haben niedere Bedeutung.
Auf den Inseln widmet man dem Fischfange mehr Thätigkeit und manche
derselben, wie z. B. das schlachtenberühmte Lissa, der Vorposten Dalmatiens,
sind fast ausschließlich Fischerinseln. Ganze Flottillen von Barken mit großen
schweren Masten ziehen zur See hinaus und der Fischzug wird zum bedeut¬
samen Ereigniß, entscheidend für die wirthschaftliche Bilanz des ganzen Jahres.
Ganz besonders gilt dies von den großen Thunfischen, die in zahlreicher
Menge umherziehen. Da werden Beobachtungsposten aufgestellt, Signalsta¬
tionen errichtet, eilig läuft die Kunde von dem Herannahen eines Zuges von
Posten zu Posten und mit hocherregter Spannung liegen die Fischer an
den Schnüren des Riesennetzes, harrend, ob die Fische in die gelegte Falle
gehen. Gelingt der Fang, dann gilt es ein wahres Blutbad, bis die großen,
noch am Strande unbändig herumschlagenden Thiere getödtet sind.

Wer aber noch voll von den Eindrücken der See ins Land hinein
wandert, der findet sich sofort ganz anderen Lebensverhältnissen gegenüber,
allerwärts unter dem Eindrucke der Armseligkeit. Dalmatien kennt keinen
Reichthum; wenn man einzelne Strecken ausnimmt, wo der Wein gedeiht,
aber ein Wein, dem die Kunst der Veredlung fast ganz fremd geblieben ist
und welcher deshalb nur geringen Werth darstellt, so bringt das Land kaum
dasjenige hervor, was es zum Unterhalt seiner Bewohner braucht. Die Be.


furchtsam ist und Scheu vor den Bedrängnissen des Seekampfes hat: ihm ist
seine Freiheit lieb und wenig behagt ihm die strenge Form und die wohl¬
geregelte Gebundenheit des militärischen Dienstes. Härter ist die Arbeit auf
dem Handelsschiffe, weniger Sorgfalt wird daselbst der Mannschaft gewidmet
und nie in seinem Leben genießt er einer so guten und reichlichen Verpfle¬
gung als während der Militärjahre, aber trotzdem sehnt er sich nach dem
Ende seiner Dienstzeit und läßt sich durch die Aussicht auf die günstige Stel¬
lung des im Dienste verbleibenden Unteroffiziers nicht verlocken. Wieder eilt
er hinaus auf die Wege des Handels und lebt seinem Lieblingstraume, mei¬
stens selbst mit kleinem Fahrzeuge in den heimischen Gewässern Cabotagefahrt
zutreiben oder doch, wenn das Glück ihm weniger lächelt, eine Hafenjolle zu
erwerben. Aber nicht immer erfüllt sich dieser Traum und mancher künftige
Seemann muß in seinen alten Tagen das Gnadenbrod essen oder sich glücklich
schätzen, wenn er wenige Gulden aus dem Unterstützungsfonds der Marine
bezieht. Neben den eigentlichen Seeleuten finden sich die Fischer und die
Besitzer der kleinen Barken. Erstere vertheilen sich in verschiedenem Maße
an der Küste; theils ist der Fischfang nicht an allen Stellen gleich ergiebig
und theils ist die Neigung zu diesem Erwerbszweige nicht überall vorhanden-
Hier übt die Tradition eine große Wirkung aus. Sardellen und Thunfisch
spielen die große Rolle unter den Fischen der Adria. Alle andern Arten,
wenn auch manche feine und kostbare darunter ist. haben niedere Bedeutung.
Auf den Inseln widmet man dem Fischfange mehr Thätigkeit und manche
derselben, wie z. B. das schlachtenberühmte Lissa, der Vorposten Dalmatiens,
sind fast ausschließlich Fischerinseln. Ganze Flottillen von Barken mit großen
schweren Masten ziehen zur See hinaus und der Fischzug wird zum bedeut¬
samen Ereigniß, entscheidend für die wirthschaftliche Bilanz des ganzen Jahres.
Ganz besonders gilt dies von den großen Thunfischen, die in zahlreicher
Menge umherziehen. Da werden Beobachtungsposten aufgestellt, Signalsta¬
tionen errichtet, eilig läuft die Kunde von dem Herannahen eines Zuges von
Posten zu Posten und mit hocherregter Spannung liegen die Fischer an
den Schnüren des Riesennetzes, harrend, ob die Fische in die gelegte Falle
gehen. Gelingt der Fang, dann gilt es ein wahres Blutbad, bis die großen,
noch am Strande unbändig herumschlagenden Thiere getödtet sind.

Wer aber noch voll von den Eindrücken der See ins Land hinein
wandert, der findet sich sofort ganz anderen Lebensverhältnissen gegenüber,
allerwärts unter dem Eindrucke der Armseligkeit. Dalmatien kennt keinen
Reichthum; wenn man einzelne Strecken ausnimmt, wo der Wein gedeiht,
aber ein Wein, dem die Kunst der Veredlung fast ganz fremd geblieben ist
und welcher deshalb nur geringen Werth darstellt, so bringt das Land kaum
dasjenige hervor, was es zum Unterhalt seiner Bewohner braucht. Die Be.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/488>, abgerufen am 22.07.2024.