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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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eidgenössischen Orte zu einander. Die Bundesbriefe bestimmten, in welchen
Fällen, unter welchen Bedingungen und bis wohin die Mannschaft eines zu¬
gewandten Ortes aus ergangene Mahnung zu ziehen habe.

In Bezug auf die Art und Weise, wie die Mannschaft auf-
gebracht wurde, dürften folgende Fälle zu unterscheiden sein. Wo einer
Stadt oder einem Land unmittelbar Gefahr drohte und ein feindlicher Ein¬
fall plötzlich stattgefunden hatte oder zu erwarten stand, da wurden durch Hoch¬
wächter mit Feuer und Rauch, sowie durch Eilboten alle wehrhaften Männer
als "Landsturm" unter die Waffen gerufen. -- Wenn ein zum Bund ge¬
höriger, eidgenössischer oder zugewandter Ort, vom Feind angegriffen, um
Hilfe und Zuzug mahnte, oder wenn die eidgenössischen Orte nach gemein¬
schaftlicher Uebereinkunft irgend eine Kriegsunternehmung beschlossen hatten,
so fand ein "Auszug" statt. Eben dasselbe geschah wenn eine vom Feinde
bedrohte Stadt oder Burg Besatzung erhalten oder erobertes Land bewacht
werden sollte. Der in diesen Fällen stattfindende Auszug bestand entweder
aus Freiwilligen oder einem Aufgebot. Bei Gelegenheiten von geringerer
Bedeutung genügte es auch wohl, daß die burgpflichtigen Gemeinden der
Umgegend die bedrohte Feste oder Letzemauer besetzten und den Nachtdienst
versahen.

Zu diesen das eigene Land und Volk angehenden Kriegslager traten
dann später noch die Fälle, daß ein Ort oder die gesammten Eidgenossen
fremden Städten oder Fürsten traktatmäßig Hilfstruppe n sendeten oder
auch die Werbung für den fremden Kriegsdienst bloß einzelnen Hauptleuten
gestatteten; und endlich der Fall, daß ein Einzelner nach uralter Germancn-
sitte auf eigene Faust einen "Freiharst" aufstellte, um die im Feld befindlichen
Truppen zu unterstützen oder zu irgend welchem Zwecke einen Abenteuerer-
Zug zu unternehmen.

Von besonderer Wichtigkeit ist die Aufbringung des Auszuges, sei es
aus Freiwilligen, sei es aus Ausgehobenen. Die freiwillig Angeworbenen
hieß man nach damaligem Sprachgebrauch "Söldner"; diejenigen, welche aus¬
gehoben wurden "Knechte". Johannes Fründ z. B., ein Kriegsmann, der
im alten Züricherkrieg mitgefochten hat. unterscheidet in der Beschreibung
desselben immer genau Söldner und Knechte. Wo er von Besatzungen der
Burgen und Schlösser spricht, redet er stets von Söldnern, und wo er von
der Mannschaft spricht, die mit dem Panner ins Feld zieht, stets von Knechten.

Söldner, welche sich im bleibenden Dienst der Städte und Länder
befunden hätten, waren im Frieden nur in sehr geringer Zahl vorhanden;
ihre Aufgabe bestand darin, die nöthigen Besatzungen für die Städte und
Burgen in den Herrschaften zu stellen, die Thore der Städte zu bewachen,


eidgenössischen Orte zu einander. Die Bundesbriefe bestimmten, in welchen
Fällen, unter welchen Bedingungen und bis wohin die Mannschaft eines zu¬
gewandten Ortes aus ergangene Mahnung zu ziehen habe.

In Bezug auf die Art und Weise, wie die Mannschaft auf-
gebracht wurde, dürften folgende Fälle zu unterscheiden sein. Wo einer
Stadt oder einem Land unmittelbar Gefahr drohte und ein feindlicher Ein¬
fall plötzlich stattgefunden hatte oder zu erwarten stand, da wurden durch Hoch¬
wächter mit Feuer und Rauch, sowie durch Eilboten alle wehrhaften Männer
als „Landsturm" unter die Waffen gerufen. — Wenn ein zum Bund ge¬
höriger, eidgenössischer oder zugewandter Ort, vom Feind angegriffen, um
Hilfe und Zuzug mahnte, oder wenn die eidgenössischen Orte nach gemein¬
schaftlicher Uebereinkunft irgend eine Kriegsunternehmung beschlossen hatten,
so fand ein „Auszug" statt. Eben dasselbe geschah wenn eine vom Feinde
bedrohte Stadt oder Burg Besatzung erhalten oder erobertes Land bewacht
werden sollte. Der in diesen Fällen stattfindende Auszug bestand entweder
aus Freiwilligen oder einem Aufgebot. Bei Gelegenheiten von geringerer
Bedeutung genügte es auch wohl, daß die burgpflichtigen Gemeinden der
Umgegend die bedrohte Feste oder Letzemauer besetzten und den Nachtdienst
versahen.

Zu diesen das eigene Land und Volk angehenden Kriegslager traten
dann später noch die Fälle, daß ein Ort oder die gesammten Eidgenossen
fremden Städten oder Fürsten traktatmäßig Hilfstruppe n sendeten oder
auch die Werbung für den fremden Kriegsdienst bloß einzelnen Hauptleuten
gestatteten; und endlich der Fall, daß ein Einzelner nach uralter Germancn-
sitte auf eigene Faust einen „Freiharst" aufstellte, um die im Feld befindlichen
Truppen zu unterstützen oder zu irgend welchem Zwecke einen Abenteuerer-
Zug zu unternehmen.

Von besonderer Wichtigkeit ist die Aufbringung des Auszuges, sei es
aus Freiwilligen, sei es aus Ausgehobenen. Die freiwillig Angeworbenen
hieß man nach damaligem Sprachgebrauch „Söldner"; diejenigen, welche aus¬
gehoben wurden „Knechte". Johannes Fründ z. B., ein Kriegsmann, der
im alten Züricherkrieg mitgefochten hat. unterscheidet in der Beschreibung
desselben immer genau Söldner und Knechte. Wo er von Besatzungen der
Burgen und Schlösser spricht, redet er stets von Söldnern, und wo er von
der Mannschaft spricht, die mit dem Panner ins Feld zieht, stets von Knechten.

Söldner, welche sich im bleibenden Dienst der Städte und Länder
befunden hätten, waren im Frieden nur in sehr geringer Zahl vorhanden;
ihre Aufgabe bestand darin, die nöthigen Besatzungen für die Städte und
Burgen in den Herrschaften zu stellen, die Thore der Städte zu bewachen,


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[0370] eidgenössischen Orte zu einander. Die Bundesbriefe bestimmten, in welchen Fällen, unter welchen Bedingungen und bis wohin die Mannschaft eines zu¬ gewandten Ortes aus ergangene Mahnung zu ziehen habe. In Bezug auf die Art und Weise, wie die Mannschaft auf- gebracht wurde, dürften folgende Fälle zu unterscheiden sein. Wo einer Stadt oder einem Land unmittelbar Gefahr drohte und ein feindlicher Ein¬ fall plötzlich stattgefunden hatte oder zu erwarten stand, da wurden durch Hoch¬ wächter mit Feuer und Rauch, sowie durch Eilboten alle wehrhaften Männer als „Landsturm" unter die Waffen gerufen. — Wenn ein zum Bund ge¬ höriger, eidgenössischer oder zugewandter Ort, vom Feind angegriffen, um Hilfe und Zuzug mahnte, oder wenn die eidgenössischen Orte nach gemein¬ schaftlicher Uebereinkunft irgend eine Kriegsunternehmung beschlossen hatten, so fand ein „Auszug" statt. Eben dasselbe geschah wenn eine vom Feinde bedrohte Stadt oder Burg Besatzung erhalten oder erobertes Land bewacht werden sollte. Der in diesen Fällen stattfindende Auszug bestand entweder aus Freiwilligen oder einem Aufgebot. Bei Gelegenheiten von geringerer Bedeutung genügte es auch wohl, daß die burgpflichtigen Gemeinden der Umgegend die bedrohte Feste oder Letzemauer besetzten und den Nachtdienst versahen. Zu diesen das eigene Land und Volk angehenden Kriegslager traten dann später noch die Fälle, daß ein Ort oder die gesammten Eidgenossen fremden Städten oder Fürsten traktatmäßig Hilfstruppe n sendeten oder auch die Werbung für den fremden Kriegsdienst bloß einzelnen Hauptleuten gestatteten; und endlich der Fall, daß ein Einzelner nach uralter Germancn- sitte auf eigene Faust einen „Freiharst" aufstellte, um die im Feld befindlichen Truppen zu unterstützen oder zu irgend welchem Zwecke einen Abenteuerer- Zug zu unternehmen. Von besonderer Wichtigkeit ist die Aufbringung des Auszuges, sei es aus Freiwilligen, sei es aus Ausgehobenen. Die freiwillig Angeworbenen hieß man nach damaligem Sprachgebrauch „Söldner"; diejenigen, welche aus¬ gehoben wurden „Knechte". Johannes Fründ z. B., ein Kriegsmann, der im alten Züricherkrieg mitgefochten hat. unterscheidet in der Beschreibung desselben immer genau Söldner und Knechte. Wo er von Besatzungen der Burgen und Schlösser spricht, redet er stets von Söldnern, und wo er von der Mannschaft spricht, die mit dem Panner ins Feld zieht, stets von Knechten. Söldner, welche sich im bleibenden Dienst der Städte und Länder befunden hätten, waren im Frieden nur in sehr geringer Zahl vorhanden; ihre Aufgabe bestand darin, die nöthigen Besatzungen für die Städte und Burgen in den Herrschaften zu stellen, die Thore der Städte zu bewachen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/370>, abgerufen am 25.08.2024.