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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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und die den Polarregkonen entsprossenen stets in der ihrem Wesen zusagenden
Kälte verweilen und durch diese Unveränderlichkeit ihr Gedeihen gefördert und
ihre Lebensdauer verlängert sehen. Tag und Nacht werden bei dieser Stellung
der Achse an allen Orten einander fortwährend gleich sein, und auch dieser
Umstand wird dem Bestände des Lebens nützen. Wenn hingegen die Dreh¬
ungsachse in der Bahnebne selbst liegt, so werden während des Jahres die
grellsten Gegensätze in der Erwärmung und Erleuchtung entstehen. In un¬
aufhörlicher Wiederkehr werden allerorten die kältesten Winter auf die hei¬
ßesten Sommer folgen, während des Winters wird lange Zeit finstre Nacht
Herrschen und während des Sommers ebenso lange eine blendende Sonne
leuchten. Lebende Organismen werden bei solchen Zuständen nur kümmerlich
ihr Dasein fristen, ja ganze Gattungen von Thieren und Pflanzen werden
dabei zu Unmöglichkeiten für den betreffenden Himmelskörper werden. Die
Erde steht zwischen diesen Gegensätzen in der Mitte: die Drehungsachse der¬
selben weicht nämlich um 23^ Grade von der senkrechten Stellung ab, und
daraus entstehen auf der nördlichen wie auf der südlichen Hälfte der Erde
die bekannten drei Zonen: die kalte, in welcher zu bestimmten Zeiten die
Sonne nicht über den Horizont steigt, die heiße, wo an zwei Tagen des
^"bref die Sonne senkrecht über den Bewohnern steht, und die zwischen diesen
beiden Zonen liegende, die wir die gemäßigte nennen. Während nun die
Muth der heißen Zone dem Thierleben einen schnelleren Verbrauch der Lebens¬
saft und ein rascheres Erblühen und Vergehen verursacht, ist der Frost der
kalten Zonen mit den Bedürfnissen der Organismen und der Bethätigung
des Lebens unvereinbar. Die Stellung der Drehungsachse oder, wie man
"und sagt, die Schiefe der Ekliptik übt also einen wesentlichen Einfluß auf
die Bedingungen der lebenden Wesen der Erde aus, und wenn sie sich ver¬
minderte, so würden Zustände eintreten, welche der Bewohnbarkeit der Erde
Kunstiger wären. Solche Zustände aber finden sich auf andern Planeten.
le Jahreszeiten weisen dort eine geringere Temperaturverschiedenheit auf,
die Klimate der Hemisphären sind dem Leben zuträglicher abgestuft, die
ages- und Nachklängen sind weniger ungleich als bei uns. So aber wird
) er das Leben in einem vorzüglicheren Zustande hervortreten, seine Kräfte
werden sich f^ier und nachhaltiger entwickeln, und es werden Geschöpfe ent¬
standen sein, die geeignet sind, in einer beständigen Prachtfülle zu leben. Der
erkur, die Venus und der Uranus haben wegen der sehr schiefen Stellung
Mr Drehungsachse zu ihrer Bahn sehr scharf ausgeprägte Klimate und
Jahreszeiten. Saturn und Mars gleichen in dieser Beziehung so ziemlich der
e, der Jupiter aber ist eine besondere, vor allen übrigen Planeten hierin
^vorzugte Welt: er erfreut sich während seines zwölf Erdenjahre dauernden
wahres allerorten einer und derselben Jahreszeit. Tag und Nacht sind auf^->v>


Greuzbow, IV. I875. ^

und die den Polarregkonen entsprossenen stets in der ihrem Wesen zusagenden
Kälte verweilen und durch diese Unveränderlichkeit ihr Gedeihen gefördert und
ihre Lebensdauer verlängert sehen. Tag und Nacht werden bei dieser Stellung
der Achse an allen Orten einander fortwährend gleich sein, und auch dieser
Umstand wird dem Bestände des Lebens nützen. Wenn hingegen die Dreh¬
ungsachse in der Bahnebne selbst liegt, so werden während des Jahres die
grellsten Gegensätze in der Erwärmung und Erleuchtung entstehen. In un¬
aufhörlicher Wiederkehr werden allerorten die kältesten Winter auf die hei¬
ßesten Sommer folgen, während des Winters wird lange Zeit finstre Nacht
Herrschen und während des Sommers ebenso lange eine blendende Sonne
leuchten. Lebende Organismen werden bei solchen Zuständen nur kümmerlich
ihr Dasein fristen, ja ganze Gattungen von Thieren und Pflanzen werden
dabei zu Unmöglichkeiten für den betreffenden Himmelskörper werden. Die
Erde steht zwischen diesen Gegensätzen in der Mitte: die Drehungsachse der¬
selben weicht nämlich um 23^ Grade von der senkrechten Stellung ab, und
daraus entstehen auf der nördlichen wie auf der südlichen Hälfte der Erde
die bekannten drei Zonen: die kalte, in welcher zu bestimmten Zeiten die
Sonne nicht über den Horizont steigt, die heiße, wo an zwei Tagen des
^"bref die Sonne senkrecht über den Bewohnern steht, und die zwischen diesen
beiden Zonen liegende, die wir die gemäßigte nennen. Während nun die
Muth der heißen Zone dem Thierleben einen schnelleren Verbrauch der Lebens¬
saft und ein rascheres Erblühen und Vergehen verursacht, ist der Frost der
kalten Zonen mit den Bedürfnissen der Organismen und der Bethätigung
des Lebens unvereinbar. Die Stellung der Drehungsachse oder, wie man
"und sagt, die Schiefe der Ekliptik übt also einen wesentlichen Einfluß auf
die Bedingungen der lebenden Wesen der Erde aus, und wenn sie sich ver¬
minderte, so würden Zustände eintreten, welche der Bewohnbarkeit der Erde
Kunstiger wären. Solche Zustände aber finden sich auf andern Planeten.
le Jahreszeiten weisen dort eine geringere Temperaturverschiedenheit auf,
die Klimate der Hemisphären sind dem Leben zuträglicher abgestuft, die
ages- und Nachklängen sind weniger ungleich als bei uns. So aber wird
) er das Leben in einem vorzüglicheren Zustande hervortreten, seine Kräfte
werden sich f^ier und nachhaltiger entwickeln, und es werden Geschöpfe ent¬
standen sein, die geeignet sind, in einer beständigen Prachtfülle zu leben. Der
erkur, die Venus und der Uranus haben wegen der sehr schiefen Stellung
Mr Drehungsachse zu ihrer Bahn sehr scharf ausgeprägte Klimate und
Jahreszeiten. Saturn und Mars gleichen in dieser Beziehung so ziemlich der
e, der Jupiter aber ist eine besondere, vor allen übrigen Planeten hierin
^vorzugte Welt: er erfreut sich während seines zwölf Erdenjahre dauernden
wahres allerorten einer und derselben Jahreszeit. Tag und Nacht sind auf^->v>


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/341>, abgerufen am 22.07.2024.