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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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Sodann ist die Erde auch darin kein vornehmeres Gestirn, daß sie einen
Mond besitzt; denn gewisse Planeten sind von mehrern Monden begleitet,
die in wirksamerer Weise als der unsere ihre Nächte erhellen, ihre
meteorologischen Verhältnisse beeinflussen und sich sonstwie dienstbar er¬
weisen.

Ferner zeigen alle andern Planeten, die kleine Vesta ausgenommen, daß
sie eine Atmosphäre wie die Erde haben. Unsre atmosphärische Luft, aus
79 Theilen Stickstoff und 21 Theilen Sauerstoff bestehend, ist das erste und
unentbehrlichste Nahrungsmittel des Lebens für die Thiere und den Menschen
wie für die Pflanzen. Sie vermittelt die durch die Sinne bewirkte Wahr¬
nehmung der Außenwelt, Die Erde ohne Atmosphäre würde eine lautlose,
schweigende Welt sein, sie würde nur blendenden Sonnenschein und dicht da¬
neben rabenschwarze Nacht, keine Farben, keine Morgenröthe, keine Himmels¬
bläue kennen. Die Atmosphäre umschließt unsern Erdball wie ein Treibhaus,
ohne sie würden Licht und Wärme der Sonne in den Himmelsraum zurück¬
kehren, und die Erde würde eine todte Eiswüste werden wie die Gipfel und
Kämme des Himalaya und der Anden. Das Wasser endlich bildet den Haupt¬
bestandtheil aller im Haushalt der Erde wirksamen Flüssigkeiten, ohne das¬
selbe würden weder im Thier- noch im Pflanzenreiche organische Bildungen
und Umwandlungen stattfinden können. Die Existenz einer Atmosphäre ist
aber nothwendige Bedingung für die des Wassers, da jede Wasseransammlung
zu ihrem Entstehen und Bestand irgend einen atmosphärischen Druck verlangt.
Weltkörper ohne Atmosphäre würden wasserlos sein, und wäre das Leben
auf ihrer Oberfläche zum Vorschein gekommen, so könnte es nur in einer Ge¬
stalt entstanden sein und fortbestehen, die unvereinbar, ja unvergleichbar aus
den Aeußerungen des Lebens auf der Erde wäre. Nun haben aber, wie ge'
sagt, alle andern Planeten, die Vesta ausgenommen, Atmosphären. Auf
der Venus beweisen Dämmerungserscheinungen und wolkenartige Flecken das
Vorhandensein einer solchen, auf dem Mars erkennen wir sie an den Dünsten,
die über seinen Meeren aufsteigen, als Wolkenhausen fortschweben und die
großen Schneefelder an den Polen erzeugen, auf dem Jupiter und dem Sa¬
turn bemerken wir zu beiden Seiten des Aequators ähnliche Wolken, die in
ihrer Lagerung weiße Streifen bilden.

Wenn unser Autor von Atmosphären und Wasseransammlungen der
andern Planeten spricht, so meint er damit nicht die Luft und das Wasser
unsrer Erde, er glaubt vielmehr, daß dieselben hiervon wesentlich verschieden
seien, da die meisten unsrer Flüssigkeiten auf dem Uranus und Neptun wegen
der dort herrschenden Kälte zu festen Körpern erstarren, und manche unsrer
festen Körper auf dem Merkur und der Venus durch die diesen Planeten
eigenthümliche große Wärmemenge flüssig werden und verdampfen würden-


Sodann ist die Erde auch darin kein vornehmeres Gestirn, daß sie einen
Mond besitzt; denn gewisse Planeten sind von mehrern Monden begleitet,
die in wirksamerer Weise als der unsere ihre Nächte erhellen, ihre
meteorologischen Verhältnisse beeinflussen und sich sonstwie dienstbar er¬
weisen.

Ferner zeigen alle andern Planeten, die kleine Vesta ausgenommen, daß
sie eine Atmosphäre wie die Erde haben. Unsre atmosphärische Luft, aus
79 Theilen Stickstoff und 21 Theilen Sauerstoff bestehend, ist das erste und
unentbehrlichste Nahrungsmittel des Lebens für die Thiere und den Menschen
wie für die Pflanzen. Sie vermittelt die durch die Sinne bewirkte Wahr¬
nehmung der Außenwelt, Die Erde ohne Atmosphäre würde eine lautlose,
schweigende Welt sein, sie würde nur blendenden Sonnenschein und dicht da¬
neben rabenschwarze Nacht, keine Farben, keine Morgenröthe, keine Himmels¬
bläue kennen. Die Atmosphäre umschließt unsern Erdball wie ein Treibhaus,
ohne sie würden Licht und Wärme der Sonne in den Himmelsraum zurück¬
kehren, und die Erde würde eine todte Eiswüste werden wie die Gipfel und
Kämme des Himalaya und der Anden. Das Wasser endlich bildet den Haupt¬
bestandtheil aller im Haushalt der Erde wirksamen Flüssigkeiten, ohne das¬
selbe würden weder im Thier- noch im Pflanzenreiche organische Bildungen
und Umwandlungen stattfinden können. Die Existenz einer Atmosphäre ist
aber nothwendige Bedingung für die des Wassers, da jede Wasseransammlung
zu ihrem Entstehen und Bestand irgend einen atmosphärischen Druck verlangt.
Weltkörper ohne Atmosphäre würden wasserlos sein, und wäre das Leben
auf ihrer Oberfläche zum Vorschein gekommen, so könnte es nur in einer Ge¬
stalt entstanden sein und fortbestehen, die unvereinbar, ja unvergleichbar aus
den Aeußerungen des Lebens auf der Erde wäre. Nun haben aber, wie ge'
sagt, alle andern Planeten, die Vesta ausgenommen, Atmosphären. Auf
der Venus beweisen Dämmerungserscheinungen und wolkenartige Flecken das
Vorhandensein einer solchen, auf dem Mars erkennen wir sie an den Dünsten,
die über seinen Meeren aufsteigen, als Wolkenhausen fortschweben und die
großen Schneefelder an den Polen erzeugen, auf dem Jupiter und dem Sa¬
turn bemerken wir zu beiden Seiten des Aequators ähnliche Wolken, die in
ihrer Lagerung weiße Streifen bilden.

Wenn unser Autor von Atmosphären und Wasseransammlungen der
andern Planeten spricht, so meint er damit nicht die Luft und das Wasser
unsrer Erde, er glaubt vielmehr, daß dieselben hiervon wesentlich verschieden
seien, da die meisten unsrer Flüssigkeiten auf dem Uranus und Neptun wegen
der dort herrschenden Kälte zu festen Körpern erstarren, und manche unsrer
festen Körper auf dem Merkur und der Venus durch die diesen Planeten
eigenthümliche große Wärmemenge flüssig werden und verdampfen würden-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/334>, abgerufen am 22.07.2024.