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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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amerikanischer Parteien gefehlt habe; es wirkte auch wie ein gewaltiger
Dämpfer auf das hohle, wilde Geschrei der Jnflationsdemagogen von Ohio,
rief die Vernünftigeren der dortigen Demokraten zur Besonnenheit zurück und
trug in rascher Linie zu der schweren, aber wohlverdienten und hoffentlich heil¬
samen Niederlage der für Vermehrung des Papiergeldes schwärmenden Partei
der Herren Allen, Hendricks u. s. w. bei. Auch ist es nicht unwahrscheinlich,
daß die Grundsätze der mitgetheilten New-Uorker Platform den Grundton der
im nächsten Jahre aufzustellenden demokratischen Nationalplatform bilden
werden, und daß, wenn mit ihr ein Mann wie Samuel I. Tilden zum Prä-
sidentschaftscandidaten nominirt wird, die so reformirte demokratische Partei
in der Nationalwahl, siegt.

Neben der Platform der Demokratie von New-Uork war es nun noch
Karl S'churz, welcher in der Oktoberwahl von Ohio den verderblichen Ueber¬
muth der demokratischen Jnflationspartei zu Fall brachte. Die in diesem
Staate nicht besonders beliebte Partei der alten Republikaner wäre sicherlich
allein nicht im Stande gewesen, dem durch blendende Versprechungen stets
anschwellenden Strom der Jnflationsdemokratie einen schützenden Damm ent¬
gegenzuwerfen; sie bedürfte dazu einer frischeren, unverdorbeneren Kraft, als
sie in ihren eigenen, von der Corruption so stark zerfressenen Reihen zu finden
vermochte.

Wenige Stunden, so meldet die "New-Uork Tribüne", nachdem Schurz,
von seiner Reise nach Europa zurückkehrend, in New-Uork gelandet war, er¬
hielt er von dem Vorsitzenden des republikanischen Wahlcomites in Ohio
eine Einladung, die ihn dringend bat, möglichst schnell dorthin zu eilen und
der republikanischen Partei seinen Beistand zu leihen. Und Schurz nahm
sofort diese Einladung an. Ein gewöhnlicher Mensch hätte vielleicht an
Schurz' Stelle anders gehandelt. Es ist nämlich keine lange Zeit verflossen,
da stießen dieselben Republikaner, die jetzt um seine Hülse flehten, Herrn
Schurz aus den Reihen ihrer Partei aus. Und weshalb? Aus keinem andern
Grunde, als weil er nicht, wie die Morton, die Conkling, die Butler, die
Carpenter, die Logan und das ganze übrige Heer herrschsüchtiger und beute¬
gieriger Politiker, ein blinder und unbedingter Anhänger der Grant-Ad¬
ministration war, sondern mit Männern, wie Charles Summer und Lyman
Trumbull, den Muth einer eigenen, ehrlichen Meiriung besaß, das Wohl des
Landes über das der Partei stellte und die Corruption bekämpfte, wo immer
er sie fand. Keiner der genannten Herrn besaß das Ansehen und die Macht,
mit Erfolg den inflationswüthigen Schaaren der Ohio-Demokratie entgegen¬
zutreten. Die bedrängten Republikaner von Ohio sahen sich gezwungen, zu
dem ebenso gefürchteten, wie geachteten Adoptivbürger ihre Zuflucht zu nehmen;
denn die ganze Administrationspartei hatte keinen Staatsmqnn und Redner


amerikanischer Parteien gefehlt habe; es wirkte auch wie ein gewaltiger
Dämpfer auf das hohle, wilde Geschrei der Jnflationsdemagogen von Ohio,
rief die Vernünftigeren der dortigen Demokraten zur Besonnenheit zurück und
trug in rascher Linie zu der schweren, aber wohlverdienten und hoffentlich heil¬
samen Niederlage der für Vermehrung des Papiergeldes schwärmenden Partei
der Herren Allen, Hendricks u. s. w. bei. Auch ist es nicht unwahrscheinlich,
daß die Grundsätze der mitgetheilten New-Uorker Platform den Grundton der
im nächsten Jahre aufzustellenden demokratischen Nationalplatform bilden
werden, und daß, wenn mit ihr ein Mann wie Samuel I. Tilden zum Prä-
sidentschaftscandidaten nominirt wird, die so reformirte demokratische Partei
in der Nationalwahl, siegt.

Neben der Platform der Demokratie von New-Uork war es nun noch
Karl S'churz, welcher in der Oktoberwahl von Ohio den verderblichen Ueber¬
muth der demokratischen Jnflationspartei zu Fall brachte. Die in diesem
Staate nicht besonders beliebte Partei der alten Republikaner wäre sicherlich
allein nicht im Stande gewesen, dem durch blendende Versprechungen stets
anschwellenden Strom der Jnflationsdemokratie einen schützenden Damm ent¬
gegenzuwerfen; sie bedürfte dazu einer frischeren, unverdorbeneren Kraft, als
sie in ihren eigenen, von der Corruption so stark zerfressenen Reihen zu finden
vermochte.

Wenige Stunden, so meldet die „New-Uork Tribüne", nachdem Schurz,
von seiner Reise nach Europa zurückkehrend, in New-Uork gelandet war, er¬
hielt er von dem Vorsitzenden des republikanischen Wahlcomites in Ohio
eine Einladung, die ihn dringend bat, möglichst schnell dorthin zu eilen und
der republikanischen Partei seinen Beistand zu leihen. Und Schurz nahm
sofort diese Einladung an. Ein gewöhnlicher Mensch hätte vielleicht an
Schurz' Stelle anders gehandelt. Es ist nämlich keine lange Zeit verflossen,
da stießen dieselben Republikaner, die jetzt um seine Hülse flehten, Herrn
Schurz aus den Reihen ihrer Partei aus. Und weshalb? Aus keinem andern
Grunde, als weil er nicht, wie die Morton, die Conkling, die Butler, die
Carpenter, die Logan und das ganze übrige Heer herrschsüchtiger und beute¬
gieriger Politiker, ein blinder und unbedingter Anhänger der Grant-Ad¬
ministration war, sondern mit Männern, wie Charles Summer und Lyman
Trumbull, den Muth einer eigenen, ehrlichen Meiriung besaß, das Wohl des
Landes über das der Partei stellte und die Corruption bekämpfte, wo immer
er sie fand. Keiner der genannten Herrn besaß das Ansehen und die Macht,
mit Erfolg den inflationswüthigen Schaaren der Ohio-Demokratie entgegen¬
zutreten. Die bedrängten Republikaner von Ohio sahen sich gezwungen, zu
dem ebenso gefürchteten, wie geachteten Adoptivbürger ihre Zuflucht zu nehmen;
denn die ganze Administrationspartei hatte keinen Staatsmqnn und Redner


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/180>, abgerufen am 22.07.2024.