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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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einhellig, daß diese Ordnung nach Inhalt dieses Briefes nun fürder gehalten
soll werden (folgen die Bestimmungen).

Schon in der oben angeführten Urkunde von 1480 findet sich folgender
Zusatzartikel: Wäre es daß etlicher Artikel in dieser Ordnung zu schwer und
zu hart, oder ettliche zu leicht und milde wären, so mögen die, die in dieser
Ordnung sind mit dem mehrentheil solcher Artikel milden, mindern oder
mehren je nach der Zeit und des Landes Nothdurft und nach
Läufen.."

Hieraus erklären sich also die vielerlei Abweichungen in den einzelnen
Statuten. Die festgestellten Ordnungen wurden dann von dem Kaiser be
stätige. So die von 1459 und 1462 von Friedrich, die von 1498 von
Maximilian, die von 1563 von Ferdin and l. u. s. w.

Wenn wir jetzt versuchen ein Bild dieser Ordnungen zu skizziren, so
kommt es uns, da wir nicht diplomatische Geschichte schreiben, sondern Cultur¬
bilder zeichnen, nicht darauf an die Bestimmungen der einzelnen nahe bei
einanderliegenden Statuten zu sondern, vielmehr das hervorzuheben, was für
die Organisation und Kunstübung bezeichnend ist. So soll also in den
Rahmen der allgemeineren Bestimmungen, wie sie die größeren Kapitel fest¬
stellten, Details und gewohnheitsmäßige Ueberlieferungen, welch in kleineren
Bezirkshütten vereinbart wurden, eingefügt werden.

Die Organisation der Localhütten und ihre Beziehungen zur Haupt¬
hütte ist eine überaus einfache. An der Spitze der Haupthütte steht der Bau-
Meister des Vorortes, also zu Straßburg zur Zeit des Kapitels von Regens¬
burg der Werkmeister Jost Dotzinger von Worms, zu Wien Meister
Lorenz Spenning u. s. w. Die drei Hauptmeister von Straßburg, Wien
Und Köln -- denn Basel oder Zürich scheint nur in mittelbarem Zusammen¬
hang gestanden zu haben -- sind die obersten Richter und Hauptleute der
Ordnung, die soll man nicht entsetzen ohne redliche Ursache, wie auf dem Tage
zu Regensburg 69 und zu Speier 63 erkannt worden ist. Innerhalb des
großen Provinzialkreises scheinen sich Bezirke gebildet zu haben von Gegenden,
die unter einander in näherem Verkehr standen. So giebt es die Speeial-
Urkunde, eine Versammlung der Meister von Magdeburg, Halber se abd,
Hildesheim, Mühlberg, Merseburg. Meißen, dem Vogitlande,
Thüringen und dem Harzlande -- alles Gegenden die zur Stra߬
burger Hütte gehörten, die aber räumlich zu weit entfernt waren, um nicht
einer engeren Verbindung unter sich zu bedürfen.

Eine Localhütte entstand nun überall da, wo ein Meister sich etablirte,
der Gesellen beschäftigte, vorausgesetzt natürlich, daß beide Meister und Ge¬
sellen zu dem Bunde gehörten. Doch gab es einen Unterschied zwischen
dauernd fundirten und vorübergehend eingerichteten Hütten. Nur die ersteren


einhellig, daß diese Ordnung nach Inhalt dieses Briefes nun fürder gehalten
soll werden (folgen die Bestimmungen).

Schon in der oben angeführten Urkunde von 1480 findet sich folgender
Zusatzartikel: Wäre es daß etlicher Artikel in dieser Ordnung zu schwer und
zu hart, oder ettliche zu leicht und milde wären, so mögen die, die in dieser
Ordnung sind mit dem mehrentheil solcher Artikel milden, mindern oder
mehren je nach der Zeit und des Landes Nothdurft und nach
Läufen.."

Hieraus erklären sich also die vielerlei Abweichungen in den einzelnen
Statuten. Die festgestellten Ordnungen wurden dann von dem Kaiser be
stätige. So die von 1459 und 1462 von Friedrich, die von 1498 von
Maximilian, die von 1563 von Ferdin and l. u. s. w.

Wenn wir jetzt versuchen ein Bild dieser Ordnungen zu skizziren, so
kommt es uns, da wir nicht diplomatische Geschichte schreiben, sondern Cultur¬
bilder zeichnen, nicht darauf an die Bestimmungen der einzelnen nahe bei
einanderliegenden Statuten zu sondern, vielmehr das hervorzuheben, was für
die Organisation und Kunstübung bezeichnend ist. So soll also in den
Rahmen der allgemeineren Bestimmungen, wie sie die größeren Kapitel fest¬
stellten, Details und gewohnheitsmäßige Ueberlieferungen, welch in kleineren
Bezirkshütten vereinbart wurden, eingefügt werden.

Die Organisation der Localhütten und ihre Beziehungen zur Haupt¬
hütte ist eine überaus einfache. An der Spitze der Haupthütte steht der Bau-
Meister des Vorortes, also zu Straßburg zur Zeit des Kapitels von Regens¬
burg der Werkmeister Jost Dotzinger von Worms, zu Wien Meister
Lorenz Spenning u. s. w. Die drei Hauptmeister von Straßburg, Wien
Und Köln — denn Basel oder Zürich scheint nur in mittelbarem Zusammen¬
hang gestanden zu haben — sind die obersten Richter und Hauptleute der
Ordnung, die soll man nicht entsetzen ohne redliche Ursache, wie auf dem Tage
zu Regensburg 69 und zu Speier 63 erkannt worden ist. Innerhalb des
großen Provinzialkreises scheinen sich Bezirke gebildet zu haben von Gegenden,
die unter einander in näherem Verkehr standen. So giebt es die Speeial-
Urkunde, eine Versammlung der Meister von Magdeburg, Halber se abd,
Hildesheim, Mühlberg, Merseburg. Meißen, dem Vogitlande,
Thüringen und dem Harzlande — alles Gegenden die zur Stra߬
burger Hütte gehörten, die aber räumlich zu weit entfernt waren, um nicht
einer engeren Verbindung unter sich zu bedürfen.

Eine Localhütte entstand nun überall da, wo ein Meister sich etablirte,
der Gesellen beschäftigte, vorausgesetzt natürlich, daß beide Meister und Ge¬
sellen zu dem Bunde gehörten. Doch gab es einen Unterschied zwischen
dauernd fundirten und vorübergehend eingerichteten Hütten. Nur die ersteren


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/151>, abgerufen am 03.07.2024.