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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band.

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Verleger gehört, ein kulturhistorisches Werk, noch dazu ein solches, wie das
obige, das nicht für ein größeres Publikum geschrieben ist, binnen Kurzem
zwei Auflagen erlebt. Und doch ist dies der Fall bei dem vorliegenden Buche,
welches 1870 zum ersten Mal an das Licht der Oeffentlichkeit- trat und be¬
reits im vorigen Jahr in einer neuen gänzlich umgearbeiteten Ausgabe erschien.

Allerdings ist der Stoff, den das Werk behandelt, ein höchst interessanter,
selbst für weitere Kreise, und wenn der Herr Verfasser sich entschließen könnte,
seinen zahlreichen Citaten aus lateinischen und griechischen Schriftstellern überall
die Uebersetzungen beizufügen, wie er es in dieser Auflage schon bei den meisten
griechischen Stellen gethan, so würde das Buch sicherlich ein äußerst popu¬
läres werden. Denn von allen Denjenigen, die überhaupt Sinn fürs Lesen
und für Belehrung haben, dürste es nur Wenige geben, die nicht zu wissen
wünschten, woher die Pflanzen und die Thiere stammen, die sie fast täglich
UM sich sehen, und wenn auch einige der in Hehn's Werk behandelten Pflanzen,
wie der Oelbaum, der Lorbeer, die Myrte, der Granatapfelbaum, die Dattel¬
palme, der Oleander, die Cypresse, die Pinie, die Platane, der Feigen- und
^ohannisbrodbaum, die Pistazie und die Agrumi nicht heimisch in Deutsch¬
land sind, so trifft man sie doch überall als Zierpflanzen oder in botanischen
Bärten, und Jedermann kennt ihren Namen, zum Theil auch ihre Früchte.

Ebenso sind von allen in diesem Buch vorkommenden Thieren bloß die
Büffel, die schwarzen, schwerfälligen Bewohner der heißen Malaria-Ebenen
Italiens, den Deutschen fremd. Die übrigen, wie die Tauben, Hühner.
Pfauen, Perlhühner, Fasanen, Kaninchen und Katzen, sind nicht minder wohl¬
bekannt, als von den Pflanzen die Rose. Lilie und Mole, die Linsen und
Erbsen, der Hanf und Flachs, der Kümmel, Lauch und Senf, die Kürbisse
und Gurken, die Quitte, Pflaume und Kirsche, die Pfirsich und Aprikose, die
Walruß und Kastanie, die Mandeln und Maulbeeren, der Buchweizen, das
^ohr und der Weinstock. Manche von ihnen haben sich selbst so einge¬
bürgert, daß man sie gar nicht für ausländisch halten würde, wenn nicht
^- Hehn, meist auf das Unwiderleglichste, nachwiese, in welcher Weise und zu
welcher Zeit sie aus ihrem wirklichen Vaterlande nach Europa gebracht
worden sind. Er entwickelt bei diesen Untersuchungen eine Fülle von natur¬
wissenschaftlichen, culturhistorischen, geographischen und linguistischen Kennr-
uissen, welche wahrhaft erstaunenswerth ist, und vereinigt damit zugleich eine
Quellenkunde, wie sie Wenigen zu Gebote steht. Es dürfte wohl kaum in
sämmtlichen Classikern des Alterthums, sowie in den Schriftstellern des Mittel-
"lters und der neueren Zeit eine auf den Gegenstand bezügliche Stelle geben,
^e nicht von ihm ausgebeutet worden wäre, und wo bestimmte Nachrichten
^hier, weiß er, wie kein Anderer, durch scharssinnige Combinationen und
Schlüsse aus einzelnen Angaben das Mangelnde zu ergänzen. Oft ist ihm


Gvenzbotcn IV. 1876 15

Verleger gehört, ein kulturhistorisches Werk, noch dazu ein solches, wie das
obige, das nicht für ein größeres Publikum geschrieben ist, binnen Kurzem
zwei Auflagen erlebt. Und doch ist dies der Fall bei dem vorliegenden Buche,
welches 1870 zum ersten Mal an das Licht der Oeffentlichkeit- trat und be¬
reits im vorigen Jahr in einer neuen gänzlich umgearbeiteten Ausgabe erschien.

Allerdings ist der Stoff, den das Werk behandelt, ein höchst interessanter,
selbst für weitere Kreise, und wenn der Herr Verfasser sich entschließen könnte,
seinen zahlreichen Citaten aus lateinischen und griechischen Schriftstellern überall
die Uebersetzungen beizufügen, wie er es in dieser Auflage schon bei den meisten
griechischen Stellen gethan, so würde das Buch sicherlich ein äußerst popu¬
läres werden. Denn von allen Denjenigen, die überhaupt Sinn fürs Lesen
und für Belehrung haben, dürste es nur Wenige geben, die nicht zu wissen
wünschten, woher die Pflanzen und die Thiere stammen, die sie fast täglich
UM sich sehen, und wenn auch einige der in Hehn's Werk behandelten Pflanzen,
wie der Oelbaum, der Lorbeer, die Myrte, der Granatapfelbaum, die Dattel¬
palme, der Oleander, die Cypresse, die Pinie, die Platane, der Feigen- und
^ohannisbrodbaum, die Pistazie und die Agrumi nicht heimisch in Deutsch¬
land sind, so trifft man sie doch überall als Zierpflanzen oder in botanischen
Bärten, und Jedermann kennt ihren Namen, zum Theil auch ihre Früchte.

Ebenso sind von allen in diesem Buch vorkommenden Thieren bloß die
Büffel, die schwarzen, schwerfälligen Bewohner der heißen Malaria-Ebenen
Italiens, den Deutschen fremd. Die übrigen, wie die Tauben, Hühner.
Pfauen, Perlhühner, Fasanen, Kaninchen und Katzen, sind nicht minder wohl¬
bekannt, als von den Pflanzen die Rose. Lilie und Mole, die Linsen und
Erbsen, der Hanf und Flachs, der Kümmel, Lauch und Senf, die Kürbisse
und Gurken, die Quitte, Pflaume und Kirsche, die Pfirsich und Aprikose, die
Walruß und Kastanie, die Mandeln und Maulbeeren, der Buchweizen, das
^ohr und der Weinstock. Manche von ihnen haben sich selbst so einge¬
bürgert, daß man sie gar nicht für ausländisch halten würde, wenn nicht
^- Hehn, meist auf das Unwiderleglichste, nachwiese, in welcher Weise und zu
welcher Zeit sie aus ihrem wirklichen Vaterlande nach Europa gebracht
worden sind. Er entwickelt bei diesen Untersuchungen eine Fülle von natur¬
wissenschaftlichen, culturhistorischen, geographischen und linguistischen Kennr-
uissen, welche wahrhaft erstaunenswerth ist, und vereinigt damit zugleich eine
Quellenkunde, wie sie Wenigen zu Gebote steht. Es dürfte wohl kaum in
sämmtlichen Classikern des Alterthums, sowie in den Schriftstellern des Mittel-
"lters und der neueren Zeit eine auf den Gegenstand bezügliche Stelle geben,
^e nicht von ihm ausgebeutet worden wäre, und wo bestimmte Nachrichten
^hier, weiß er, wie kein Anderer, durch scharssinnige Combinationen und
Schlüsse aus einzelnen Angaben das Mangelnde zu ergänzen. Oft ist ihm


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[0117] Verleger gehört, ein kulturhistorisches Werk, noch dazu ein solches, wie das obige, das nicht für ein größeres Publikum geschrieben ist, binnen Kurzem zwei Auflagen erlebt. Und doch ist dies der Fall bei dem vorliegenden Buche, welches 1870 zum ersten Mal an das Licht der Oeffentlichkeit- trat und be¬ reits im vorigen Jahr in einer neuen gänzlich umgearbeiteten Ausgabe erschien. Allerdings ist der Stoff, den das Werk behandelt, ein höchst interessanter, selbst für weitere Kreise, und wenn der Herr Verfasser sich entschließen könnte, seinen zahlreichen Citaten aus lateinischen und griechischen Schriftstellern überall die Uebersetzungen beizufügen, wie er es in dieser Auflage schon bei den meisten griechischen Stellen gethan, so würde das Buch sicherlich ein äußerst popu¬ läres werden. Denn von allen Denjenigen, die überhaupt Sinn fürs Lesen und für Belehrung haben, dürste es nur Wenige geben, die nicht zu wissen wünschten, woher die Pflanzen und die Thiere stammen, die sie fast täglich UM sich sehen, und wenn auch einige der in Hehn's Werk behandelten Pflanzen, wie der Oelbaum, der Lorbeer, die Myrte, der Granatapfelbaum, die Dattel¬ palme, der Oleander, die Cypresse, die Pinie, die Platane, der Feigen- und ^ohannisbrodbaum, die Pistazie und die Agrumi nicht heimisch in Deutsch¬ land sind, so trifft man sie doch überall als Zierpflanzen oder in botanischen Bärten, und Jedermann kennt ihren Namen, zum Theil auch ihre Früchte. Ebenso sind von allen in diesem Buch vorkommenden Thieren bloß die Büffel, die schwarzen, schwerfälligen Bewohner der heißen Malaria-Ebenen Italiens, den Deutschen fremd. Die übrigen, wie die Tauben, Hühner. Pfauen, Perlhühner, Fasanen, Kaninchen und Katzen, sind nicht minder wohl¬ bekannt, als von den Pflanzen die Rose. Lilie und Mole, die Linsen und Erbsen, der Hanf und Flachs, der Kümmel, Lauch und Senf, die Kürbisse und Gurken, die Quitte, Pflaume und Kirsche, die Pfirsich und Aprikose, die Walruß und Kastanie, die Mandeln und Maulbeeren, der Buchweizen, das ^ohr und der Weinstock. Manche von ihnen haben sich selbst so einge¬ bürgert, daß man sie gar nicht für ausländisch halten würde, wenn nicht ^- Hehn, meist auf das Unwiderleglichste, nachwiese, in welcher Weise und zu welcher Zeit sie aus ihrem wirklichen Vaterlande nach Europa gebracht worden sind. Er entwickelt bei diesen Untersuchungen eine Fülle von natur¬ wissenschaftlichen, culturhistorischen, geographischen und linguistischen Kennr- uissen, welche wahrhaft erstaunenswerth ist, und vereinigt damit zugleich eine Quellenkunde, wie sie Wenigen zu Gebote steht. Es dürfte wohl kaum in sämmtlichen Classikern des Alterthums, sowie in den Schriftstellern des Mittel- "lters und der neueren Zeit eine auf den Gegenstand bezügliche Stelle geben, ^e nicht von ihm ausgebeutet worden wäre, und wo bestimmte Nachrichten ^hier, weiß er, wie kein Anderer, durch scharssinnige Combinationen und Schlüsse aus einzelnen Angaben das Mangelnde zu ergänzen. Oft ist ihm Gvenzbotcn IV. 1876 15

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148596/117>, abgerufen am 24.08.2024.