Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.tviß in früherer Zeit bald von der einen, bald von der anderen Partei in Das ist die Auffassung, die sich aus dem Studium der gleichzeitigen In meiner früheren kurzen Ausführung habe ich mich begnügt, auf den ") Acht Tage nach dem Erscheinen meines Artikels hat in der Zeitschrift- "Im neuen
Reich" (No. IN v. 7. Man> K. Reichard unabhängig von meinen Erörterungen eine ein¬ gehende und sachkundige Besprechung der Denkwürdigkeiten geliefert, welche im Wesentlichen über Charakter und Glaubwürdigkeit derselbe" zu denselben Schlüssen hinführt. Und wenn unsere Auffassungen um eine Nuance vielleicht differiren. so kommt Schön's Persönlichkeit dort viel übler weg als in meinem Aufsätze. tviß in früherer Zeit bald von der einen, bald von der anderen Partei in Das ist die Auffassung, die sich aus dem Studium der gleichzeitigen In meiner früheren kurzen Ausführung habe ich mich begnügt, auf den ") Acht Tage nach dem Erscheinen meines Artikels hat in der Zeitschrift- „Im neuen
Reich" (No. IN v. 7. Man> K. Reichard unabhängig von meinen Erörterungen eine ein¬ gehende und sachkundige Besprechung der Denkwürdigkeiten geliefert, welche im Wesentlichen über Charakter und Glaubwürdigkeit derselbe» zu denselben Schlüssen hinführt. Und wenn unsere Auffassungen um eine Nuance vielleicht differiren. so kommt Schön's Persönlichkeit dort viel übler weg als in meinem Aufsätze. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0489" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133777"/> <p xml:id="ID_1662" prev="#ID_1661"> tviß in früherer Zeit bald von der einen, bald von der anderen Partei in<lb/> Anspruch genommen worden; zeitweise gab man ihn für einen Jacobiner aus,<lb/> zeitweise bemühten die Conservativen sich ihn zu ihrem Parteimanne zu stem¬<lb/> peln. Zwischen diesen Einseitigkeiten hindurch geht der Weg objectiver ge¬<lb/> schichtlicher Würdigung. Heute ist wohl kein Zweifel daran, daß Stein, im<lb/> Großen und Ganzen angesehen, den politischen Mittelparteien zuzurechnen ist,<lb/> er der gewaltige Bahnbrecher für einen auf ächt historischer Basis ruhenden<lb/> Liberalismus. Wir haben Stein als den geistigen Vater der Reformgesetze,<lb/> den leitenden Führer bei der Neugestaltung unseres Vaterlandes seit 1807<lb/> anzusehen ein aktenmäßig begründetes Recht erlangt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1663"> Das ist die Auffassung, die sich aus dem Studium der gleichzeitigen<lb/> Papiere und der ächten Ueberlieferung ergiebt. Das ist aber auch die Auf¬<lb/> fassung, welche in den Denkwürdigkeiten Schön's bestritten, als eine unrich¬<lb/> tige mit großer Bestimmtheit und Lebhaftigkeit dargestellt wird. Diesen Ver¬<lb/> such des alten Schön, Steins Heldenbild anzuschwärzen und an seine Stelle<lb/> einen anderen Nationalhelden einzuführen, — ihn habe ich in meiner kurzen<lb/> Abhandlung zurückgewiesen. Ich habe Stein gegen Schön vertheidigt; ich<lb/> habe die allgemein anerkannte Auffassung gegen eine neue Version zu schützen<lb/> unternommen. Wenn Schön mit seinen Behauptungen Recht gegen Stein<lb/> behielte, so würde es ein nicht zu entschuldigender und nicht zu rechtfertigen¬<lb/> der Mißgriff unserer Nation sein, in Berlin ein Nationaldenkmal für Stein<lb/> zu errichten, — ein Monument für Schön wäre dann weit mehr am Platze.</p><lb/> <p xml:id="ID_1664"> In meiner früheren kurzen Ausführung habe ich mich begnügt, auf den<lb/> durchgehenden Charakterzug. d. h. auf die Tendenz in der Darstellung<lb/> Schön's hinzuweisen; ich habe zur Erläuterung oder Veranschaulichung der¬<lb/> selben ein paar Punkte herausgegriffen, und den betreffenden Behauptungen<lb/> Schön's, — nicht Stein, sondern ihm gebühre das Verdienst der Reformma߬<lb/> regeln, — nur ganz kurze mehr andeutende als erschöpfende Bezeichnungen<lb/> derjenigen Momente hinzugefügt, aus welchen für den Kenner der damaligen<lb/> Geschichte die Unrichtigkeit des Schön'schen Berichtes zu folgern ist. Absicht¬<lb/> lich ist jede sachliche Ausführung dabei vermieden. Und auch jetzt noch<lb/> ist es nicht meine Absicht in eine Geschichtserzählung der sog. Stein'schen<lb/> Reformgesetzgebung einzutreten, wohl aber bin ich zu einigen meine früheren<lb/> Behauptungen erläuternden und, wie ich hoffe, beweisenden Zusätzen<lb/> verpflichtet.*)</p><lb/> <note xml:id="FID_98" place="foot"> ") Acht Tage nach dem Erscheinen meines Artikels hat in der Zeitschrift- „Im neuen<lb/> Reich" (No. IN v. 7. Man> K. Reichard unabhängig von meinen Erörterungen eine ein¬<lb/> gehende und sachkundige Besprechung der Denkwürdigkeiten geliefert, welche im Wesentlichen<lb/> über Charakter und Glaubwürdigkeit derselbe» zu denselben Schlüssen hinführt. Und wenn<lb/> unsere Auffassungen um eine Nuance vielleicht differiren. so kommt Schön's Persönlichkeit dort<lb/> viel übler weg als in meinem Aufsätze.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0489]
tviß in früherer Zeit bald von der einen, bald von der anderen Partei in
Anspruch genommen worden; zeitweise gab man ihn für einen Jacobiner aus,
zeitweise bemühten die Conservativen sich ihn zu ihrem Parteimanne zu stem¬
peln. Zwischen diesen Einseitigkeiten hindurch geht der Weg objectiver ge¬
schichtlicher Würdigung. Heute ist wohl kein Zweifel daran, daß Stein, im
Großen und Ganzen angesehen, den politischen Mittelparteien zuzurechnen ist,
er der gewaltige Bahnbrecher für einen auf ächt historischer Basis ruhenden
Liberalismus. Wir haben Stein als den geistigen Vater der Reformgesetze,
den leitenden Führer bei der Neugestaltung unseres Vaterlandes seit 1807
anzusehen ein aktenmäßig begründetes Recht erlangt.
Das ist die Auffassung, die sich aus dem Studium der gleichzeitigen
Papiere und der ächten Ueberlieferung ergiebt. Das ist aber auch die Auf¬
fassung, welche in den Denkwürdigkeiten Schön's bestritten, als eine unrich¬
tige mit großer Bestimmtheit und Lebhaftigkeit dargestellt wird. Diesen Ver¬
such des alten Schön, Steins Heldenbild anzuschwärzen und an seine Stelle
einen anderen Nationalhelden einzuführen, — ihn habe ich in meiner kurzen
Abhandlung zurückgewiesen. Ich habe Stein gegen Schön vertheidigt; ich
habe die allgemein anerkannte Auffassung gegen eine neue Version zu schützen
unternommen. Wenn Schön mit seinen Behauptungen Recht gegen Stein
behielte, so würde es ein nicht zu entschuldigender und nicht zu rechtfertigen¬
der Mißgriff unserer Nation sein, in Berlin ein Nationaldenkmal für Stein
zu errichten, — ein Monument für Schön wäre dann weit mehr am Platze.
In meiner früheren kurzen Ausführung habe ich mich begnügt, auf den
durchgehenden Charakterzug. d. h. auf die Tendenz in der Darstellung
Schön's hinzuweisen; ich habe zur Erläuterung oder Veranschaulichung der¬
selben ein paar Punkte herausgegriffen, und den betreffenden Behauptungen
Schön's, — nicht Stein, sondern ihm gebühre das Verdienst der Reformma߬
regeln, — nur ganz kurze mehr andeutende als erschöpfende Bezeichnungen
derjenigen Momente hinzugefügt, aus welchen für den Kenner der damaligen
Geschichte die Unrichtigkeit des Schön'schen Berichtes zu folgern ist. Absicht¬
lich ist jede sachliche Ausführung dabei vermieden. Und auch jetzt noch
ist es nicht meine Absicht in eine Geschichtserzählung der sog. Stein'schen
Reformgesetzgebung einzutreten, wohl aber bin ich zu einigen meine früheren
Behauptungen erläuternden und, wie ich hoffe, beweisenden Zusätzen
verpflichtet.*)
") Acht Tage nach dem Erscheinen meines Artikels hat in der Zeitschrift- „Im neuen
Reich" (No. IN v. 7. Man> K. Reichard unabhängig von meinen Erörterungen eine ein¬
gehende und sachkundige Besprechung der Denkwürdigkeiten geliefert, welche im Wesentlichen
über Charakter und Glaubwürdigkeit derselbe» zu denselben Schlüssen hinführt. Und wenn
unsere Auffassungen um eine Nuance vielleicht differiren. so kommt Schön's Persönlichkeit dort
viel übler weg als in meinem Aufsätze.
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