Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.Regierungsseite die Absicht gehabt, die Austheilung solcher Gelder auf Do¬ Wir behaupten nicht, daß nach Bewilligung dieser Position nun auch Wenn überhaupt im Ministerium der Plan vorliegen sollte, ^in wesent¬ *) Nur zu begründet ist es, was der fortschrittliche Abgeordnete or. Virchow -- in
politischen Dingen-meistens unser Gegner-- am !>. März im Abgeordnetenhaus gesagt: ,,Es be¬ steht -- und ich mochte das gerade dem jetzigen Herrn Minister gegenüber aussprechen -- in den gelehrten Körpern des Landes die Auffassung, daß in Beziehung auf Organisations¬ verhältnisse die liberalen Minister gefährlicher seien als die reaktionären, sofern nämlich als die reaktionären Minister mit ungleich mehr Behutsamkeit und Borsicht ihre Maßregeln unternahmen, während die liberale", gestützt auf die gute Meinung des Volkes und der Landesvertretung, viel frischer, viel gewaltsamer und zuweilen auch auch viel akuter Regierungsseite die Absicht gehabt, die Austheilung solcher Gelder auf Do¬ Wir behaupten nicht, daß nach Bewilligung dieser Position nun auch Wenn überhaupt im Ministerium der Plan vorliegen sollte, ^in wesent¬ *) Nur zu begründet ist es, was der fortschrittliche Abgeordnete or. Virchow — in
politischen Dingen-meistens unser Gegner— am !>. März im Abgeordnetenhaus gesagt: ,,Es be¬ steht — und ich mochte das gerade dem jetzigen Herrn Minister gegenüber aussprechen — in den gelehrten Körpern des Landes die Auffassung, daß in Beziehung auf Organisations¬ verhältnisse die liberalen Minister gefährlicher seien als die reaktionären, sofern nämlich als die reaktionären Minister mit ungleich mehr Behutsamkeit und Borsicht ihre Maßregeln unternahmen, während die liberale», gestützt auf die gute Meinung des Volkes und der Landesvertretung, viel frischer, viel gewaltsamer und zuweilen auch auch viel akuter <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0136" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133424"/> <p xml:id="ID_445" prev="#ID_444"> Regierungsseite die Absicht gehabt, die Austheilung solcher Gelder auf Do¬<lb/> zenten zu beschränken, daß man eine bestimmte Portion auf eine Anzahl von<lb/> Jahren einem bestimmten Dozenten zusichern wollte, das verräth uns den<lb/> Gedanken, besoldete Privatdozenten einzurichten und in das bisherige<lb/> bewährte System des akademischen Lebens gerade an einer der empfindlichsten<lb/> Stelle Bresche zu legen. Das Abgeordnetenhaus war offenbar sich selbst der<lb/> Tragweite dieser Position gar nicht bewußt — bei der Bewilligung derselben<lb/> ist es ganz gelegentlich möglich gemacht, eine der fundamentalsten<lb/> Umwälzungen des Universitätswesens von oben her einzuführen. Das<lb/> Amendement Mommsen, das zur Annahme kam, hat wenigstens diese Gefahr<lb/> verringert, indem es neben den habilitirten Privatdozenten auch andere jüngere<lb/> für die Universitätslaufbahn voraussichtlich geeignete Gelehrte als empfangs¬<lb/> berechtigt hinstellt. Aber es bleibt der Uebelstand, daß jetzt nicht mehr eine<lb/> Unterstützung nach dem Bedürfniß der einzelnen Fälle gezahlt, sondern daß<lb/> eine feste Summe in kleinere Portionen vertheilt, wenigstens in 38 im Ganzen<lb/> etatsmäßig ausgegeben werden soll! Es trennt die neue Einrichtung nur<lb/> ein kleiner Schritt von der Schaffung etatsmäßig dotirter, also bleibender<lb/> Privatdozentenstellen.</p><lb/> <p xml:id="ID_446"> Wir behaupten nicht, daß nach Bewilligung dieser Position nun auch<lb/> sofort der bedenkliche revolutionäre Schlag gegen die Universitäten fallen<lb/> müsse, — nein es ist für die Ausführung dem Minister noch so viel Spiel¬<lb/> raum gelassen, daß er sehr wohl im erweiterten Rahmen nach bisheriger<lb/> Weise Unterstützungen an bedürftige und verdiente junge Gelehrte, vornämlich<lb/> Privatdozenten, auch fernerhin zu zahlen fortfahren kann. Aber er kann<lb/> mit ebensoviel Berechtigung jetzt die bestehenden Einrichtungen des Universitäts¬<lb/> lebens durch die Einschiebung besoldeter Dozenten desorganisiren und umge¬<lb/> stalten. Es kommt auf die Behutsamkeit, den Takt, die Besonnenheit an,<lb/> mit welcher der Minister oder sein vortragender Rath von der ihm ertheilten<lb/> Befugniß Gebrauch machen will.</p><lb/> <p xml:id="ID_447" next="#ID_448"> Wenn überhaupt im Ministerium der Plan vorliegen sollte, ^in wesent¬<lb/> lichen Dingen Reformen bei den Universitäten anzubahnen — manches Reform¬<lb/> bedürftige ist auf ihnen vorhanden — dann ist es doch nicht mehr als billig,<lb/> gutachtlich die Universitäten selbst über die beabsichtigten Reformen zu hören*).</p><lb/> <note xml:id="FID_15" place="foot" next="#FID_16"> *) Nur zu begründet ist es, was der fortschrittliche Abgeordnete or. Virchow — in<lb/> politischen Dingen-meistens unser Gegner— am !>. März im Abgeordnetenhaus gesagt: ,,Es be¬<lb/> steht — und ich mochte das gerade dem jetzigen Herrn Minister gegenüber aussprechen — in den<lb/> gelehrten Körpern des Landes die Auffassung, daß in Beziehung auf Organisations¬<lb/> verhältnisse die liberalen Minister gefährlicher seien als die reaktionären,<lb/> sofern nämlich als die reaktionären Minister mit ungleich mehr Behutsamkeit und Borsicht ihre<lb/> Maßregeln unternahmen, während die liberale», gestützt auf die gute Meinung des Volkes<lb/> und der Landesvertretung, viel frischer, viel gewaltsamer und zuweilen auch auch viel akuter</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0136]
Regierungsseite die Absicht gehabt, die Austheilung solcher Gelder auf Do¬
zenten zu beschränken, daß man eine bestimmte Portion auf eine Anzahl von
Jahren einem bestimmten Dozenten zusichern wollte, das verräth uns den
Gedanken, besoldete Privatdozenten einzurichten und in das bisherige
bewährte System des akademischen Lebens gerade an einer der empfindlichsten
Stelle Bresche zu legen. Das Abgeordnetenhaus war offenbar sich selbst der
Tragweite dieser Position gar nicht bewußt — bei der Bewilligung derselben
ist es ganz gelegentlich möglich gemacht, eine der fundamentalsten
Umwälzungen des Universitätswesens von oben her einzuführen. Das
Amendement Mommsen, das zur Annahme kam, hat wenigstens diese Gefahr
verringert, indem es neben den habilitirten Privatdozenten auch andere jüngere
für die Universitätslaufbahn voraussichtlich geeignete Gelehrte als empfangs¬
berechtigt hinstellt. Aber es bleibt der Uebelstand, daß jetzt nicht mehr eine
Unterstützung nach dem Bedürfniß der einzelnen Fälle gezahlt, sondern daß
eine feste Summe in kleinere Portionen vertheilt, wenigstens in 38 im Ganzen
etatsmäßig ausgegeben werden soll! Es trennt die neue Einrichtung nur
ein kleiner Schritt von der Schaffung etatsmäßig dotirter, also bleibender
Privatdozentenstellen.
Wir behaupten nicht, daß nach Bewilligung dieser Position nun auch
sofort der bedenkliche revolutionäre Schlag gegen die Universitäten fallen
müsse, — nein es ist für die Ausführung dem Minister noch so viel Spiel¬
raum gelassen, daß er sehr wohl im erweiterten Rahmen nach bisheriger
Weise Unterstützungen an bedürftige und verdiente junge Gelehrte, vornämlich
Privatdozenten, auch fernerhin zu zahlen fortfahren kann. Aber er kann
mit ebensoviel Berechtigung jetzt die bestehenden Einrichtungen des Universitäts¬
lebens durch die Einschiebung besoldeter Dozenten desorganisiren und umge¬
stalten. Es kommt auf die Behutsamkeit, den Takt, die Besonnenheit an,
mit welcher der Minister oder sein vortragender Rath von der ihm ertheilten
Befugniß Gebrauch machen will.
Wenn überhaupt im Ministerium der Plan vorliegen sollte, ^in wesent¬
lichen Dingen Reformen bei den Universitäten anzubahnen — manches Reform¬
bedürftige ist auf ihnen vorhanden — dann ist es doch nicht mehr als billig,
gutachtlich die Universitäten selbst über die beabsichtigten Reformen zu hören*).
*) Nur zu begründet ist es, was der fortschrittliche Abgeordnete or. Virchow — in
politischen Dingen-meistens unser Gegner— am !>. März im Abgeordnetenhaus gesagt: ,,Es be¬
steht — und ich mochte das gerade dem jetzigen Herrn Minister gegenüber aussprechen — in den
gelehrten Körpern des Landes die Auffassung, daß in Beziehung auf Organisations¬
verhältnisse die liberalen Minister gefährlicher seien als die reaktionären,
sofern nämlich als die reaktionären Minister mit ungleich mehr Behutsamkeit und Borsicht ihre
Maßregeln unternahmen, während die liberale», gestützt auf die gute Meinung des Volkes
und der Landesvertretung, viel frischer, viel gewaltsamer und zuweilen auch auch viel akuter
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |