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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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Das hiernach erfolgende Vorgehn größerer Infanterie-Massen des Garde-
Corps von Se. An auf Se. Privat, wurde nun aber auch sofort der Anlaß
für die Wiederaufnahme des Kampfes seitens des 9. Armee-Corps, und
diese zuerst zu schildern, macht der lokale Zusammenhang der Ereignisse
wünschenswert!).

Als General v. Manstein das erwähnte Vorgehn der Garde-Infanterie
bemerkte, befahl er sofort der dem 9. Corps überwiesenen 3. Garde-Jnsanterie-
Brigade*), welche südöstlich von Habonville in Bereitschaft stand, gegen
Amanvillers vorzustoßen. Zur Deckung der linken Flanke sollten auf dem
Eisenbahndamme drei hessische Bataillone vorrücken.

Die Angriffsrichtung führte auf Mitte und rechten Flügel des 4. fran¬
zösischen Corps, und das zu durchschreitende sanft ansteigende Feld lag im
wirksamsten Feuer dichter Tirailleurschwärme, denen zumal der tiefe Einschnitt
der im Bau begriffenen Eisenbahn gute Deckungen bot. Amanvillers war
bisher von deutscher Artillerie noch nicht beschossen worden.

Die 3. Garde-Infanterie-Brigade ging derart vor, daß die Garde-
schützen durch das Bois de la Cusse schritten. Ihr Ziel waren die Vorhöhen
bei Amanvillers. Dies Dorf selbst war Angriffsgegenstand zweier Bataillone
des Regimentes Kaiser Alexander**), welche südöstlich des Gehölzes anrücken
sollten. Das Regiment Königin Elisabeth hatte vorläufig im Bois de la
Cusse zu verbleiben.

Die Garde-Schützen unter Major v. Fabeck eilten mit wunderbarer
Kühnheit vor. Aber der mörderische Kugelregen war so furchtbar, daß sechs-
bis fünfhundert Schritte vor den französischen Stellungen die Kraft des Vor¬
stoßes erlahmte und das in langer Schützenlinie ausgedehnte Bataillon zu
stehendem Feuergefechte überging. Wie entsetzlich das Feuer war, in dem es
aushielt, beweist am besten der Umstand, daß es seine sämmtlichen Offi¬
ziere verlor und zuletzt ein Fähnrich das Kommando über die noch kampf¬
fähige Mannschaft führte.

In das Gefecht der Garde-Schützen griff auf deren rechtem Flügel das
Füsilier-Bataillon Alexander ein. In gleicher Höhe, doch weiter nach Süden
nistete sich das 2. Bataillon in einer Wiesenmulde ein, da starke Infanterie-
Abtheilungen der Division Grenier weiteres Vorgehn nicht gestatteten. Auch
das Alexander-Regiment erlitt schwere Verluste. Major v. Schön wurde
tödtlich verwundet; die 12. Kompagnie mußte von einem Sergeanten geführt
werden. Dem Brigadekommandeur, Oberst v. Knappstaedt, wurde die Hand
zerschmettert; Oberst v. Zeuner übernahm das Kommando. Er führte, um
die große Lücke zwischen den beiden Truppen des Alexander-Regiments aus-




-) Ebbn. Seite 18.
") Das 1. Bat. befand sich zum Schutz der Artillerie in Habonville.
Grenzboten I. 187S. 12

Das hiernach erfolgende Vorgehn größerer Infanterie-Massen des Garde-
Corps von Se. An auf Se. Privat, wurde nun aber auch sofort der Anlaß
für die Wiederaufnahme des Kampfes seitens des 9. Armee-Corps, und
diese zuerst zu schildern, macht der lokale Zusammenhang der Ereignisse
wünschenswert!).

Als General v. Manstein das erwähnte Vorgehn der Garde-Infanterie
bemerkte, befahl er sofort der dem 9. Corps überwiesenen 3. Garde-Jnsanterie-
Brigade*), welche südöstlich von Habonville in Bereitschaft stand, gegen
Amanvillers vorzustoßen. Zur Deckung der linken Flanke sollten auf dem
Eisenbahndamme drei hessische Bataillone vorrücken.

Die Angriffsrichtung führte auf Mitte und rechten Flügel des 4. fran¬
zösischen Corps, und das zu durchschreitende sanft ansteigende Feld lag im
wirksamsten Feuer dichter Tirailleurschwärme, denen zumal der tiefe Einschnitt
der im Bau begriffenen Eisenbahn gute Deckungen bot. Amanvillers war
bisher von deutscher Artillerie noch nicht beschossen worden.

Die 3. Garde-Infanterie-Brigade ging derart vor, daß die Garde-
schützen durch das Bois de la Cusse schritten. Ihr Ziel waren die Vorhöhen
bei Amanvillers. Dies Dorf selbst war Angriffsgegenstand zweier Bataillone
des Regimentes Kaiser Alexander**), welche südöstlich des Gehölzes anrücken
sollten. Das Regiment Königin Elisabeth hatte vorläufig im Bois de la
Cusse zu verbleiben.

Die Garde-Schützen unter Major v. Fabeck eilten mit wunderbarer
Kühnheit vor. Aber der mörderische Kugelregen war so furchtbar, daß sechs-
bis fünfhundert Schritte vor den französischen Stellungen die Kraft des Vor¬
stoßes erlahmte und das in langer Schützenlinie ausgedehnte Bataillon zu
stehendem Feuergefechte überging. Wie entsetzlich das Feuer war, in dem es
aushielt, beweist am besten der Umstand, daß es seine sämmtlichen Offi¬
ziere verlor und zuletzt ein Fähnrich das Kommando über die noch kampf¬
fähige Mannschaft führte.

In das Gefecht der Garde-Schützen griff auf deren rechtem Flügel das
Füsilier-Bataillon Alexander ein. In gleicher Höhe, doch weiter nach Süden
nistete sich das 2. Bataillon in einer Wiesenmulde ein, da starke Infanterie-
Abtheilungen der Division Grenier weiteres Vorgehn nicht gestatteten. Auch
das Alexander-Regiment erlitt schwere Verluste. Major v. Schön wurde
tödtlich verwundet; die 12. Kompagnie mußte von einem Sergeanten geführt
werden. Dem Brigadekommandeur, Oberst v. Knappstaedt, wurde die Hand
zerschmettert; Oberst v. Zeuner übernahm das Kommando. Er führte, um
die große Lücke zwischen den beiden Truppen des Alexander-Regiments aus-




-) Ebbn. Seite 18.
") Das 1. Bat. befand sich zum Schutz der Artillerie in Habonville.
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[0097] Das hiernach erfolgende Vorgehn größerer Infanterie-Massen des Garde- Corps von Se. An auf Se. Privat, wurde nun aber auch sofort der Anlaß für die Wiederaufnahme des Kampfes seitens des 9. Armee-Corps, und diese zuerst zu schildern, macht der lokale Zusammenhang der Ereignisse wünschenswert!). Als General v. Manstein das erwähnte Vorgehn der Garde-Infanterie bemerkte, befahl er sofort der dem 9. Corps überwiesenen 3. Garde-Jnsanterie- Brigade*), welche südöstlich von Habonville in Bereitschaft stand, gegen Amanvillers vorzustoßen. Zur Deckung der linken Flanke sollten auf dem Eisenbahndamme drei hessische Bataillone vorrücken. Die Angriffsrichtung führte auf Mitte und rechten Flügel des 4. fran¬ zösischen Corps, und das zu durchschreitende sanft ansteigende Feld lag im wirksamsten Feuer dichter Tirailleurschwärme, denen zumal der tiefe Einschnitt der im Bau begriffenen Eisenbahn gute Deckungen bot. Amanvillers war bisher von deutscher Artillerie noch nicht beschossen worden. Die 3. Garde-Infanterie-Brigade ging derart vor, daß die Garde- schützen durch das Bois de la Cusse schritten. Ihr Ziel waren die Vorhöhen bei Amanvillers. Dies Dorf selbst war Angriffsgegenstand zweier Bataillone des Regimentes Kaiser Alexander**), welche südöstlich des Gehölzes anrücken sollten. Das Regiment Königin Elisabeth hatte vorläufig im Bois de la Cusse zu verbleiben. Die Garde-Schützen unter Major v. Fabeck eilten mit wunderbarer Kühnheit vor. Aber der mörderische Kugelregen war so furchtbar, daß sechs- bis fünfhundert Schritte vor den französischen Stellungen die Kraft des Vor¬ stoßes erlahmte und das in langer Schützenlinie ausgedehnte Bataillon zu stehendem Feuergefechte überging. Wie entsetzlich das Feuer war, in dem es aushielt, beweist am besten der Umstand, daß es seine sämmtlichen Offi¬ ziere verlor und zuletzt ein Fähnrich das Kommando über die noch kampf¬ fähige Mannschaft führte. In das Gefecht der Garde-Schützen griff auf deren rechtem Flügel das Füsilier-Bataillon Alexander ein. In gleicher Höhe, doch weiter nach Süden nistete sich das 2. Bataillon in einer Wiesenmulde ein, da starke Infanterie- Abtheilungen der Division Grenier weiteres Vorgehn nicht gestatteten. Auch das Alexander-Regiment erlitt schwere Verluste. Major v. Schön wurde tödtlich verwundet; die 12. Kompagnie mußte von einem Sergeanten geführt werden. Dem Brigadekommandeur, Oberst v. Knappstaedt, wurde die Hand zerschmettert; Oberst v. Zeuner übernahm das Kommando. Er führte, um die große Lücke zwischen den beiden Truppen des Alexander-Regiments aus- -) Ebbn. Seite 18. ") Das 1. Bat. befand sich zum Schutz der Artillerie in Habonville. Grenzboten I. 187S. 12

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/97>, abgerufen am 23.07.2024.