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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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fen es höchstens noch für eine kurze Zeit als Uebergangszustand dulden, daß
die Übertragung einer für das öffentliche Wohl so wichtigen Function, wie
die Verwaltung einer Apotheke es ist. durch einen einzelnen Apotheker oder
dessen Erben an Denjenigen unter mehreren Approbirten geschehe, der dafür
am besten zahlt. Dieser Stellenverkauf ist ja noch weit schlimmer als wenn
ein Staat Aemter (z. B. Officierstellen) verkauft; denn der Staat kann
hierbei den geeignetsten Candidaten wählen, und das Kaufgeld erscheint mehr
nur wie eine Voraus-Besteuerung der Amtseinkünfte. Der Mißbrauch, daß
man eine Apotheke privatim veräußern konnte, war nur erträglich, so lange
alle approbirten Apotheker ungefähr gleich qualificirt und fast nur Fabrik-
arbeiter waren; er hört jetzt auf, erträglich zu sein, nun sich die Möglichkeit
zeigt (s. Bd. III. S. 244, Abs. 3), sie in selbständige Naturforscher zu "er-
wandeln, die, bei aller Zweckmäßigkeit und Strenge der Prüfungen, dennoch
einander nicht mehr gleichwertig sind, -- an denen sogar, wie bei den Aerzten,
das Charakteristischeste was jeder besitzt, die Individualität nämlich, oft im
Examen nur unvollkommen zur Würdigung gelangt und erst später im selb¬
ständigeren wissenschaftlichen Wirken, in der Praxis oder der Schriftstellers,
mehr hervortritt. -- 6. Die Staatsregierungen sind sonach wissenschaftlich
und moralisch genöthigt, dahin zu wirken, daß schon in einer nahen Zu¬
kunft kein anderer Eintritt in die selbständige pharmaceutische Laufbahn mehr
existire als der durch eine nur dem Individuum ertheilte, also unveräußerbare
Concession. Kürzer und noch treffender würde man sagen: durch Berufung.
Behalten wir jedoch, um nicht durch ein neues Wort zu irgend einer irrthüm¬
lichen Auffassung Anlaß zu geben, das im Zusammenhang unschädliche alte
bei. -- L. Da jeder Aufmerksame diese Umwandlung herankommen sieht, so
sind die noch bestehenden Real-Privilegien, auch die bisher den Privilegien
ähnlich behandelten Concessionen, schon jetzt im Werthe einigermaßen ernie¬
drigt. Es kann zwar der Besitzer eines solchen veräußerbaren Monopols,
wenn er Glück hat, noch jetzt beim Verkauf einen etwas höheren Preis er¬
zielen als die (der schwedischen analoge) Ablösung ihn gewährt hätte. Aber
es wird dies schon jetzt selten geschehen und -- indem der Termin des Er¬
löschens aller Monopole herannaht -- mit jedem Jahre seltener, während bei
dem Ablösungsverfahren die Schätzungs-Commission die Aufgabe hat. den
Monopolwerth nicht etwa erniedrigt, sondern voll abzuschätzen, und zwar so,
wie er bei der Anmeldung der Apotheke zum Ablösungsverfahren ist; nur
die natürliche UnVollkommenheit aller Schätzungs-Operationen läßt dabei
ausnahmsweise eine Beeinträchtigung des Monopol-Inhabers befürchten.
-- k. Demnach wird schon das eigene pecuniäre Interesse fast jedem Monopol-
Besitzer rathen, den Sperling in der Hand (die Entscheidung der Schätzungs-


fen es höchstens noch für eine kurze Zeit als Uebergangszustand dulden, daß
die Übertragung einer für das öffentliche Wohl so wichtigen Function, wie
die Verwaltung einer Apotheke es ist. durch einen einzelnen Apotheker oder
dessen Erben an Denjenigen unter mehreren Approbirten geschehe, der dafür
am besten zahlt. Dieser Stellenverkauf ist ja noch weit schlimmer als wenn
ein Staat Aemter (z. B. Officierstellen) verkauft; denn der Staat kann
hierbei den geeignetsten Candidaten wählen, und das Kaufgeld erscheint mehr
nur wie eine Voraus-Besteuerung der Amtseinkünfte. Der Mißbrauch, daß
man eine Apotheke privatim veräußern konnte, war nur erträglich, so lange
alle approbirten Apotheker ungefähr gleich qualificirt und fast nur Fabrik-
arbeiter waren; er hört jetzt auf, erträglich zu sein, nun sich die Möglichkeit
zeigt (s. Bd. III. S. 244, Abs. 3), sie in selbständige Naturforscher zu »er-
wandeln, die, bei aller Zweckmäßigkeit und Strenge der Prüfungen, dennoch
einander nicht mehr gleichwertig sind, — an denen sogar, wie bei den Aerzten,
das Charakteristischeste was jeder besitzt, die Individualität nämlich, oft im
Examen nur unvollkommen zur Würdigung gelangt und erst später im selb¬
ständigeren wissenschaftlichen Wirken, in der Praxis oder der Schriftstellers,
mehr hervortritt. — 6. Die Staatsregierungen sind sonach wissenschaftlich
und moralisch genöthigt, dahin zu wirken, daß schon in einer nahen Zu¬
kunft kein anderer Eintritt in die selbständige pharmaceutische Laufbahn mehr
existire als der durch eine nur dem Individuum ertheilte, also unveräußerbare
Concession. Kürzer und noch treffender würde man sagen: durch Berufung.
Behalten wir jedoch, um nicht durch ein neues Wort zu irgend einer irrthüm¬
lichen Auffassung Anlaß zu geben, das im Zusammenhang unschädliche alte
bei. — L. Da jeder Aufmerksame diese Umwandlung herankommen sieht, so
sind die noch bestehenden Real-Privilegien, auch die bisher den Privilegien
ähnlich behandelten Concessionen, schon jetzt im Werthe einigermaßen ernie¬
drigt. Es kann zwar der Besitzer eines solchen veräußerbaren Monopols,
wenn er Glück hat, noch jetzt beim Verkauf einen etwas höheren Preis er¬
zielen als die (der schwedischen analoge) Ablösung ihn gewährt hätte. Aber
es wird dies schon jetzt selten geschehen und — indem der Termin des Er¬
löschens aller Monopole herannaht — mit jedem Jahre seltener, während bei
dem Ablösungsverfahren die Schätzungs-Commission die Aufgabe hat. den
Monopolwerth nicht etwa erniedrigt, sondern voll abzuschätzen, und zwar so,
wie er bei der Anmeldung der Apotheke zum Ablösungsverfahren ist; nur
die natürliche UnVollkommenheit aller Schätzungs-Operationen läßt dabei
ausnahmsweise eine Beeinträchtigung des Monopol-Inhabers befürchten.
— k. Demnach wird schon das eigene pecuniäre Interesse fast jedem Monopol-
Besitzer rathen, den Sperling in der Hand (die Entscheidung der Schätzungs-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/53>, abgerufen am 23.07.2024.