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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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Deggendorfer Pfarrer Pfahler, befinden sich sogar in seiner allernächsten Nähe.
Ersterer, ein rothes erhitztes Gesicht zeigend, ist der Poltron der Rechten, mit
unangenehmer Stimme bei jeder Gelegenheit seine Tiraden von den ausge-
brochenen "Perlen" der bairischen Krone und dergl. loslassend, rückhaltlos
seine Reichsfeindlichkeit bezeugend. Würdig fecundirt ihm Herr Pfahler, der
niederbairische Bauer im Priesterrock. Man sieht ihm an, wie auch seinem,
weiter aufwärtssitzenden Waffenbruder Xaver Freiherr von Hafenbrädl, daß
in den beiden das Zeug zu rechten Demagogen steckt, wie sie einst in den
flandrischen Städten das Volk bewegt haben, "das arme, gedrückte, in seinen
heiligen Rechten gekränkte Volk" ist der stete Widerhall aller Reden dieser
Herren. An den streitbaren Priester von Deggendorf schließt sich der stattliche
Haufen seiner Amtsgenossen an, dermalen 14 an der Zahl. Sie gehören mit
wenigen Ausnahmen der weniger radikalen Richtung ihrer Partei an, nur
der Passauer Professor Dindorfer, der Dekan Rußwurm und das evtant
terridis. der Ebermannstädter Pfarrer Mähr, treten neben dem schon genann¬
ten Pfahler in die erste Kampflinie ein. Am häusigsten von den drei ge¬
nannten spricht Rußwurm, dem seine dankbaren Wähler nach jeder Land- und
Reichstagsperiode fast eine neue goldene Uhr verehren. Er ist offenbar in die
Nachfolge des obengenannten Greil eingetreten, indem er wenigstens gleich
diesem möglichst retrograde Anschauungen im Staatswesen austrank und zur
Geltung bringen will. Wenn Ehren-Mähr spricht, geht schon im Voraus
allgemeine Heiterkeit durch das Haus, denn es ist meist eine große Hans-
wurstiade, die er aufführt. Den Grundton seiner Reden bilden stets seine
nie endenden Conflikte mit dem Staatsanwalt, über deren letzten nachzudenken
ihm gleich nach Schluß des Landtags im Zellengefängniß von Nürnberg
10 Monate Zeit gegeben sein wird.






Verantwortlicher Redakteur: ol-. Hans Vlnm in Leipzig.
Verlag von F. L- Hervig in Leipzig. -- Druck von Hiithcl Herrmann in Leipzig.

Deggendorfer Pfarrer Pfahler, befinden sich sogar in seiner allernächsten Nähe.
Ersterer, ein rothes erhitztes Gesicht zeigend, ist der Poltron der Rechten, mit
unangenehmer Stimme bei jeder Gelegenheit seine Tiraden von den ausge-
brochenen „Perlen" der bairischen Krone und dergl. loslassend, rückhaltlos
seine Reichsfeindlichkeit bezeugend. Würdig fecundirt ihm Herr Pfahler, der
niederbairische Bauer im Priesterrock. Man sieht ihm an, wie auch seinem,
weiter aufwärtssitzenden Waffenbruder Xaver Freiherr von Hafenbrädl, daß
in den beiden das Zeug zu rechten Demagogen steckt, wie sie einst in den
flandrischen Städten das Volk bewegt haben, „das arme, gedrückte, in seinen
heiligen Rechten gekränkte Volk" ist der stete Widerhall aller Reden dieser
Herren. An den streitbaren Priester von Deggendorf schließt sich der stattliche
Haufen seiner Amtsgenossen an, dermalen 14 an der Zahl. Sie gehören mit
wenigen Ausnahmen der weniger radikalen Richtung ihrer Partei an, nur
der Passauer Professor Dindorfer, der Dekan Rußwurm und das evtant
terridis. der Ebermannstädter Pfarrer Mähr, treten neben dem schon genann¬
ten Pfahler in die erste Kampflinie ein. Am häusigsten von den drei ge¬
nannten spricht Rußwurm, dem seine dankbaren Wähler nach jeder Land- und
Reichstagsperiode fast eine neue goldene Uhr verehren. Er ist offenbar in die
Nachfolge des obengenannten Greil eingetreten, indem er wenigstens gleich
diesem möglichst retrograde Anschauungen im Staatswesen austrank und zur
Geltung bringen will. Wenn Ehren-Mähr spricht, geht schon im Voraus
allgemeine Heiterkeit durch das Haus, denn es ist meist eine große Hans-
wurstiade, die er aufführt. Den Grundton seiner Reden bilden stets seine
nie endenden Conflikte mit dem Staatsanwalt, über deren letzten nachzudenken
ihm gleich nach Schluß des Landtags im Zellengefängniß von Nürnberg
10 Monate Zeit gegeben sein wird.






Verantwortlicher Redakteur: ol-. Hans Vlnm in Leipzig.
Verlag von F. L- Hervig in Leipzig. — Druck von Hiithcl Herrmann in Leipzig.
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[0488] Deggendorfer Pfarrer Pfahler, befinden sich sogar in seiner allernächsten Nähe. Ersterer, ein rothes erhitztes Gesicht zeigend, ist der Poltron der Rechten, mit unangenehmer Stimme bei jeder Gelegenheit seine Tiraden von den ausge- brochenen „Perlen" der bairischen Krone und dergl. loslassend, rückhaltlos seine Reichsfeindlichkeit bezeugend. Würdig fecundirt ihm Herr Pfahler, der niederbairische Bauer im Priesterrock. Man sieht ihm an, wie auch seinem, weiter aufwärtssitzenden Waffenbruder Xaver Freiherr von Hafenbrädl, daß in den beiden das Zeug zu rechten Demagogen steckt, wie sie einst in den flandrischen Städten das Volk bewegt haben, „das arme, gedrückte, in seinen heiligen Rechten gekränkte Volk" ist der stete Widerhall aller Reden dieser Herren. An den streitbaren Priester von Deggendorf schließt sich der stattliche Haufen seiner Amtsgenossen an, dermalen 14 an der Zahl. Sie gehören mit wenigen Ausnahmen der weniger radikalen Richtung ihrer Partei an, nur der Passauer Professor Dindorfer, der Dekan Rußwurm und das evtant terridis. der Ebermannstädter Pfarrer Mähr, treten neben dem schon genann¬ ten Pfahler in die erste Kampflinie ein. Am häusigsten von den drei ge¬ nannten spricht Rußwurm, dem seine dankbaren Wähler nach jeder Land- und Reichstagsperiode fast eine neue goldene Uhr verehren. Er ist offenbar in die Nachfolge des obengenannten Greil eingetreten, indem er wenigstens gleich diesem möglichst retrograde Anschauungen im Staatswesen austrank und zur Geltung bringen will. Wenn Ehren-Mähr spricht, geht schon im Voraus allgemeine Heiterkeit durch das Haus, denn es ist meist eine große Hans- wurstiade, die er aufführt. Den Grundton seiner Reden bilden stets seine nie endenden Conflikte mit dem Staatsanwalt, über deren letzten nachzudenken ihm gleich nach Schluß des Landtags im Zellengefängniß von Nürnberg 10 Monate Zeit gegeben sein wird. Verantwortlicher Redakteur: ol-. Hans Vlnm in Leipzig. Verlag von F. L- Hervig in Leipzig. — Druck von Hiithcl Herrmann in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/488>, abgerufen am 01.07.2024.