Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.zu meinem großen Erstaunen in einer Vorstadt von Leeds einen Mann ganz Mögen die, namentlich entlegenen Gegenden auch noch weniger der neuen Um das Bild übrigens zu vervollständigen, müssen wir noch einiger zu meinem großen Erstaunen in einer Vorstadt von Leeds einen Mann ganz Mögen die, namentlich entlegenen Gegenden auch noch weniger der neuen Um das Bild übrigens zu vervollständigen, müssen wir noch einiger <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0396" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133156"/> <p xml:id="ID_1412" prev="#ID_1411"> zu meinem großen Erstaunen in einer Vorstadt von Leeds einen Mann ganz<lb/> allein in seiner Tenne beim Korndreschen mit dem Flegel.</p><lb/> <p xml:id="ID_1413"> Mögen die, namentlich entlegenen Gegenden auch noch weniger der neuen<lb/> Maschinerie sich bedienen, so ist doch eine Erscheinung als ausgemacht festzu¬<lb/> halten, daß die fortschreitende Vervollkommnung der landwirtschaftlichen<lb/> Maschinen und zwar nicht blos der Bestellungsgeräthschaften, sondern auch<lb/> der Erntemaschinen die englischen Landwirthe immer unabhängiger von den<lb/> Arbeitern macht und daß dieselben sich nicht blos verringern, weil sie von der<lb/> Industrie und der Auswanderung angezogen werden, sondern auch, weil die<lb/> Thätigkeit von vielen unter ihnen durch Maschinen ersetzt und weil infolge<lb/> der von Jahr zu Jahr erleichterten Concurrenz der ausländischen Getreide¬<lb/> producenten und der Veredlung der Viehzucht immer mehr Ackerboden in<lb/> Waideland umgewandelt wird. Die letztere Bewegung hat namentlich in Ir¬<lb/> land am meisten um sich gegriffen, einestheils weil dasselbe wegen seines<lb/> feuchten Klimas zum Getreidebau wenig geeignet, anderntheils, weil die gro¬<lb/> ßen Grundbesitzer, namentlich die englischer Abstammung, sich von ihren, als<lb/> Spielball der irischen Nationalpartei dienenden Pächtern zu emancipiren suchen.<lb/> Wer die Geschichte der letzten 10 Jahre verfolgt hat, wird sich erinnern, wie¬<lb/> viel über die Härte und Rücksichtslosigkeit irischer Grundherren geklagt wurde<lb/> und wieviele Pächter aus ihrer Heimath verstoßen wurden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1414" next="#ID_1415"> Um das Bild übrigens zu vervollständigen, müssen wir noch einiger<lb/> Wirkungen gedenken, welche der Großgrundbesitz in England mit sich bringt.<lb/> Die Zahl der Pächter männlichen und weiblichen Geschlechts beträgt in Eng¬<lb/> land und Wales nach der Zählung von 1871 260,000. Diese Pächter befin¬<lb/> den sich zum größten Theil in guten Umständen, weil der Pachtzins im Durch¬<lb/> schnitt ziemlich niedrig angesetzt ist und Betriebscapital in der Regel leicht<lb/> und zu niedrigen Zinsen zu haben ist. Das große Grundeigenthum hat es<lb/> mit sich gebracht, daß in Großbrittannien Hypothekenbanken überhaupt nicht<lb/> bestehen. Deshalb ist dort der bewegliche Agrarcredit mehr ausgebildet als<lb/> auf dem Continent. Da nun die Pächter kaum soviel Zins zu zahlen haben,<lb/> als die freien Bauern des Continents für das in ihren Höfen steckende active<lb/> und passive Capital ansetzen müssen, vielleicht oft nicht mehr, als mancher<lb/> Bauer an Interessen für seine Schulden zu bezahlen hat, so stehen die bri¬<lb/> tischen Pächter sehr gut und in der Regel besser als unsere freien Bauern,<lb/> insbesondere diejenigen, welche über 20 englische Morgen in Pacht haben,<lb/> welche immerhin die Mehrheit bilden. Es wird in dieser Beziehung eine sehr<lb/> lehrreiche Anekdote erzählt. Ein Grundbesitzer entschloß sich, weil seine Ein¬<lb/> künfte für die Deckung außerordentlicher Ausgaben nicht reichten, die Hälfte<lb/> eines Gutes zu verkaufen, dessen andere Hälfte der Käufer zugleich pachtete.<lb/> Nach 10 Jahren machte der Letztere dem Gutsherrn ein annehmbares Kauf-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0396]
zu meinem großen Erstaunen in einer Vorstadt von Leeds einen Mann ganz
allein in seiner Tenne beim Korndreschen mit dem Flegel.
Mögen die, namentlich entlegenen Gegenden auch noch weniger der neuen
Maschinerie sich bedienen, so ist doch eine Erscheinung als ausgemacht festzu¬
halten, daß die fortschreitende Vervollkommnung der landwirtschaftlichen
Maschinen und zwar nicht blos der Bestellungsgeräthschaften, sondern auch
der Erntemaschinen die englischen Landwirthe immer unabhängiger von den
Arbeitern macht und daß dieselben sich nicht blos verringern, weil sie von der
Industrie und der Auswanderung angezogen werden, sondern auch, weil die
Thätigkeit von vielen unter ihnen durch Maschinen ersetzt und weil infolge
der von Jahr zu Jahr erleichterten Concurrenz der ausländischen Getreide¬
producenten und der Veredlung der Viehzucht immer mehr Ackerboden in
Waideland umgewandelt wird. Die letztere Bewegung hat namentlich in Ir¬
land am meisten um sich gegriffen, einestheils weil dasselbe wegen seines
feuchten Klimas zum Getreidebau wenig geeignet, anderntheils, weil die gro¬
ßen Grundbesitzer, namentlich die englischer Abstammung, sich von ihren, als
Spielball der irischen Nationalpartei dienenden Pächtern zu emancipiren suchen.
Wer die Geschichte der letzten 10 Jahre verfolgt hat, wird sich erinnern, wie¬
viel über die Härte und Rücksichtslosigkeit irischer Grundherren geklagt wurde
und wieviele Pächter aus ihrer Heimath verstoßen wurden.
Um das Bild übrigens zu vervollständigen, müssen wir noch einiger
Wirkungen gedenken, welche der Großgrundbesitz in England mit sich bringt.
Die Zahl der Pächter männlichen und weiblichen Geschlechts beträgt in Eng¬
land und Wales nach der Zählung von 1871 260,000. Diese Pächter befin¬
den sich zum größten Theil in guten Umständen, weil der Pachtzins im Durch¬
schnitt ziemlich niedrig angesetzt ist und Betriebscapital in der Regel leicht
und zu niedrigen Zinsen zu haben ist. Das große Grundeigenthum hat es
mit sich gebracht, daß in Großbrittannien Hypothekenbanken überhaupt nicht
bestehen. Deshalb ist dort der bewegliche Agrarcredit mehr ausgebildet als
auf dem Continent. Da nun die Pächter kaum soviel Zins zu zahlen haben,
als die freien Bauern des Continents für das in ihren Höfen steckende active
und passive Capital ansetzen müssen, vielleicht oft nicht mehr, als mancher
Bauer an Interessen für seine Schulden zu bezahlen hat, so stehen die bri¬
tischen Pächter sehr gut und in der Regel besser als unsere freien Bauern,
insbesondere diejenigen, welche über 20 englische Morgen in Pacht haben,
welche immerhin die Mehrheit bilden. Es wird in dieser Beziehung eine sehr
lehrreiche Anekdote erzählt. Ein Grundbesitzer entschloß sich, weil seine Ein¬
künfte für die Deckung außerordentlicher Ausgaben nicht reichten, die Hälfte
eines Gutes zu verkaufen, dessen andere Hälfte der Käufer zugleich pachtete.
Nach 10 Jahren machte der Letztere dem Gutsherrn ein annehmbares Kauf-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |