Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

barere sein; es fragt sich nur, ob er die Zustimmung der sämmtlichen
Staaten finden wird, da die Gesetzgebung des Reiches sich nach Art. 4 der
Verfassung nur auf die zu Bundeszwecken zu verwendenden Steuern erstreckt
und voraussichtlich sich viele Stimmen für die Beibehaltung der seitherigen
Besteuerung aussprechen werden.

Auf der andern Seite würde eine Veranlagung und Erhebung einer be¬
sonderen Einkommensteuer für das deutsche Reich neben den seitherigen Landes¬
steuern voraussichtlich noch größeren Widerstand finden, da auf der einen
Seite eine besondere Veranlagung und Erhebung dieser ganz gleichmäßig zu
bemessenden Steuer mit vielen Schwierigkeiten und Kosten verknüpft sein
würde, andererseits aber hierdurch einzelne Kategorien von Steuerzahlern un-
verhältnißmäßig belastet werden dürften. Das neuerdings aufgetauchte Project
einer Reichsgewerbesteuer wird wohl dieselben Bedenken gegen sich haben, was
wohl nicht weiter ausgeführt zu werden braucht, da auch ohne Veranlagung
und Erhebung einer besonderen Reichssteuer das Deficit im Reichshaushalt
nach der Zahlungsfähigkeit der einzelnen Staaten repartirt werden kann.
Als Maaßstab muß hierbei die Steuerkraft derselben angenommen werden.
Dieselbe würde leicht zu bestimmen sein, wenn in sämmtlichen deutschen Staaten
die directe Steuer nach einem auf gleichem Princip beruhenden Einkommen-
und Classensteuergesetz veranlagt würde.

Angenommen, die Veranlagung der Einkommensteuer ergebe für einen
terminlichen Betrag:

in einem Thüringer Kleinstaat . 18,000 Thlr.
in Preußen ....... 4,000,000 "
in den übrigen deutschen Staaten 2,982,000 "
also in Summa 7M0^000 Thlr.

und es wären 28,000,000 Thaler durch Umlagen aufzubringen, so würde der
Kleinstaat 72,000 Thaler zu zahlen haben, während bei Annahme einer Be¬
völkerungszahl des Kleinstaats von 180,000 und des deutschen Reiches von
40,000,000 Köpfen, nach dieser repartirt, auf den mehrerwähnten Kleinstaat
126,000 Thaler entfallen würden. Es möchte daher dahin zu wirken sein,
daß eine gleichmäßige Besteuerung in sämmtlichen deutschen Staaten stattfindet.

Aber auch solange dies noch nicht der Fall ist, dürfte die mehrerwähnte
Nepartition des Deficits nach der Steuerkraft der einzelnen Staaten trotz der
verschiedenartigen Steuergesetzgebung zu ermöglichen sein.

Nehmen wir das frühere Beispiel an. Im Staat C. mit 180.000 Ein¬
wohnern betrage der terminliche Steuersatz 18,000 Thaler, also pro Kopf
Vio Thaler. Nach dem für den gedachten Staat gültigen Steuergesetz erfolgt
die Veranlagung der Steuer derart, daß der terminliche Satz möglichst genau
Vi Procent der Jahreseinnahme ausmacht; es berechnet sich daher das jähr-


barere sein; es fragt sich nur, ob er die Zustimmung der sämmtlichen
Staaten finden wird, da die Gesetzgebung des Reiches sich nach Art. 4 der
Verfassung nur auf die zu Bundeszwecken zu verwendenden Steuern erstreckt
und voraussichtlich sich viele Stimmen für die Beibehaltung der seitherigen
Besteuerung aussprechen werden.

Auf der andern Seite würde eine Veranlagung und Erhebung einer be¬
sonderen Einkommensteuer für das deutsche Reich neben den seitherigen Landes¬
steuern voraussichtlich noch größeren Widerstand finden, da auf der einen
Seite eine besondere Veranlagung und Erhebung dieser ganz gleichmäßig zu
bemessenden Steuer mit vielen Schwierigkeiten und Kosten verknüpft sein
würde, andererseits aber hierdurch einzelne Kategorien von Steuerzahlern un-
verhältnißmäßig belastet werden dürften. Das neuerdings aufgetauchte Project
einer Reichsgewerbesteuer wird wohl dieselben Bedenken gegen sich haben, was
wohl nicht weiter ausgeführt zu werden braucht, da auch ohne Veranlagung
und Erhebung einer besonderen Reichssteuer das Deficit im Reichshaushalt
nach der Zahlungsfähigkeit der einzelnen Staaten repartirt werden kann.
Als Maaßstab muß hierbei die Steuerkraft derselben angenommen werden.
Dieselbe würde leicht zu bestimmen sein, wenn in sämmtlichen deutschen Staaten
die directe Steuer nach einem auf gleichem Princip beruhenden Einkommen-
und Classensteuergesetz veranlagt würde.

Angenommen, die Veranlagung der Einkommensteuer ergebe für einen
terminlichen Betrag:

in einem Thüringer Kleinstaat . 18,000 Thlr.
in Preußen ....... 4,000,000 „
in den übrigen deutschen Staaten 2,982,000 „
also in Summa 7M0^000 Thlr.

und es wären 28,000,000 Thaler durch Umlagen aufzubringen, so würde der
Kleinstaat 72,000 Thaler zu zahlen haben, während bei Annahme einer Be¬
völkerungszahl des Kleinstaats von 180,000 und des deutschen Reiches von
40,000,000 Köpfen, nach dieser repartirt, auf den mehrerwähnten Kleinstaat
126,000 Thaler entfallen würden. Es möchte daher dahin zu wirken sein,
daß eine gleichmäßige Besteuerung in sämmtlichen deutschen Staaten stattfindet.

Aber auch solange dies noch nicht der Fall ist, dürfte die mehrerwähnte
Nepartition des Deficits nach der Steuerkraft der einzelnen Staaten trotz der
verschiedenartigen Steuergesetzgebung zu ermöglichen sein.

Nehmen wir das frühere Beispiel an. Im Staat C. mit 180.000 Ein¬
wohnern betrage der terminliche Steuersatz 18,000 Thaler, also pro Kopf
Vio Thaler. Nach dem für den gedachten Staat gültigen Steuergesetz erfolgt
die Veranlagung der Steuer derart, daß der terminliche Satz möglichst genau
Vi Procent der Jahreseinnahme ausmacht; es berechnet sich daher das jähr-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0287" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/133047"/>
          <p xml:id="ID_972" prev="#ID_971"> barere sein; es fragt sich nur, ob er die Zustimmung der sämmtlichen<lb/>
Staaten finden wird, da die Gesetzgebung des Reiches sich nach Art. 4 der<lb/>
Verfassung nur auf die zu Bundeszwecken zu verwendenden Steuern erstreckt<lb/>
und voraussichtlich sich viele Stimmen für die Beibehaltung der seitherigen<lb/>
Besteuerung aussprechen werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_973"> Auf der andern Seite würde eine Veranlagung und Erhebung einer be¬<lb/>
sonderen Einkommensteuer für das deutsche Reich neben den seitherigen Landes¬<lb/>
steuern voraussichtlich noch größeren Widerstand finden, da auf der einen<lb/>
Seite eine besondere Veranlagung und Erhebung dieser ganz gleichmäßig zu<lb/>
bemessenden Steuer mit vielen Schwierigkeiten und Kosten verknüpft sein<lb/>
würde, andererseits aber hierdurch einzelne Kategorien von Steuerzahlern un-<lb/>
verhältnißmäßig belastet werden dürften. Das neuerdings aufgetauchte Project<lb/>
einer Reichsgewerbesteuer wird wohl dieselben Bedenken gegen sich haben, was<lb/>
wohl nicht weiter ausgeführt zu werden braucht, da auch ohne Veranlagung<lb/>
und Erhebung einer besonderen Reichssteuer das Deficit im Reichshaushalt<lb/>
nach der Zahlungsfähigkeit der einzelnen Staaten repartirt werden kann.<lb/>
Als Maaßstab muß hierbei die Steuerkraft derselben angenommen werden.<lb/>
Dieselbe würde leicht zu bestimmen sein, wenn in sämmtlichen deutschen Staaten<lb/>
die directe Steuer nach einem auf gleichem Princip beruhenden Einkommen-<lb/>
und Classensteuergesetz veranlagt würde.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_974"> Angenommen, die Veranlagung der Einkommensteuer ergebe für einen<lb/>
terminlichen Betrag:</p><lb/>
          <list>
            <item> in einem Thüringer Kleinstaat  .    18,000 Thlr.</item>
            <item> in Preußen ....... 4,000,000 &#x201E;</item>
            <item> in den übrigen deutschen Staaten 2,982,000 &#x201E;</item>
            <item> also in Summa 7M0^000 Thlr.</item>
          </list><lb/>
          <p xml:id="ID_975"> und es wären 28,000,000 Thaler durch Umlagen aufzubringen, so würde der<lb/>
Kleinstaat 72,000 Thaler zu zahlen haben, während bei Annahme einer Be¬<lb/>
völkerungszahl des Kleinstaats von 180,000 und des deutschen Reiches von<lb/>
40,000,000 Köpfen, nach dieser repartirt, auf den mehrerwähnten Kleinstaat<lb/>
126,000 Thaler entfallen würden. Es möchte daher dahin zu wirken sein,<lb/>
daß eine gleichmäßige Besteuerung in sämmtlichen deutschen Staaten stattfindet.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_976"> Aber auch solange dies noch nicht der Fall ist, dürfte die mehrerwähnte<lb/>
Nepartition des Deficits nach der Steuerkraft der einzelnen Staaten trotz der<lb/>
verschiedenartigen Steuergesetzgebung zu ermöglichen sein.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_977" next="#ID_978"> Nehmen wir das frühere Beispiel an. Im Staat C. mit 180.000 Ein¬<lb/>
wohnern betrage der terminliche Steuersatz 18,000 Thaler, also pro Kopf<lb/>
Vio Thaler. Nach dem für den gedachten Staat gültigen Steuergesetz erfolgt<lb/>
die Veranlagung der Steuer derart, daß der terminliche Satz möglichst genau<lb/>
Vi Procent der Jahreseinnahme ausmacht; es berechnet sich daher das jähr-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0287] barere sein; es fragt sich nur, ob er die Zustimmung der sämmtlichen Staaten finden wird, da die Gesetzgebung des Reiches sich nach Art. 4 der Verfassung nur auf die zu Bundeszwecken zu verwendenden Steuern erstreckt und voraussichtlich sich viele Stimmen für die Beibehaltung der seitherigen Besteuerung aussprechen werden. Auf der andern Seite würde eine Veranlagung und Erhebung einer be¬ sonderen Einkommensteuer für das deutsche Reich neben den seitherigen Landes¬ steuern voraussichtlich noch größeren Widerstand finden, da auf der einen Seite eine besondere Veranlagung und Erhebung dieser ganz gleichmäßig zu bemessenden Steuer mit vielen Schwierigkeiten und Kosten verknüpft sein würde, andererseits aber hierdurch einzelne Kategorien von Steuerzahlern un- verhältnißmäßig belastet werden dürften. Das neuerdings aufgetauchte Project einer Reichsgewerbesteuer wird wohl dieselben Bedenken gegen sich haben, was wohl nicht weiter ausgeführt zu werden braucht, da auch ohne Veranlagung und Erhebung einer besonderen Reichssteuer das Deficit im Reichshaushalt nach der Zahlungsfähigkeit der einzelnen Staaten repartirt werden kann. Als Maaßstab muß hierbei die Steuerkraft derselben angenommen werden. Dieselbe würde leicht zu bestimmen sein, wenn in sämmtlichen deutschen Staaten die directe Steuer nach einem auf gleichem Princip beruhenden Einkommen- und Classensteuergesetz veranlagt würde. Angenommen, die Veranlagung der Einkommensteuer ergebe für einen terminlichen Betrag: in einem Thüringer Kleinstaat . 18,000 Thlr. in Preußen ....... 4,000,000 „ in den übrigen deutschen Staaten 2,982,000 „ also in Summa 7M0^000 Thlr. und es wären 28,000,000 Thaler durch Umlagen aufzubringen, so würde der Kleinstaat 72,000 Thaler zu zahlen haben, während bei Annahme einer Be¬ völkerungszahl des Kleinstaats von 180,000 und des deutschen Reiches von 40,000,000 Köpfen, nach dieser repartirt, auf den mehrerwähnten Kleinstaat 126,000 Thaler entfallen würden. Es möchte daher dahin zu wirken sein, daß eine gleichmäßige Besteuerung in sämmtlichen deutschen Staaten stattfindet. Aber auch solange dies noch nicht der Fall ist, dürfte die mehrerwähnte Nepartition des Deficits nach der Steuerkraft der einzelnen Staaten trotz der verschiedenartigen Steuergesetzgebung zu ermöglichen sein. Nehmen wir das frühere Beispiel an. Im Staat C. mit 180.000 Ein¬ wohnern betrage der terminliche Steuersatz 18,000 Thaler, also pro Kopf Vio Thaler. Nach dem für den gedachten Staat gültigen Steuergesetz erfolgt die Veranlagung der Steuer derart, daß der terminliche Satz möglichst genau Vi Procent der Jahreseinnahme ausmacht; es berechnet sich daher das jähr-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/287
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/287>, abgerufen am 03.07.2024.