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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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letzt noch gut erhalten, wobey sich vorzüglich ein Hauptthor auszeichnet. Es
ist von zweien Thürmen von beiden Seiten nach außen versichert, und führt
auf einen kreisrunden von schöner Mauer umgebenen mittlern Platz, von
welchem ein zwotes und zwar doppeltes Thor den Eingang in das Innere
der Stadt giebt.

Zu beyden Seiten des ersten Thors nach Innen gerichtet, sind große
Nischen in der Mauer, wahrscheinlich zur Aufstellung der Statuen bestimmt.
Da die Lage dieses Thors mit den nächst umgebenden Mauern erhabener wie
das Innere der Stadt liegt, so genießt man beym Eintritt einen herrlichen
Anblick auf selbige, über welche sich in der Ferne der Meers-Horizont hin¬
wegzieht. Von der Stadt sind nur wenig Ueberreste von einigen ihrer
größern Gebäude, und da nur Fundamente vorhanden, als z. B. die einer
Palestra, eines kleinen Odeums, einige Tempel und hie und da verstümmelte
Bildhauerwerke und Jnnschriften untermengt. Sie gehörte mit zu den
größten Städten Griechenlands, jetzt nimmt ein armseliges Dörfchen einen
kleinen Platz in ihr ein (Mauromathia). Wir logirten hier über 8 Tage
bey einem Griechischen Pfaffen (Papa) außerordentlich beschränkt und erbärm¬
lich im Innern seines Hauses. Ich verlebte solche doch äußerst angenehm
den ganzen Tag mit Herumstreifen und Zeichnen und Untersuchen der vielen
Spuren alter Pracht, die nun durch die schönsten Platanen und üppigsten
frischduftenden Strauchwerke ersetzt wird. Auf dem höchsten Theil des Fels¬
berges, wo die älteste Stadt und ein Jupiters - Tempel stund, ist nun ein
Griechisches Closter. -- Sehr interessant war mir an diesem Ort selbst, das
Studium von Messeniens Geschichte, mit meinen Freunden in den Ausruh-
stunden; vorzüglich seines Krieges mit den Spartanern, worinn der große
Charakter des Helden Aristomenus so sehr anspricht. Ich empfehle dir
sie im Pausanias nachzulesen.

Von hier kehrten wir wieder nach Calamatci zurück, wohin der
Weg hinabwärts sehr reizend ist, welcher über den reinen sanft hinfliesenden
Pamisus führt.

Wir zogen endlich nach dem Spartaner-Land über einen der schönsten
Theile des großen Taygetus, welcher in mahlerischer Hinsicht eine der schön¬
sten Reisen in Griechenland gewährt. Man trifft in seinen großen und wei-
, ten Schluchten auf die grösten Natur-Scenen, die den Geist in Staunen und
Bewunderung setzen und die wir zum Theil im Mondlicht sahen, das sie in
ganz eigne schöne Effekte setzte. Am andern Tag kamen wir in Mistra der
jetzigen Hauptstadt in Lakonien an. Sie liegt östlich am Fuß des Taygetus,
der sich von hier durch ganz Lacedämon nach Süden bis zum Cap Tena-
riurn hinzieht und durch Grosheit und Erhabenheit seiner Formen ein un¬
beschreiblich schönes Gebirge bildet. Eine gute Stunde von der Stadt entfernt


letzt noch gut erhalten, wobey sich vorzüglich ein Hauptthor auszeichnet. Es
ist von zweien Thürmen von beiden Seiten nach außen versichert, und führt
auf einen kreisrunden von schöner Mauer umgebenen mittlern Platz, von
welchem ein zwotes und zwar doppeltes Thor den Eingang in das Innere
der Stadt giebt.

Zu beyden Seiten des ersten Thors nach Innen gerichtet, sind große
Nischen in der Mauer, wahrscheinlich zur Aufstellung der Statuen bestimmt.
Da die Lage dieses Thors mit den nächst umgebenden Mauern erhabener wie
das Innere der Stadt liegt, so genießt man beym Eintritt einen herrlichen
Anblick auf selbige, über welche sich in der Ferne der Meers-Horizont hin¬
wegzieht. Von der Stadt sind nur wenig Ueberreste von einigen ihrer
größern Gebäude, und da nur Fundamente vorhanden, als z. B. die einer
Palestra, eines kleinen Odeums, einige Tempel und hie und da verstümmelte
Bildhauerwerke und Jnnschriften untermengt. Sie gehörte mit zu den
größten Städten Griechenlands, jetzt nimmt ein armseliges Dörfchen einen
kleinen Platz in ihr ein (Mauromathia). Wir logirten hier über 8 Tage
bey einem Griechischen Pfaffen (Papa) außerordentlich beschränkt und erbärm¬
lich im Innern seines Hauses. Ich verlebte solche doch äußerst angenehm
den ganzen Tag mit Herumstreifen und Zeichnen und Untersuchen der vielen
Spuren alter Pracht, die nun durch die schönsten Platanen und üppigsten
frischduftenden Strauchwerke ersetzt wird. Auf dem höchsten Theil des Fels¬
berges, wo die älteste Stadt und ein Jupiters - Tempel stund, ist nun ein
Griechisches Closter. — Sehr interessant war mir an diesem Ort selbst, das
Studium von Messeniens Geschichte, mit meinen Freunden in den Ausruh-
stunden; vorzüglich seines Krieges mit den Spartanern, worinn der große
Charakter des Helden Aristomenus so sehr anspricht. Ich empfehle dir
sie im Pausanias nachzulesen.

Von hier kehrten wir wieder nach Calamatci zurück, wohin der
Weg hinabwärts sehr reizend ist, welcher über den reinen sanft hinfliesenden
Pamisus führt.

Wir zogen endlich nach dem Spartaner-Land über einen der schönsten
Theile des großen Taygetus, welcher in mahlerischer Hinsicht eine der schön¬
sten Reisen in Griechenland gewährt. Man trifft in seinen großen und wei-
, ten Schluchten auf die grösten Natur-Scenen, die den Geist in Staunen und
Bewunderung setzen und die wir zum Theil im Mondlicht sahen, das sie in
ganz eigne schöne Effekte setzte. Am andern Tag kamen wir in Mistra der
jetzigen Hauptstadt in Lakonien an. Sie liegt östlich am Fuß des Taygetus,
der sich von hier durch ganz Lacedämon nach Süden bis zum Cap Tena-
riurn hinzieht und durch Grosheit und Erhabenheit seiner Formen ein un¬
beschreiblich schönes Gebirge bildet. Eine gute Stunde von der Stadt entfernt


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[0263] letzt noch gut erhalten, wobey sich vorzüglich ein Hauptthor auszeichnet. Es ist von zweien Thürmen von beiden Seiten nach außen versichert, und führt auf einen kreisrunden von schöner Mauer umgebenen mittlern Platz, von welchem ein zwotes und zwar doppeltes Thor den Eingang in das Innere der Stadt giebt. Zu beyden Seiten des ersten Thors nach Innen gerichtet, sind große Nischen in der Mauer, wahrscheinlich zur Aufstellung der Statuen bestimmt. Da die Lage dieses Thors mit den nächst umgebenden Mauern erhabener wie das Innere der Stadt liegt, so genießt man beym Eintritt einen herrlichen Anblick auf selbige, über welche sich in der Ferne der Meers-Horizont hin¬ wegzieht. Von der Stadt sind nur wenig Ueberreste von einigen ihrer größern Gebäude, und da nur Fundamente vorhanden, als z. B. die einer Palestra, eines kleinen Odeums, einige Tempel und hie und da verstümmelte Bildhauerwerke und Jnnschriften untermengt. Sie gehörte mit zu den größten Städten Griechenlands, jetzt nimmt ein armseliges Dörfchen einen kleinen Platz in ihr ein (Mauromathia). Wir logirten hier über 8 Tage bey einem Griechischen Pfaffen (Papa) außerordentlich beschränkt und erbärm¬ lich im Innern seines Hauses. Ich verlebte solche doch äußerst angenehm den ganzen Tag mit Herumstreifen und Zeichnen und Untersuchen der vielen Spuren alter Pracht, die nun durch die schönsten Platanen und üppigsten frischduftenden Strauchwerke ersetzt wird. Auf dem höchsten Theil des Fels¬ berges, wo die älteste Stadt und ein Jupiters - Tempel stund, ist nun ein Griechisches Closter. — Sehr interessant war mir an diesem Ort selbst, das Studium von Messeniens Geschichte, mit meinen Freunden in den Ausruh- stunden; vorzüglich seines Krieges mit den Spartanern, worinn der große Charakter des Helden Aristomenus so sehr anspricht. Ich empfehle dir sie im Pausanias nachzulesen. Von hier kehrten wir wieder nach Calamatci zurück, wohin der Weg hinabwärts sehr reizend ist, welcher über den reinen sanft hinfliesenden Pamisus führt. Wir zogen endlich nach dem Spartaner-Land über einen der schönsten Theile des großen Taygetus, welcher in mahlerischer Hinsicht eine der schön¬ sten Reisen in Griechenland gewährt. Man trifft in seinen großen und wei- , ten Schluchten auf die grösten Natur-Scenen, die den Geist in Staunen und Bewunderung setzen und die wir zum Theil im Mondlicht sahen, das sie in ganz eigne schöne Effekte setzte. Am andern Tag kamen wir in Mistra der jetzigen Hauptstadt in Lakonien an. Sie liegt östlich am Fuß des Taygetus, der sich von hier durch ganz Lacedämon nach Süden bis zum Cap Tena- riurn hinzieht und durch Grosheit und Erhabenheit seiner Formen ein un¬ beschreiblich schönes Gebirge bildet. Eine gute Stunde von der Stadt entfernt

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/263>, abgerufen am 23.07.2024.