Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.Lagthingsmännern selbst. Was nun den zu machenden Unterschied zwischen Auch die Vermögensunterschiede sind bei den bäuerlichen Grundbesitzern Aehnlich ist es in den Städten. Auch hier fehlt durchweg ein Patricier¬ Lagthingsmännern selbst. Was nun den zu machenden Unterschied zwischen Auch die Vermögensunterschiede sind bei den bäuerlichen Grundbesitzern Aehnlich ist es in den Städten. Auch hier fehlt durchweg ein Patricier¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0191" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/132951"/> <p xml:id="ID_657" prev="#ID_656"> Lagthingsmännern selbst. Was nun den zu machenden Unterschied zwischen<lb/> den Wählern betrifft, je nach der Größe der gezählten Matrikelsteuer, so wird<lb/> gerade dies von vielen Seiten als ein durchaus unzutreffendes Criterium grö¬<lb/> ßerer Bildung und reiferen politischen Verständnisses betrachtet und es läßt sich<lb/> nicht einsehen, weßhalb grade bei, 3 oder bei 4 oder bei L Svd. Steuer ein<lb/> besonderer Unterschied gemacht werden sollte. Eine hervortretende, durch<lb/> größeren Besitz und größere Bildung hervorragende Classe läßt sich, wo sie<lb/> einmal nicht aus geschichtlicher Entwicklung hervorgegangen, durch den Buch¬<lb/> staben des Gesetzes nicht in die Gesellschaft hineinbringen. Von den in<lb/> Deutschland sich fast überall kennzeichnenden drei Classen der ländlichen Be¬<lb/> völkerung: den Großgrundbesitzern, bäuerlichen Grundbesitzern und Arbeitern<lb/> giebt es in Norwegen nur die beiden letzteren und sie entsprechen im Großen<lb/> und Ganzen durchaus den beziehungsweisen Classen in Deutschland.</p><lb/> <p xml:id="ID_658"> Auch die Vermögensunterschiede sind bei den bäuerlichen Grundbesitzern<lb/> nicht so besonders hervorragend und wenn auch das wirkliche Vermögen der<lb/> Einzelnen natürlich sehr differirt, so giebt es doch trotzdem keine großen Un¬<lb/> terschiede in der Lebensweise der Einzelnen, sondern das Leben wird meistens<lb/> auf dieselbe seit alter Zeit gebräuchliche Weise geführt, einerlei ob das Ver¬<lb/> mögen sich besonders vergrößert hat oder nicht. Den größten Zuwachs hat<lb/> außerdem das Vermögen der einzelnen Bauern nicht durch den eigentlichen<lb/> Ackerbau erreicht, sondern durch den Holzverkauf und diejenigen Besitzer,<lb/> welche günstig gelegene Waldstrecken haben, sind durch die günstigen Conjunc-<lb/> turen der letzten Jahre in die Lage versetzt, bedeutende Summen hierdurch zu<lb/> erwerben. Derartige Leute, die ihr Geld durch eine vorübergehende Conjunc-<lb/> tur gewonnen haben, dürften aber noch weniger als die geeigneten Classen<lb/> zur Bildung eines conservativen, das zurückhaltende Princip repräsentirenden<lb/> Oberhauses zu betrachten sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_659" next="#ID_660"> Aehnlich ist es in den Städten. Auch hier fehlt durchweg ein Patricier¬<lb/> stand und die social am meisten hervorragenden Leute sind, einzelne Ausnahmen<lb/> natürlich abgerechnet, diejenigen, welche die meisten Tausende Speciesdaler be¬<lb/> sitzen. Und dies Verhältniß ist sehr erklärlich, wenn man die Entwicklung<lb/> der Norwegischen Städte betrachtet. Vor 20—80 Jahren waren sie sämmt¬<lb/> lich kleine Küstenstädte mit geringer Handel- und Schifffahrttreibender Be¬<lb/> völkerung, größere Vermögen gab es fast gar nicht, der Arbeitslohn war<lb/> niedrig, die Lebensweise selbst der besser situirter Classen aufs äußerste frugal<lb/> und einfach. Am besten erhellt dies aus den im letzten Storthing geführten<lb/> Debatten über die Aufbesserung der Beamtengehälter und wurde durch ver¬<lb/> schiedene sehr drastische Exempel beleuchtet, auf die jedoch hier nicht weiter<lb/> eingegangen werden kann. In den letzten 20 Jahren ist dies dagegen ganz<lb/> anders geworden. Der bedeutende Export, namentlich von Holz und Eis,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0191]
Lagthingsmännern selbst. Was nun den zu machenden Unterschied zwischen
den Wählern betrifft, je nach der Größe der gezählten Matrikelsteuer, so wird
gerade dies von vielen Seiten als ein durchaus unzutreffendes Criterium grö¬
ßerer Bildung und reiferen politischen Verständnisses betrachtet und es läßt sich
nicht einsehen, weßhalb grade bei, 3 oder bei 4 oder bei L Svd. Steuer ein
besonderer Unterschied gemacht werden sollte. Eine hervortretende, durch
größeren Besitz und größere Bildung hervorragende Classe läßt sich, wo sie
einmal nicht aus geschichtlicher Entwicklung hervorgegangen, durch den Buch¬
staben des Gesetzes nicht in die Gesellschaft hineinbringen. Von den in
Deutschland sich fast überall kennzeichnenden drei Classen der ländlichen Be¬
völkerung: den Großgrundbesitzern, bäuerlichen Grundbesitzern und Arbeitern
giebt es in Norwegen nur die beiden letzteren und sie entsprechen im Großen
und Ganzen durchaus den beziehungsweisen Classen in Deutschland.
Auch die Vermögensunterschiede sind bei den bäuerlichen Grundbesitzern
nicht so besonders hervorragend und wenn auch das wirkliche Vermögen der
Einzelnen natürlich sehr differirt, so giebt es doch trotzdem keine großen Un¬
terschiede in der Lebensweise der Einzelnen, sondern das Leben wird meistens
auf dieselbe seit alter Zeit gebräuchliche Weise geführt, einerlei ob das Ver¬
mögen sich besonders vergrößert hat oder nicht. Den größten Zuwachs hat
außerdem das Vermögen der einzelnen Bauern nicht durch den eigentlichen
Ackerbau erreicht, sondern durch den Holzverkauf und diejenigen Besitzer,
welche günstig gelegene Waldstrecken haben, sind durch die günstigen Conjunc-
turen der letzten Jahre in die Lage versetzt, bedeutende Summen hierdurch zu
erwerben. Derartige Leute, die ihr Geld durch eine vorübergehende Conjunc-
tur gewonnen haben, dürften aber noch weniger als die geeigneten Classen
zur Bildung eines conservativen, das zurückhaltende Princip repräsentirenden
Oberhauses zu betrachten sein.
Aehnlich ist es in den Städten. Auch hier fehlt durchweg ein Patricier¬
stand und die social am meisten hervorragenden Leute sind, einzelne Ausnahmen
natürlich abgerechnet, diejenigen, welche die meisten Tausende Speciesdaler be¬
sitzen. Und dies Verhältniß ist sehr erklärlich, wenn man die Entwicklung
der Norwegischen Städte betrachtet. Vor 20—80 Jahren waren sie sämmt¬
lich kleine Küstenstädte mit geringer Handel- und Schifffahrttreibender Be¬
völkerung, größere Vermögen gab es fast gar nicht, der Arbeitslohn war
niedrig, die Lebensweise selbst der besser situirter Classen aufs äußerste frugal
und einfach. Am besten erhellt dies aus den im letzten Storthing geführten
Debatten über die Aufbesserung der Beamtengehälter und wurde durch ver¬
schiedene sehr drastische Exempel beleuchtet, auf die jedoch hier nicht weiter
eingegangen werden kann. In den letzten 20 Jahren ist dies dagegen ganz
anders geworden. Der bedeutende Export, namentlich von Holz und Eis,
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