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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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müssen und zwar müssen dieselben bereits sortirt angefahren werden, so daß
der Zeitaufwand auf der Station auf ein Minimum beschränkt wird.

Durch dieses Verfahren werden auch viele Beamten erspart und wenn
man außerdem erwägt, daß zur Copie aller beim Güterdienst nothwendigen
Schriftstücke in echt kaufmännischer Weise nur Copirmaschinen, niemals aber
Schreiber verwendet werden, so begreift man die so geringe Beamtenzahl bei
dem so bedeutenden Verkehr.

In rein technischen Sachen, in der Construction unserer Bahnen und
sonstiger Bauten sind wir in. Deutschland sicherlich ebenso weit wie die Eng¬
länder, wenn freilich auch die Großartigkeit, durch die geringern Mittel und
die geringere Bevölkerungszahl unserer Großstädte bedingt, nicht in dem Maaß
zu finden ist wie in Großbritanien. In manchen sehr wesentlichen Dingen,
wie dem Oberbau der Eisenbahnen, den Brückenconstruetionen, der Eleganz
der Eisenbahn-Wagen und Stationsgebäude sind wir sogar entschieden weiter
wie die Engländer und ich erwähne dies hier um deßwillen ausdrücklich, weil
gerade in dieser Hinsicht unter den Nichtsachverständigen sehr falsche Ansichten
verbreitet sind, die durch Berichte erzeugt worden find, die gewiß stets mit
den besten Absichten geschrieben, aber deren Verfasser durch die Großartigkeit
geblendet waren.

Aber überall, wo es sich um Verwaltung, um Raffinement des Betriebes
handelt, da sind die Engländer uns Deutschen überlegen, sie mögen durch die
Nothwendigkeit, durch den enormen Bekehr dazu gezwungen worden sein, sie
erreichen es aber wohl hauptsächlich auch dadurch, daß alle ihr Beamten von
unten auf dienen und so schließlich in ihrem Spezialfach eine außerordentliche
Gewandtheit erlangen.

Auch werden die Eisenbahnverwaltungen vom Publikum weit glimpflicher
behandelt, als die deutschen, obgleich vielfach für dessen Bequemlichkeit weniger
geschieht als in Deutschland. Aber der Engländer betrachtet die Eisenbahn
als ein industrielles Unternehmen wie jedes andere auch, nicht ausschlie߬
lich als eine gemeinnützige Verkehrsanstalt, wie der Deutsche. Die deutsche
Auffassung ist gewiß die richtigere und sängt auch in England an, sich Bahn
zu brechen, aber immerhin wäre dem deutschen Publikum und der deutschen
Presse anzuempfehlen nicht bei jeder Gelegenheit in der gehässigsten Weise über
die Eisenbahnverwaltungen herzufallen, noch ehe genaue Angaben oder rich¬
terliche Entscheidungen über vermeintliche oder wirkliche Schäden, Unglücks¬
fälle, welche leider niemals ganz zu vermeiden sein werden, oder dergl. mehr
vorhanden sind. Wirkliche Schäden müssen rückhaltlos aufgedeckt werden, aber
erst muß der Fehler auch wirklich constatirt sein und zwar durch Sachver¬
ständige, bevor Laien ein Recht haben, eine Eisenbahn zu verurtheilen. Ich
erinnere hier z. B. an die so sehr entstellenden Berichte der Blätter bei Ge-


müssen und zwar müssen dieselben bereits sortirt angefahren werden, so daß
der Zeitaufwand auf der Station auf ein Minimum beschränkt wird.

Durch dieses Verfahren werden auch viele Beamten erspart und wenn
man außerdem erwägt, daß zur Copie aller beim Güterdienst nothwendigen
Schriftstücke in echt kaufmännischer Weise nur Copirmaschinen, niemals aber
Schreiber verwendet werden, so begreift man die so geringe Beamtenzahl bei
dem so bedeutenden Verkehr.

In rein technischen Sachen, in der Construction unserer Bahnen und
sonstiger Bauten sind wir in. Deutschland sicherlich ebenso weit wie die Eng¬
länder, wenn freilich auch die Großartigkeit, durch die geringern Mittel und
die geringere Bevölkerungszahl unserer Großstädte bedingt, nicht in dem Maaß
zu finden ist wie in Großbritanien. In manchen sehr wesentlichen Dingen,
wie dem Oberbau der Eisenbahnen, den Brückenconstruetionen, der Eleganz
der Eisenbahn-Wagen und Stationsgebäude sind wir sogar entschieden weiter
wie die Engländer und ich erwähne dies hier um deßwillen ausdrücklich, weil
gerade in dieser Hinsicht unter den Nichtsachverständigen sehr falsche Ansichten
verbreitet sind, die durch Berichte erzeugt worden find, die gewiß stets mit
den besten Absichten geschrieben, aber deren Verfasser durch die Großartigkeit
geblendet waren.

Aber überall, wo es sich um Verwaltung, um Raffinement des Betriebes
handelt, da sind die Engländer uns Deutschen überlegen, sie mögen durch die
Nothwendigkeit, durch den enormen Bekehr dazu gezwungen worden sein, sie
erreichen es aber wohl hauptsächlich auch dadurch, daß alle ihr Beamten von
unten auf dienen und so schließlich in ihrem Spezialfach eine außerordentliche
Gewandtheit erlangen.

Auch werden die Eisenbahnverwaltungen vom Publikum weit glimpflicher
behandelt, als die deutschen, obgleich vielfach für dessen Bequemlichkeit weniger
geschieht als in Deutschland. Aber der Engländer betrachtet die Eisenbahn
als ein industrielles Unternehmen wie jedes andere auch, nicht ausschlie߬
lich als eine gemeinnützige Verkehrsanstalt, wie der Deutsche. Die deutsche
Auffassung ist gewiß die richtigere und sängt auch in England an, sich Bahn
zu brechen, aber immerhin wäre dem deutschen Publikum und der deutschen
Presse anzuempfehlen nicht bei jeder Gelegenheit in der gehässigsten Weise über
die Eisenbahnverwaltungen herzufallen, noch ehe genaue Angaben oder rich¬
terliche Entscheidungen über vermeintliche oder wirkliche Schäden, Unglücks¬
fälle, welche leider niemals ganz zu vermeiden sein werden, oder dergl. mehr
vorhanden sind. Wirkliche Schäden müssen rückhaltlos aufgedeckt werden, aber
erst muß der Fehler auch wirklich constatirt sein und zwar durch Sachver¬
ständige, bevor Laien ein Recht haben, eine Eisenbahn zu verurtheilen. Ich
erinnere hier z. B. an die so sehr entstellenden Berichte der Blätter bei Ge-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/118>, abgerufen am 25.08.2024.