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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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Ur. 107 zuerst den Kirchplatz des brennenden Dorfs. Und nun drangen die
Deutschen von allen Seiten vor, und "eingekeilt in fürchterlicher Enge" kam es
zu mörderischen Einzelkampfe, durch welchen der Feind nach und nach hinaus¬
gedrängt ward. -- Auch die kampffähigen Ueberreste der 1. Garde-Infanterie-
Brigade hatten sich an dem Sturm auf Se. Privat betheiligt, und das 2.
Garde-Regiment war gegen die Südwestseite des Ortes, Abtheilungen der 4.
Garde-Jnfanterie-Brigade waren von Süden vorgegangen. -- Unmittelbar neben
der brennenden Kirche haltend regelte General v. Pape die fernere Verwendung
der dort von allen Seiten zusammentreffenden Truppen und ordnete die Be¬
setzung des Ostrandes an. -- Um 8 Uhr befand sich der Sieger im unbe¬
strittenen Besitz von Se. Privat und machte dort 2000 unverwundete Gefan¬
gene. Das Garde-Füsilier-Regiment wurde als frische und geschlossene Re¬
serve zurückgehalten.

Die Einnahme von Se. Privat entschied die Niederlage des rechten
französischen Flügels. Die geschlagenen Truppen des 6. Corps flüchteten
in das Moselthal, geschirmt von der Brigade Wchot, der Kavallerie des
Generals du Barail und einigen Batterien.

Nordwestlich des Bois de Saulcy erschien jetzt -- zu spät um das Ge¬
fecht herzustellen -- die französische Garde-Grenadier-Division Picard nebst
der ihr zugetheilten Reserve-Artillerie. Letztere entwickelte sich in breiter Front
bei den Steinbrüchen von Amanvillers und eröffnete ein heftiges Feuer gegen
die deutsche Artillerie. Diese wurde indessen -- ganz abgesehen von den Hessen
- auf dem Raume südlich von Se. Privat bis auf 23 Batterien verstärkt,
und nun dröhnte in gewaltigem Geschützkamps der Donner der Schlacht noch
einmal auf und donnerte fort bis in das Dunkel der Nacht.

In diesen großen Geschützkampf griffen auch die Batterien der zur allge¬
meinen Unterstützung heranrückenden 20. Division mit ein, welche bereits zu
einer Zeit östlich von Ste. Marie erschienen war, als Se. Privat sich noch im
Besitz des Feindes befand. Nachdem dies Dorf von den Sachsen und Garden
genommen, griff die 40. Brigade mit ihrem ersten Treffen rechts und links um
Se. Privat herum, wobei es an den Außengehöften noch zu Gefechten kam.
Bei einbrechender Dunkelheit wurde die Division wieder gesammelt.

Im äußersten Norden des Schlachtfeldes hatte sich ungefähr gleichzeitig
mit der Erstürmung von Se. Privat ein selbständiges Gefecht entwickelt, in¬
dem die gegen Montois und den Wald von Jaumont gewendeten Theile der
sächsischen Umgehungskolonne einen Kampf mit der den Rückzug deckenden
Brigade Wchot zu bestehn hatten, wobei die sächsische Artillerie Gelegen¬
heit fand auch noch gegen die in das Moselthal abziehenden Kolonnen der
Franzosen zu wirken.

Mittlerweile hatte die vollständige Niederlage des Marschalls Canrobert


Grenzboten I. 187b. !S

Ur. 107 zuerst den Kirchplatz des brennenden Dorfs. Und nun drangen die
Deutschen von allen Seiten vor, und „eingekeilt in fürchterlicher Enge" kam es
zu mörderischen Einzelkampfe, durch welchen der Feind nach und nach hinaus¬
gedrängt ward. — Auch die kampffähigen Ueberreste der 1. Garde-Infanterie-
Brigade hatten sich an dem Sturm auf Se. Privat betheiligt, und das 2.
Garde-Regiment war gegen die Südwestseite des Ortes, Abtheilungen der 4.
Garde-Jnfanterie-Brigade waren von Süden vorgegangen. — Unmittelbar neben
der brennenden Kirche haltend regelte General v. Pape die fernere Verwendung
der dort von allen Seiten zusammentreffenden Truppen und ordnete die Be¬
setzung des Ostrandes an. — Um 8 Uhr befand sich der Sieger im unbe¬
strittenen Besitz von Se. Privat und machte dort 2000 unverwundete Gefan¬
gene. Das Garde-Füsilier-Regiment wurde als frische und geschlossene Re¬
serve zurückgehalten.

Die Einnahme von Se. Privat entschied die Niederlage des rechten
französischen Flügels. Die geschlagenen Truppen des 6. Corps flüchteten
in das Moselthal, geschirmt von der Brigade Wchot, der Kavallerie des
Generals du Barail und einigen Batterien.

Nordwestlich des Bois de Saulcy erschien jetzt — zu spät um das Ge¬
fecht herzustellen — die französische Garde-Grenadier-Division Picard nebst
der ihr zugetheilten Reserve-Artillerie. Letztere entwickelte sich in breiter Front
bei den Steinbrüchen von Amanvillers und eröffnete ein heftiges Feuer gegen
die deutsche Artillerie. Diese wurde indessen — ganz abgesehen von den Hessen
- auf dem Raume südlich von Se. Privat bis auf 23 Batterien verstärkt,
und nun dröhnte in gewaltigem Geschützkamps der Donner der Schlacht noch
einmal auf und donnerte fort bis in das Dunkel der Nacht.

In diesen großen Geschützkampf griffen auch die Batterien der zur allge¬
meinen Unterstützung heranrückenden 20. Division mit ein, welche bereits zu
einer Zeit östlich von Ste. Marie erschienen war, als Se. Privat sich noch im
Besitz des Feindes befand. Nachdem dies Dorf von den Sachsen und Garden
genommen, griff die 40. Brigade mit ihrem ersten Treffen rechts und links um
Se. Privat herum, wobei es an den Außengehöften noch zu Gefechten kam.
Bei einbrechender Dunkelheit wurde die Division wieder gesammelt.

Im äußersten Norden des Schlachtfeldes hatte sich ungefähr gleichzeitig
mit der Erstürmung von Se. Privat ein selbständiges Gefecht entwickelt, in¬
dem die gegen Montois und den Wald von Jaumont gewendeten Theile der
sächsischen Umgehungskolonne einen Kampf mit der den Rückzug deckenden
Brigade Wchot zu bestehn hatten, wobei die sächsische Artillerie Gelegen¬
heit fand auch noch gegen die in das Moselthal abziehenden Kolonnen der
Franzosen zu wirken.

Mittlerweile hatte die vollständige Niederlage des Marschalls Canrobert


Grenzboten I. 187b. !S
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/105>, abgerufen am 01.07.2024.