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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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durchforscht und an dem Punkte Tschikischlär eine Militärstation errichtet.
Wir können nach den vorliegenden Nachrichten nicht beurtheilen, in wie weit
dieser Weg für größere Truppenbewegungen praktikabel ist"und ob er sich zu
einer Verbindung zwischen Krasnowodsk und Tschikischlär eignet. Er enthielt
etwa 20 Brunnen mit theils salzigem, theils brakigem (etwas salzigem) Wasser
und war auf der rechten östlichen Seite von einzelnen dunenartigen Sand¬
hügeln begleitet.

Von Tschikischlär aus zog die eine Kolonne unter persönlicher Führung
Markosoff's in nordöstlicher Richtung, die oben erwähnte Karawanenstraße
benutzend, nach dem Usboi, wo ein Punkt zum Rendezvous bestimmt war.
Die andere Abtheilung, bei der sich Oberst Stebnitzki und der bekannte Heidel¬
berger Geolog Dr. Siepers befanden, war in gerader östlicher Richtung von
Krasnowodsk aus zu demselben Punkte gelangt. Von hier aus bewegte sich
das vereinigte Expeditionseorps den Usboi aufwärts, wurde aber an einem
Süßwassersee, wo sie sich gelagert hatten, von einer Horde Tekkenzen ange¬
griffen, welche ihnen die Kameele wegzutreiben versuchten. Allein die Räuber
wurden mit Verlust und Hinterlassung von Gefangenen zurückgetrieben. Bald
darauf erschienen Abgesandte der Telle, welche um Entschuldigung wegen des
Ueberfalls und um Auslieferung der Gefangenen baten. Unter den Ent¬
schuldigungsgründen zeichnete sich namentlich einer durch seine Originalität
aus: sie hätten, sagten sie, die russischen Truppen für nicht besser als die
persischen gehalten. Die Gefangenen wurden ihnen ausgeliefert, da sie nur
eine Last waren, aber zur Bedingung gemacht, daß sie binnen 3 Tagen
300 Stück gute Kameele liefern sollten, widrigenfalls sie strenge Ahndung
treffen würde. Was zu erwarten war, geschah: die Kameele trafen nicht
ein. So beschloß denn Oberst Markosoff, den Weitermarsch nach Osten ein¬
zustellen und eine Rechtsschwenkung zu machen, um die Nester der Telle auf¬
zusuchen.

Wir enthalten uns der weiteren Beschreibung des ziemlich 140 Werst
messenden Weges durch die Sandsteppe, deren Natur wir im Anfange schon
berührt haben. Der Marsch war besonders dadurch schwierig, daß man gleich
zuerst auf einer Strecke von 93 Werst kein Wasser fand. Kysyl-Arwat, das
man endlich nach vielen Mühseligkeiten erreichte, liegt etwa 490 Fuß über
dem Niveau des kaspischen Meeres, 3 Werst vom Fuße des Kjerjan-Dagh
entfernt, und bildet die nord-westliche Spitze einer Reihe von ungefähr 60 Be¬
festigungen, welche die Telle an dem AbHange des genannten Gebirges zum
Schutz ihrer Ante angelegt haben. Die Festung hat eine quadratische Form
und besteht aus Lehmmauern, die etwa 80 Faden lang und 16 Fuß hoch
sind. Innerhalb derselben erhebt sich eine Citadelle mit etwas höheren Mauern
und Thürmen an den Ecken und Thoren. Naht sich ein Feind, so ziehen


durchforscht und an dem Punkte Tschikischlär eine Militärstation errichtet.
Wir können nach den vorliegenden Nachrichten nicht beurtheilen, in wie weit
dieser Weg für größere Truppenbewegungen praktikabel ist"und ob er sich zu
einer Verbindung zwischen Krasnowodsk und Tschikischlär eignet. Er enthielt
etwa 20 Brunnen mit theils salzigem, theils brakigem (etwas salzigem) Wasser
und war auf der rechten östlichen Seite von einzelnen dunenartigen Sand¬
hügeln begleitet.

Von Tschikischlär aus zog die eine Kolonne unter persönlicher Führung
Markosoff's in nordöstlicher Richtung, die oben erwähnte Karawanenstraße
benutzend, nach dem Usboi, wo ein Punkt zum Rendezvous bestimmt war.
Die andere Abtheilung, bei der sich Oberst Stebnitzki und der bekannte Heidel¬
berger Geolog Dr. Siepers befanden, war in gerader östlicher Richtung von
Krasnowodsk aus zu demselben Punkte gelangt. Von hier aus bewegte sich
das vereinigte Expeditionseorps den Usboi aufwärts, wurde aber an einem
Süßwassersee, wo sie sich gelagert hatten, von einer Horde Tekkenzen ange¬
griffen, welche ihnen die Kameele wegzutreiben versuchten. Allein die Räuber
wurden mit Verlust und Hinterlassung von Gefangenen zurückgetrieben. Bald
darauf erschienen Abgesandte der Telle, welche um Entschuldigung wegen des
Ueberfalls und um Auslieferung der Gefangenen baten. Unter den Ent¬
schuldigungsgründen zeichnete sich namentlich einer durch seine Originalität
aus: sie hätten, sagten sie, die russischen Truppen für nicht besser als die
persischen gehalten. Die Gefangenen wurden ihnen ausgeliefert, da sie nur
eine Last waren, aber zur Bedingung gemacht, daß sie binnen 3 Tagen
300 Stück gute Kameele liefern sollten, widrigenfalls sie strenge Ahndung
treffen würde. Was zu erwarten war, geschah: die Kameele trafen nicht
ein. So beschloß denn Oberst Markosoff, den Weitermarsch nach Osten ein¬
zustellen und eine Rechtsschwenkung zu machen, um die Nester der Telle auf¬
zusuchen.

Wir enthalten uns der weiteren Beschreibung des ziemlich 140 Werst
messenden Weges durch die Sandsteppe, deren Natur wir im Anfange schon
berührt haben. Der Marsch war besonders dadurch schwierig, daß man gleich
zuerst auf einer Strecke von 93 Werst kein Wasser fand. Kysyl-Arwat, das
man endlich nach vielen Mühseligkeiten erreichte, liegt etwa 490 Fuß über
dem Niveau des kaspischen Meeres, 3 Werst vom Fuße des Kjerjan-Dagh
entfernt, und bildet die nord-westliche Spitze einer Reihe von ungefähr 60 Be¬
festigungen, welche die Telle an dem AbHange des genannten Gebirges zum
Schutz ihrer Ante angelegt haben. Die Festung hat eine quadratische Form
und besteht aus Lehmmauern, die etwa 80 Faden lang und 16 Fuß hoch
sind. Innerhalb derselben erhebt sich eine Citadelle mit etwas höheren Mauern
und Thürmen an den Ecken und Thoren. Naht sich ein Feind, so ziehen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/511>, abgerufen am 28.12.2024.