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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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vontz Seiten der großen Zettelbanken gesteuert werden kann. Werden nun
die^.im höheren Betrage ausgegebenen ungedruckten Noten durch eine Abgabe
von 5 Proc. beschwert, so ist die Bank genöthigt, ihren Diseontosatz noch
mehr' zu erhöhen, als es die Lage des Geldmarktes an sich erfordern würde.
Das Geschäftspublicum wird also gerade in der kritischsten Lage, in welcher
die Bankorganisation Schutz gewähren sollte, stärker beeinträchtigt, als in
ruhigen Zeiten.

Die englische Baulande, welche die Contingentirung vorschreibt, mußte aus
diesem Grunde drei Mal in den Kreisen von 1847, 1857 und 1866 suspendirt
werden, weil die ganze Wirthschaftsmaschine still zu stehen drohte.

Die Contingentirung hat nur Sinn da, wo der Zwangscurs besteht.
Da es aber zu diesem in Deutschland gar nicht kommen kann, so ist diese
Maßregel überflüssig und schädlich.




Wilhelm Lüdemann's neuestes Werk.

Unsere Leser werden sich wohl jenes höchst interessanten Aufsatzes über
die Wechsel messen erinnern, den Wilhelm Endemann im vorigen Jahre
in den Grenzboten veröffentlichte. Den Eindruck, den die Arbeit des gelehrten
Mannes auf den verständigen Laien und Praktiker geübt haben mag, habe
ich damals recht deutlich ermessen an dem Ausspruch eines der feinsinnigsten
und in seiner Vaterstadt wegen seiner großartigen Munificenz rühmlichst be¬
kannten deutschen Bankiers, der Endemann's Behandlung gelesen hatte. Ich
habe die kurzen Worte nicht stenographirt, aber sie haften auch ohne Kurz¬
schrift treu im Gedächtniß. Endemann hatte in jenem Artikel gezeigt, wie
der Wechsel und die Wechselmessen die Form waren, in der das Bedürfniß
der mittelalterlichen Creditwirthschaft das kanonistische Wucher- und Zins¬
verbot umging, und ein wahrhaft modernes Umlaufsmittel schuf. Und dieser
jedem Laien verständliche kulturhistorische Essay veranlaßte unsern Bankier zu
sehr verständigen Aeußerungen über diesen vor mehr als einem halben Jahr¬
tausend gekämpften "Kulturkampf" gegen die Kirche. Ich glaube, wenige
Leser haben den Aufsatz Endemann's über die Wechselmessen so ganz in seiner
vollen Tiefe erfaßt, wie dieser praktische Denker. Denn Endemann selbst sagt
in seiner Einleitung zu seinem neuesten Werke, "Studien in der Roma-
nisch-kanonistischen Wirthschafts- und Rechtslehre bis gegen


vontz Seiten der großen Zettelbanken gesteuert werden kann. Werden nun
die^.im höheren Betrage ausgegebenen ungedruckten Noten durch eine Abgabe
von 5 Proc. beschwert, so ist die Bank genöthigt, ihren Diseontosatz noch
mehr' zu erhöhen, als es die Lage des Geldmarktes an sich erfordern würde.
Das Geschäftspublicum wird also gerade in der kritischsten Lage, in welcher
die Bankorganisation Schutz gewähren sollte, stärker beeinträchtigt, als in
ruhigen Zeiten.

Die englische Baulande, welche die Contingentirung vorschreibt, mußte aus
diesem Grunde drei Mal in den Kreisen von 1847, 1857 und 1866 suspendirt
werden, weil die ganze Wirthschaftsmaschine still zu stehen drohte.

Die Contingentirung hat nur Sinn da, wo der Zwangscurs besteht.
Da es aber zu diesem in Deutschland gar nicht kommen kann, so ist diese
Maßregel überflüssig und schädlich.




Wilhelm Lüdemann's neuestes Werk.

Unsere Leser werden sich wohl jenes höchst interessanten Aufsatzes über
die Wechsel messen erinnern, den Wilhelm Endemann im vorigen Jahre
in den Grenzboten veröffentlichte. Den Eindruck, den die Arbeit des gelehrten
Mannes auf den verständigen Laien und Praktiker geübt haben mag, habe
ich damals recht deutlich ermessen an dem Ausspruch eines der feinsinnigsten
und in seiner Vaterstadt wegen seiner großartigen Munificenz rühmlichst be¬
kannten deutschen Bankiers, der Endemann's Behandlung gelesen hatte. Ich
habe die kurzen Worte nicht stenographirt, aber sie haften auch ohne Kurz¬
schrift treu im Gedächtniß. Endemann hatte in jenem Artikel gezeigt, wie
der Wechsel und die Wechselmessen die Form waren, in der das Bedürfniß
der mittelalterlichen Creditwirthschaft das kanonistische Wucher- und Zins¬
verbot umging, und ein wahrhaft modernes Umlaufsmittel schuf. Und dieser
jedem Laien verständliche kulturhistorische Essay veranlaßte unsern Bankier zu
sehr verständigen Aeußerungen über diesen vor mehr als einem halben Jahr¬
tausend gekämpften „Kulturkampf" gegen die Kirche. Ich glaube, wenige
Leser haben den Aufsatz Endemann's über die Wechselmessen so ganz in seiner
vollen Tiefe erfaßt, wie dieser praktische Denker. Denn Endemann selbst sagt
in seiner Einleitung zu seinem neuesten Werke, „Studien in der Roma-
nisch-kanonistischen Wirthschafts- und Rechtslehre bis gegen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/491>, abgerufen am 27.07.2024.