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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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von den Mtramontanen häufig gesagt. El, was würden die Franzosen geben,
wenn sie einen solchen "Satan" hätten, der sie aus ihrem Jammer heraus¬
zöge? Oder die Aankees. wenn er ihre durch und durch corrumpirte, aus
Rand und Band gehende Musterrepublik wieder in ein sonettes Staatswesen
umwandelte?

Sagen wir es nur offen: die anderen Alle beneiden uns um diesen
"Satan", auf welchen wir Deutschen so stolz sind.




Aus Luxemburg.

Endlich beginnt auch bei uns die Stimme der Bessern, der so lange und
schwer beleidigten öffentlichen Gerechtigkeit sich zu erheben. Das Hauptorgan
unserer Finsterlinge, das "Luxemburger Wort für Wahrheit und Recht",
dessen Frechheit gar keine Grenzen mehr kannte, ist endlich der öffentlichen
Landesjustiz in die Hände gefallen. Es mochte seiner ränkevollen Schlauheit,
vielleicht auch seinen vielen geheimen Helfershelfern und Gönnern zu viel
vertraut haben. Was es in den bewegungsvollen und für unser armes Land
so verhängnißvollen Zeiten der 48er Wirren ohne weiteren Schaden für sich
selbst gewagt, das glaubte es in diesen kaum minder bewegten Zeiten wieder
straflos wagen zu dürfen. Wie der Leser der Grenzboten weiß, hat das
Jesuitenblatt im Jahre 48 die These aufgestellt und vertheidigt, ein protestan¬
tischer Fürst sei nicht fähig, ein katholisches Volk recht zu regieren und zu
beglücken. Schon damals hatten sich die Gerichte in die klerikale Polemik
gemischt und ward -- der Strohmann des "Wort", in Ermangelung des
wahren Uebelthäters zu zwei Jahren Gefängniß und in die Kosten verurtheilt.
Doch wurde von dem Souverain dem armen Schlucker die Strafe nach"
gelassen, wahrscheinlich, weil -- ein Anderer dieselbe verdient hatte, der so
schlau war, sich im Finstern zu halten. Man mochte im Jesuitenlager
denken, Herr Neben, der damalige Sündenbock der Partei, sei ja dafür bezahlt,
den Sündenbock zu machen. Vielleicht auch war man der Begnadigung des
armen Schelms zum Voraus sicher. Wie dem aber auch immer sein mag,
das "Wort" kam ohne Schaden davon, und ward mit jedem Tage dreister
und frecher bis zum heutigen Tag. -- Heute nun -- wohl nur, weil ihm
jedes andere Hetzmotiv für den Augenblick fehlte, -- heute sagen wir, kam


von den Mtramontanen häufig gesagt. El, was würden die Franzosen geben,
wenn sie einen solchen „Satan" hätten, der sie aus ihrem Jammer heraus¬
zöge? Oder die Aankees. wenn er ihre durch und durch corrumpirte, aus
Rand und Band gehende Musterrepublik wieder in ein sonettes Staatswesen
umwandelte?

Sagen wir es nur offen: die anderen Alle beneiden uns um diesen
„Satan", auf welchen wir Deutschen so stolz sind.




Aus Luxemburg.

Endlich beginnt auch bei uns die Stimme der Bessern, der so lange und
schwer beleidigten öffentlichen Gerechtigkeit sich zu erheben. Das Hauptorgan
unserer Finsterlinge, das „Luxemburger Wort für Wahrheit und Recht",
dessen Frechheit gar keine Grenzen mehr kannte, ist endlich der öffentlichen
Landesjustiz in die Hände gefallen. Es mochte seiner ränkevollen Schlauheit,
vielleicht auch seinen vielen geheimen Helfershelfern und Gönnern zu viel
vertraut haben. Was es in den bewegungsvollen und für unser armes Land
so verhängnißvollen Zeiten der 48er Wirren ohne weiteren Schaden für sich
selbst gewagt, das glaubte es in diesen kaum minder bewegten Zeiten wieder
straflos wagen zu dürfen. Wie der Leser der Grenzboten weiß, hat das
Jesuitenblatt im Jahre 48 die These aufgestellt und vertheidigt, ein protestan¬
tischer Fürst sei nicht fähig, ein katholisches Volk recht zu regieren und zu
beglücken. Schon damals hatten sich die Gerichte in die klerikale Polemik
gemischt und ward — der Strohmann des „Wort", in Ermangelung des
wahren Uebelthäters zu zwei Jahren Gefängniß und in die Kosten verurtheilt.
Doch wurde von dem Souverain dem armen Schlucker die Strafe nach«
gelassen, wahrscheinlich, weil — ein Anderer dieselbe verdient hatte, der so
schlau war, sich im Finstern zu halten. Man mochte im Jesuitenlager
denken, Herr Neben, der damalige Sündenbock der Partei, sei ja dafür bezahlt,
den Sündenbock zu machen. Vielleicht auch war man der Begnadigung des
armen Schelms zum Voraus sicher. Wie dem aber auch immer sein mag,
das „Wort" kam ohne Schaden davon, und ward mit jedem Tage dreister
und frecher bis zum heutigen Tag. — Heute nun — wohl nur, weil ihm
jedes andere Hetzmotiv für den Augenblick fehlte, — heute sagen wir, kam


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[0366] von den Mtramontanen häufig gesagt. El, was würden die Franzosen geben, wenn sie einen solchen „Satan" hätten, der sie aus ihrem Jammer heraus¬ zöge? Oder die Aankees. wenn er ihre durch und durch corrumpirte, aus Rand und Band gehende Musterrepublik wieder in ein sonettes Staatswesen umwandelte? Sagen wir es nur offen: die anderen Alle beneiden uns um diesen „Satan", auf welchen wir Deutschen so stolz sind. Aus Luxemburg. Endlich beginnt auch bei uns die Stimme der Bessern, der so lange und schwer beleidigten öffentlichen Gerechtigkeit sich zu erheben. Das Hauptorgan unserer Finsterlinge, das „Luxemburger Wort für Wahrheit und Recht", dessen Frechheit gar keine Grenzen mehr kannte, ist endlich der öffentlichen Landesjustiz in die Hände gefallen. Es mochte seiner ränkevollen Schlauheit, vielleicht auch seinen vielen geheimen Helfershelfern und Gönnern zu viel vertraut haben. Was es in den bewegungsvollen und für unser armes Land so verhängnißvollen Zeiten der 48er Wirren ohne weiteren Schaden für sich selbst gewagt, das glaubte es in diesen kaum minder bewegten Zeiten wieder straflos wagen zu dürfen. Wie der Leser der Grenzboten weiß, hat das Jesuitenblatt im Jahre 48 die These aufgestellt und vertheidigt, ein protestan¬ tischer Fürst sei nicht fähig, ein katholisches Volk recht zu regieren und zu beglücken. Schon damals hatten sich die Gerichte in die klerikale Polemik gemischt und ward — der Strohmann des „Wort", in Ermangelung des wahren Uebelthäters zu zwei Jahren Gefängniß und in die Kosten verurtheilt. Doch wurde von dem Souverain dem armen Schlucker die Strafe nach« gelassen, wahrscheinlich, weil — ein Anderer dieselbe verdient hatte, der so schlau war, sich im Finstern zu halten. Man mochte im Jesuitenlager denken, Herr Neben, der damalige Sündenbock der Partei, sei ja dafür bezahlt, den Sündenbock zu machen. Vielleicht auch war man der Begnadigung des armen Schelms zum Voraus sicher. Wie dem aber auch immer sein mag, das „Wort" kam ohne Schaden davon, und ward mit jedem Tage dreister und frecher bis zum heutigen Tag. — Heute nun — wohl nur, weil ihm jedes andere Hetzmotiv für den Augenblick fehlte, — heute sagen wir, kam

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/366>, abgerufen am 03.07.2024.