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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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chronisch gewordenen erheblichen Ueberschüssen wird demnächst nicht viel mehr
zu verspüren sein. Die Steuerlast andererseits ist bereits so groß, daß eine
Steuererhöhung dringend und so lange als möglich widerrathen werden muß.

Erwägen wir nun, was Weimar schon jetzt für die Universität thut,
dann darf man sich das Bedenken nicht verhehlen, ob es möglich sein wird,
künftig noch erheblich mehr zu thun. Die größte Geneigtheit der Regierung
und des Landtags, den Anforderungen der Universität ein offenes Ohr zu
leihen, kann sich doch nicht der pflichtmäßigen Erwägung entschlagen, ob der
Aufwand für die Universität in richtigem Verhältniß zu dem gesammten
Staatshaushalt steht. Wir haben oben gezeigt, was das Großherzogthum
für Univerfltätszwecke aufbringt. Es kann sich darin relativ nicht nur mit
jedem deutschen Staate messen, sondern wird sicher von keinem übertroffen.
Allein wenn sich Weimar dessen rühmen darf, so gebietet zugleich die Rücksicht
auf das Land Maaß und Ziel zu halten. Und sobald wir das Land und
seine Steuerkraft in Ansatz bringen, wird es mehr als problematisch, daß ein
Land von kaum 300,000 die großen Mehrbedürfnisse allein oder zum bet
Weitem größten Theil auf seine Schultern laden, ja schließlich die Universität
fast allein erhalten soll. Das ist eben bei ruhiger Ueberlegung eine platte
Unmöglichkeit und die edelsten Emotionen helfen nicht darüber hinaus. Der
Finanzminister und der Landtag haben pflichtmäßig zu prüfen und einer
Überlastung vorzubeugen. Wir fürchten mit gutem Grund, daß man bald
vor diese Klippe stoßen wird; zumal, wie bereits bemerkt, dann, wenn man
sich von den anderen Staaten mehr oder minder im Stiche gelassen sieht.
Weimar allein kann die Universität nicht erhalten. Diesen Satz, der offen
ausgesprochen werden muß. wird ein Jeder unterschreiben, der weiß, was eine
Universität verlangt.

Ebensowenig, wie laufende Mehrbeträge von 25,000, 20.000, oder auch
nur 13.000 oder 10,000 Thaler im Jahresetat wird man Weimar ansinnen
dürfen, eine Kapitaldotation von 600,000 Thalern auf einem Brette zu be¬
schaffen. Wir zweifeln nicht, daß Weimar, falls sich alle Regierungen bereit¬
willig fänden, seine Rate zu einer derartigen Dotation beschaffen würde.
Sie allein zu gewähren, dazu fehlen denn doch, nachdem über den Haupttheil der
Kriegsentschädigung behufs Einziehung des Papiergeldes disponirt worden ist,
die bereiten Bestände; und selbst wenn noch Bestände vorhanden sind, so
müssen sie Angesichts der Budgetverhältnisse, welche namentlich durch unglück¬
liche Eisenbahngarantien beeinflußt sind, sorgsam zu Rathe gehalten werden.

Jede Liberalität, die darauf hin gegen die Hochschule in größerem Stile
geübt werden sollte, hat daher schwere Bedenken, ja ist kaum zu verantworten,
sobald man, wie billig geschehen muß, die keineswegs ungünstigen, aber doch


chronisch gewordenen erheblichen Ueberschüssen wird demnächst nicht viel mehr
zu verspüren sein. Die Steuerlast andererseits ist bereits so groß, daß eine
Steuererhöhung dringend und so lange als möglich widerrathen werden muß.

Erwägen wir nun, was Weimar schon jetzt für die Universität thut,
dann darf man sich das Bedenken nicht verhehlen, ob es möglich sein wird,
künftig noch erheblich mehr zu thun. Die größte Geneigtheit der Regierung
und des Landtags, den Anforderungen der Universität ein offenes Ohr zu
leihen, kann sich doch nicht der pflichtmäßigen Erwägung entschlagen, ob der
Aufwand für die Universität in richtigem Verhältniß zu dem gesammten
Staatshaushalt steht. Wir haben oben gezeigt, was das Großherzogthum
für Univerfltätszwecke aufbringt. Es kann sich darin relativ nicht nur mit
jedem deutschen Staate messen, sondern wird sicher von keinem übertroffen.
Allein wenn sich Weimar dessen rühmen darf, so gebietet zugleich die Rücksicht
auf das Land Maaß und Ziel zu halten. Und sobald wir das Land und
seine Steuerkraft in Ansatz bringen, wird es mehr als problematisch, daß ein
Land von kaum 300,000 die großen Mehrbedürfnisse allein oder zum bet
Weitem größten Theil auf seine Schultern laden, ja schließlich die Universität
fast allein erhalten soll. Das ist eben bei ruhiger Ueberlegung eine platte
Unmöglichkeit und die edelsten Emotionen helfen nicht darüber hinaus. Der
Finanzminister und der Landtag haben pflichtmäßig zu prüfen und einer
Überlastung vorzubeugen. Wir fürchten mit gutem Grund, daß man bald
vor diese Klippe stoßen wird; zumal, wie bereits bemerkt, dann, wenn man
sich von den anderen Staaten mehr oder minder im Stiche gelassen sieht.
Weimar allein kann die Universität nicht erhalten. Diesen Satz, der offen
ausgesprochen werden muß. wird ein Jeder unterschreiben, der weiß, was eine
Universität verlangt.

Ebensowenig, wie laufende Mehrbeträge von 25,000, 20.000, oder auch
nur 13.000 oder 10,000 Thaler im Jahresetat wird man Weimar ansinnen
dürfen, eine Kapitaldotation von 600,000 Thalern auf einem Brette zu be¬
schaffen. Wir zweifeln nicht, daß Weimar, falls sich alle Regierungen bereit¬
willig fänden, seine Rate zu einer derartigen Dotation beschaffen würde.
Sie allein zu gewähren, dazu fehlen denn doch, nachdem über den Haupttheil der
Kriegsentschädigung behufs Einziehung des Papiergeldes disponirt worden ist,
die bereiten Bestände; und selbst wenn noch Bestände vorhanden sind, so
müssen sie Angesichts der Budgetverhältnisse, welche namentlich durch unglück¬
liche Eisenbahngarantien beeinflußt sind, sorgsam zu Rathe gehalten werden.

Jede Liberalität, die darauf hin gegen die Hochschule in größerem Stile
geübt werden sollte, hat daher schwere Bedenken, ja ist kaum zu verantworten,
sobald man, wie billig geschehen muß, die keineswegs ungünstigen, aber doch


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/335>, abgerufen am 22.07.2024.