Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.Der vierte und letzte Band soll ausgewählte Briefe Friedrich's enthalten. Nicht mit gleich ungemischter Freude kann man von der "Volksausgabe", Der vierte und letzte Band soll ausgewählte Briefe Friedrich's enthalten. Nicht mit gleich ungemischter Freude kann man von der „Volksausgabe", <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0323" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/132017"/> <p xml:id="ID_1174" prev="#ID_1173"> Der vierte und letzte Band soll ausgewählte Briefe Friedrich's enthalten.<lb/> Wir werden stets mit besonderer Freude auf dieses im besten Sinne nationale<lb/> Unternehmen — dessen bairische Heimath es uns doppelt schätzen läßt, zurück¬<lb/> kommen. —</p><lb/> <p xml:id="ID_1175" next="#ID_1176"> Nicht mit gleich ungemischter Freude kann man von der „Volksausgabe",<lb/> die bei Siegfried Cronbach erscheint, urtheilen. — Sehr löblich ist ja auch<lb/> die Tendenz dieses Unternehmens. Und der niedrige Preis von 2^ Thlr.<lb/> für die ganze Sammlung von über siebenzig Druckbogen, die freundliche Aus¬<lb/> stattung der beiden Bände in ihrem „Schillerformat" ist durchaus anerkennens-<lb/> werth. Auch die getroffene Auswahl unter den Werken Friedrich's selbst ist<lb/> größtentheils verständig, und verliert sich nur am Schlüsse in den Kabinets-<lb/> ordres etwas ins Anektodenhafte, während die Gedichte, namentlich in der<lb/> Platten deutschen Uebersetzung, die ihnen hier zu Theil wird, ganz auszu¬<lb/> scheiden, und der Briefwechsel besser zu sichten gewesen wäre. Im Uebrigen<lb/> ist der Inhalt im wesentlichen derselbe, den Wegele giebt oder zu geben<lb/> gedenkt. Nur werden die hier ausgewählten Werke glattweg abgedruckt, ohne<lb/> Noten, Erläuterungen, Quellennachweise u. s. w. Der Herausgeber überläßt<lb/> es dem „Volke", sich seinen Theil dabei zu denken, oder sich in der Fülle<lb/> geistvoller, aber auch dem Gebildetsten nur mit Hülfe eines Mentors ver¬<lb/> ständlichen Anspielungen, welche namentlich der königliche Briefwechsel enthält,<lb/> zurechtzufinden. Der Schwerpunkt dieser Ausgabe war bei dieser Anlage des<lb/> Ganzen nothwendig in die Einleitung zu verlegen. Hier, bei der einzigen<lb/> Gelegenheit, wo der anonyme Veranstalter der Sammlung selbst wagte, ein<lb/> Wort zu sprechen, durfte das „Volk", dem diese Ausgabe bestimmt war, auch<lb/> nut vollstem Recht erwarten, über das Leben, die Zeit, das Streben, die<lb/> Korrespondenten des großen Königs wenigstens soviel zu erfahren, daß es<lb/> nachher, bet der Lectüre der Werke selbst, wenigstens halbwegs des Führers<lb/> entrathen, oder mit Nutzen abermals die Richtungsarme in der Einleitung<lb/> aufsuchen konnte. Wir sahen oben, daß auch Prof. Wegele in seiner viel<lb/> weniger „volksthümlichen" und sehr viel mehr mit Erläuterungen ausgestat¬<lb/> teten Ausgabe solchen Ansprüchen seines Publikums eingehend genügt hatte.<lb/> ^ Da ist nun aber zu sagen, daß die Einleitung der „Volksausgabe" das<lb/> traurigste ist, was wohl je über Friedrich den Großen geschrieben worden ist,<lb/> und bei weitem besser noch ganz weggeblieben wäre. Denn daß auf 24 Octav-<lb/> seitchen der große König kaum eingehender charakteristrt werden kann, als in<lb/> der dürftigsten deutschen Elementarschule, das liegt auf der Hand. Von<lb/> ^eher paar Seiten hat der kundige Thebaner, dem wir die Einleitung zu<lb/> sanken haben, aber gerade die Hälfte Voltaire und dem Marquis d'Argens,<lb/> d'Alembert u. s. w. zugewendet, und dem König den Rest kaltgestellt. So<lb/> ^fahren wir denn in dieser „Volksausgabe" nichts von Friedrich als ein</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0323]
Der vierte und letzte Band soll ausgewählte Briefe Friedrich's enthalten.
Wir werden stets mit besonderer Freude auf dieses im besten Sinne nationale
Unternehmen — dessen bairische Heimath es uns doppelt schätzen läßt, zurück¬
kommen. —
Nicht mit gleich ungemischter Freude kann man von der „Volksausgabe",
die bei Siegfried Cronbach erscheint, urtheilen. — Sehr löblich ist ja auch
die Tendenz dieses Unternehmens. Und der niedrige Preis von 2^ Thlr.
für die ganze Sammlung von über siebenzig Druckbogen, die freundliche Aus¬
stattung der beiden Bände in ihrem „Schillerformat" ist durchaus anerkennens-
werth. Auch die getroffene Auswahl unter den Werken Friedrich's selbst ist
größtentheils verständig, und verliert sich nur am Schlüsse in den Kabinets-
ordres etwas ins Anektodenhafte, während die Gedichte, namentlich in der
Platten deutschen Uebersetzung, die ihnen hier zu Theil wird, ganz auszu¬
scheiden, und der Briefwechsel besser zu sichten gewesen wäre. Im Uebrigen
ist der Inhalt im wesentlichen derselbe, den Wegele giebt oder zu geben
gedenkt. Nur werden die hier ausgewählten Werke glattweg abgedruckt, ohne
Noten, Erläuterungen, Quellennachweise u. s. w. Der Herausgeber überläßt
es dem „Volke", sich seinen Theil dabei zu denken, oder sich in der Fülle
geistvoller, aber auch dem Gebildetsten nur mit Hülfe eines Mentors ver¬
ständlichen Anspielungen, welche namentlich der königliche Briefwechsel enthält,
zurechtzufinden. Der Schwerpunkt dieser Ausgabe war bei dieser Anlage des
Ganzen nothwendig in die Einleitung zu verlegen. Hier, bei der einzigen
Gelegenheit, wo der anonyme Veranstalter der Sammlung selbst wagte, ein
Wort zu sprechen, durfte das „Volk", dem diese Ausgabe bestimmt war, auch
nut vollstem Recht erwarten, über das Leben, die Zeit, das Streben, die
Korrespondenten des großen Königs wenigstens soviel zu erfahren, daß es
nachher, bet der Lectüre der Werke selbst, wenigstens halbwegs des Führers
entrathen, oder mit Nutzen abermals die Richtungsarme in der Einleitung
aufsuchen konnte. Wir sahen oben, daß auch Prof. Wegele in seiner viel
weniger „volksthümlichen" und sehr viel mehr mit Erläuterungen ausgestat¬
teten Ausgabe solchen Ansprüchen seines Publikums eingehend genügt hatte.
^ Da ist nun aber zu sagen, daß die Einleitung der „Volksausgabe" das
traurigste ist, was wohl je über Friedrich den Großen geschrieben worden ist,
und bei weitem besser noch ganz weggeblieben wäre. Denn daß auf 24 Octav-
seitchen der große König kaum eingehender charakteristrt werden kann, als in
der dürftigsten deutschen Elementarschule, das liegt auf der Hand. Von
^eher paar Seiten hat der kundige Thebaner, dem wir die Einleitung zu
sanken haben, aber gerade die Hälfte Voltaire und dem Marquis d'Argens,
d'Alembert u. s. w. zugewendet, und dem König den Rest kaltgestellt. So
^fahren wir denn in dieser „Volksausgabe" nichts von Friedrich als ein
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