Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Mastes. Ein Boot wurde sofort ausgesetzt, wir landeten und pflanzten auch
hier unter nochmaligem Hurrah unsere schwarz-weiß-rothe Flagge auf." --

Damit war die erste Aufgabe, die Erreichung der Küste, glücklich gelöst,
ohne jede Beschädigung die Germania durch das Eis gebracht -- daß man
der unglücklichen Hansa oft bis auf wenige Meilen im Nebel nahe gewesen,
wußte man damals noch nicht --- die Basis der ferneren Operationen, der
eigentliche Kampfplatz, gewonnen, und ein fast vollständig unerforschtes Opera¬
tionsgebiet lag vor ihnen. Die Gruppe der Inseln, welche mit dem Namen
der Pendulum Inseln bezeichnet sind, und bei welchen die Germania Grön¬
land zuerst anlief, wurde bekanntlich von Clavering 1823 entdeckt und auf¬
genommen. Gleich hinter der Südostspitze der größeren Insel fanden die
Germaniamänner einen Winterhafen und Ankergrund, wie kein zweiter auf
der ganzen von ihnen untersuchten Küste gefunden war. Die Rhede ist vor
schwerem Eise durch eine vorliegende kleine Insel geschützt, welche wegen der
häufig dort sich zeigenden Walrosse Walroß-Insel genannt wurde. Außerdem
gewährte ein fast 610 Meter hoher Berg Schutz gegen Norden und gestattete
weithin die Beobachtung der Eisbildung und -Bewegung, so daß jede günstige
Chance zum Aufbruch nach Norden sofort wahrgenommen und benützt werden
konnte. Vorläufig indessen dachten die tapferen Seefahrer noch nicht daran
sich hier dauernd vor Anker zu legen. Nur wenige Tage hielt jene Bestim¬
mung der Instruction sie hier, laut deren die Lage von Sabine's Observato¬
rium aufgesucht und neu bestimmt, und dann erst weiter nach Norden vorge¬
drungen werden sollte. Dieses Observatorium ließ sich jedoch durchaus nicht
entdecken. Sowie dieses negative Resultat festgestellt, und Land und Eis
genau beobachtet war, wurde am 11. August früh Dampf aufgemacht, und
der Instruction gemäß nach Norden durch das Eis gesteuert. Um 8 Uhr
Vormittags wurde die Baßklippe umsteuert, Abens 6 Uhr war man schon
über den nördlichsten von Kapitän Clavering erreichten Punkt hinaus und
sah die Insel Shannon sich viel weiter nach Norden erstrecken, als auf der
ältern Karte angeben ist. Genaue Bestimmungen und Peilungen ergaben
die Breite 75" 17' in 17° 22' westlicher Länge von Greenwich, während
die Insel bis 76° 26' Nord und 18-0' westlicher Länge reichte. Schon
hieraus wurde zur Gewißheit, daß Clavering's angebliche Bootfahrt, bei
welcher ein Punkt in 75 - 14' nordwestlich der gefrorenen Bai erreicht worden
sein soll, auf einem Irrthum beruhte. Dieß wurde später nach Rückkehr der
Germania durch Lectüre der Orginalberichte bestätigt.

Das wichtigste Resultat dieser Fahrt nach Norden war die am 14. Au¬
gust Morgens erlangte Gewißheit, daß an ein weiteres Vordringen nach
Norden, wie es die Instruction vorschrieb, gar nicht zu denken sei. Schon
bisher hatte man nur mit äußerster Schwierigkeit, und auf langen Strecken


Mastes. Ein Boot wurde sofort ausgesetzt, wir landeten und pflanzten auch
hier unter nochmaligem Hurrah unsere schwarz-weiß-rothe Flagge auf." —

Damit war die erste Aufgabe, die Erreichung der Küste, glücklich gelöst,
ohne jede Beschädigung die Germania durch das Eis gebracht — daß man
der unglücklichen Hansa oft bis auf wenige Meilen im Nebel nahe gewesen,
wußte man damals noch nicht —- die Basis der ferneren Operationen, der
eigentliche Kampfplatz, gewonnen, und ein fast vollständig unerforschtes Opera¬
tionsgebiet lag vor ihnen. Die Gruppe der Inseln, welche mit dem Namen
der Pendulum Inseln bezeichnet sind, und bei welchen die Germania Grön¬
land zuerst anlief, wurde bekanntlich von Clavering 1823 entdeckt und auf¬
genommen. Gleich hinter der Südostspitze der größeren Insel fanden die
Germaniamänner einen Winterhafen und Ankergrund, wie kein zweiter auf
der ganzen von ihnen untersuchten Küste gefunden war. Die Rhede ist vor
schwerem Eise durch eine vorliegende kleine Insel geschützt, welche wegen der
häufig dort sich zeigenden Walrosse Walroß-Insel genannt wurde. Außerdem
gewährte ein fast 610 Meter hoher Berg Schutz gegen Norden und gestattete
weithin die Beobachtung der Eisbildung und -Bewegung, so daß jede günstige
Chance zum Aufbruch nach Norden sofort wahrgenommen und benützt werden
konnte. Vorläufig indessen dachten die tapferen Seefahrer noch nicht daran
sich hier dauernd vor Anker zu legen. Nur wenige Tage hielt jene Bestim¬
mung der Instruction sie hier, laut deren die Lage von Sabine's Observato¬
rium aufgesucht und neu bestimmt, und dann erst weiter nach Norden vorge¬
drungen werden sollte. Dieses Observatorium ließ sich jedoch durchaus nicht
entdecken. Sowie dieses negative Resultat festgestellt, und Land und Eis
genau beobachtet war, wurde am 11. August früh Dampf aufgemacht, und
der Instruction gemäß nach Norden durch das Eis gesteuert. Um 8 Uhr
Vormittags wurde die Baßklippe umsteuert, Abens 6 Uhr war man schon
über den nördlichsten von Kapitän Clavering erreichten Punkt hinaus und
sah die Insel Shannon sich viel weiter nach Norden erstrecken, als auf der
ältern Karte angeben ist. Genaue Bestimmungen und Peilungen ergaben
die Breite 75« 17' in 17° 22' westlicher Länge von Greenwich, während
die Insel bis 76° 26' Nord und 18-0' westlicher Länge reichte. Schon
hieraus wurde zur Gewißheit, daß Clavering's angebliche Bootfahrt, bei
welcher ein Punkt in 75 - 14' nordwestlich der gefrorenen Bai erreicht worden
sein soll, auf einem Irrthum beruhte. Dieß wurde später nach Rückkehr der
Germania durch Lectüre der Orginalberichte bestätigt.

Das wichtigste Resultat dieser Fahrt nach Norden war die am 14. Au¬
gust Morgens erlangte Gewißheit, daß an ein weiteres Vordringen nach
Norden, wie es die Instruction vorschrieb, gar nicht zu denken sei. Schon
bisher hatte man nur mit äußerster Schwierigkeit, und auf langen Strecken


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0266" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/131960"/>
          <p xml:id="ID_942" prev="#ID_941"> Mastes. Ein Boot wurde sofort ausgesetzt, wir landeten und pflanzten auch<lb/>
hier unter nochmaligem Hurrah unsere schwarz-weiß-rothe Flagge auf." &#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_943"> Damit war die erste Aufgabe, die Erreichung der Küste, glücklich gelöst,<lb/>
ohne jede Beschädigung die Germania durch das Eis gebracht &#x2014; daß man<lb/>
der unglücklichen Hansa oft bis auf wenige Meilen im Nebel nahe gewesen,<lb/>
wußte man damals noch nicht &#x2014;- die Basis der ferneren Operationen, der<lb/>
eigentliche Kampfplatz, gewonnen, und ein fast vollständig unerforschtes Opera¬<lb/>
tionsgebiet lag vor ihnen. Die Gruppe der Inseln, welche mit dem Namen<lb/>
der Pendulum Inseln bezeichnet sind, und bei welchen die Germania Grön¬<lb/>
land zuerst anlief, wurde bekanntlich von Clavering 1823 entdeckt und auf¬<lb/>
genommen. Gleich hinter der Südostspitze der größeren Insel fanden die<lb/>
Germaniamänner einen Winterhafen und Ankergrund, wie kein zweiter auf<lb/>
der ganzen von ihnen untersuchten Küste gefunden war. Die Rhede ist vor<lb/>
schwerem Eise durch eine vorliegende kleine Insel geschützt, welche wegen der<lb/>
häufig dort sich zeigenden Walrosse Walroß-Insel genannt wurde. Außerdem<lb/>
gewährte ein fast 610 Meter hoher Berg Schutz gegen Norden und gestattete<lb/>
weithin die Beobachtung der Eisbildung und -Bewegung, so daß jede günstige<lb/>
Chance zum Aufbruch nach Norden sofort wahrgenommen und benützt werden<lb/>
konnte. Vorläufig indessen dachten die tapferen Seefahrer noch nicht daran<lb/>
sich hier dauernd vor Anker zu legen. Nur wenige Tage hielt jene Bestim¬<lb/>
mung der Instruction sie hier, laut deren die Lage von Sabine's Observato¬<lb/>
rium aufgesucht und neu bestimmt, und dann erst weiter nach Norden vorge¬<lb/>
drungen werden sollte. Dieses Observatorium ließ sich jedoch durchaus nicht<lb/>
entdecken. Sowie dieses negative Resultat festgestellt, und Land und Eis<lb/>
genau beobachtet war, wurde am 11. August früh Dampf aufgemacht, und<lb/>
der Instruction gemäß nach Norden durch das Eis gesteuert. Um 8 Uhr<lb/>
Vormittags wurde die Baßklippe umsteuert, Abens 6 Uhr war man schon<lb/>
über den nördlichsten von Kapitän Clavering erreichten Punkt hinaus und<lb/>
sah die Insel Shannon sich viel weiter nach Norden erstrecken, als auf der<lb/>
ältern Karte angeben ist. Genaue Bestimmungen und Peilungen ergaben<lb/>
die Breite 75« 17' in 17° 22' westlicher Länge von Greenwich, während<lb/>
die Insel bis 76° 26' Nord und 18-0' westlicher Länge reichte. Schon<lb/>
hieraus wurde zur Gewißheit, daß Clavering's angebliche Bootfahrt, bei<lb/>
welcher ein Punkt in 75 - 14' nordwestlich der gefrorenen Bai erreicht worden<lb/>
sein soll, auf einem Irrthum beruhte. Dieß wurde später nach Rückkehr der<lb/>
Germania durch Lectüre der Orginalberichte bestätigt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_944" next="#ID_945"> Das wichtigste Resultat dieser Fahrt nach Norden war die am 14. Au¬<lb/>
gust Morgens erlangte Gewißheit, daß an ein weiteres Vordringen nach<lb/>
Norden, wie es die Instruction vorschrieb, gar nicht zu denken sei. Schon<lb/>
bisher hatte man nur mit äußerster Schwierigkeit, und auf langen Strecken</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0266] Mastes. Ein Boot wurde sofort ausgesetzt, wir landeten und pflanzten auch hier unter nochmaligem Hurrah unsere schwarz-weiß-rothe Flagge auf." — Damit war die erste Aufgabe, die Erreichung der Küste, glücklich gelöst, ohne jede Beschädigung die Germania durch das Eis gebracht — daß man der unglücklichen Hansa oft bis auf wenige Meilen im Nebel nahe gewesen, wußte man damals noch nicht —- die Basis der ferneren Operationen, der eigentliche Kampfplatz, gewonnen, und ein fast vollständig unerforschtes Opera¬ tionsgebiet lag vor ihnen. Die Gruppe der Inseln, welche mit dem Namen der Pendulum Inseln bezeichnet sind, und bei welchen die Germania Grön¬ land zuerst anlief, wurde bekanntlich von Clavering 1823 entdeckt und auf¬ genommen. Gleich hinter der Südostspitze der größeren Insel fanden die Germaniamänner einen Winterhafen und Ankergrund, wie kein zweiter auf der ganzen von ihnen untersuchten Küste gefunden war. Die Rhede ist vor schwerem Eise durch eine vorliegende kleine Insel geschützt, welche wegen der häufig dort sich zeigenden Walrosse Walroß-Insel genannt wurde. Außerdem gewährte ein fast 610 Meter hoher Berg Schutz gegen Norden und gestattete weithin die Beobachtung der Eisbildung und -Bewegung, so daß jede günstige Chance zum Aufbruch nach Norden sofort wahrgenommen und benützt werden konnte. Vorläufig indessen dachten die tapferen Seefahrer noch nicht daran sich hier dauernd vor Anker zu legen. Nur wenige Tage hielt jene Bestim¬ mung der Instruction sie hier, laut deren die Lage von Sabine's Observato¬ rium aufgesucht und neu bestimmt, und dann erst weiter nach Norden vorge¬ drungen werden sollte. Dieses Observatorium ließ sich jedoch durchaus nicht entdecken. Sowie dieses negative Resultat festgestellt, und Land und Eis genau beobachtet war, wurde am 11. August früh Dampf aufgemacht, und der Instruction gemäß nach Norden durch das Eis gesteuert. Um 8 Uhr Vormittags wurde die Baßklippe umsteuert, Abens 6 Uhr war man schon über den nördlichsten von Kapitän Clavering erreichten Punkt hinaus und sah die Insel Shannon sich viel weiter nach Norden erstrecken, als auf der ältern Karte angeben ist. Genaue Bestimmungen und Peilungen ergaben die Breite 75« 17' in 17° 22' westlicher Länge von Greenwich, während die Insel bis 76° 26' Nord und 18-0' westlicher Länge reichte. Schon hieraus wurde zur Gewißheit, daß Clavering's angebliche Bootfahrt, bei welcher ein Punkt in 75 - 14' nordwestlich der gefrorenen Bai erreicht worden sein soll, auf einem Irrthum beruhte. Dieß wurde später nach Rückkehr der Germania durch Lectüre der Orginalberichte bestätigt. Das wichtigste Resultat dieser Fahrt nach Norden war die am 14. Au¬ gust Morgens erlangte Gewißheit, daß an ein weiteres Vordringen nach Norden, wie es die Instruction vorschrieb, gar nicht zu denken sei. Schon bisher hatte man nur mit äußerster Schwierigkeit, und auf langen Strecken

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/266
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/266>, abgerufen am 22.07.2024.