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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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andere Bürgschaft existirt oder selbst nur erdacht werden kann, als die Ge¬
wissenhaftigkeit des Apothekers und seiner Gehülfen. --

Ich gehe nicht ein auf die einzelnen Fragen des reichskanzleramtlichen
Ersuchens: dieselben zeigen im Ganzen deutlich die Sorgfalt und Umsicht, mit
welchen die hohe Behörde auch dieses Gegenstandes sich annimmt; und die
Beantwortung wird der Commission nicht übergroße Mühe machen, denn für
jede einzelne der 2 Haupt- und 19 Unter-Fragen findet sich fertiges Material
in der Literatur und vermuthlich wird sich noch reicheres in der Erfahrungs-
Summe der Commissions-Mitglieder finden.

Man könnte vermuthen, daß die statistischen Untersuchungen über die
Lebensverhältnisse der Pharmacie noch nicht beendigt seien, welche im vorigen
Jahr durch den Bundesrath angeordnet und eingeleitet worden, und daß
deshalb von den Höchsten Behörden die Schöpfung eines vollständigen
Pharmaciegesetzes in diesem Jahr noch nicht, vielmehr erst im nächsten, könne
in Angriff genommen werden. Ist es doch allgemein -- von pharmaceuti¬
scher, medicinischer und volkswirthschaftlicher Seite -- anerkannt, daß solche
statistischen Untersuchungen unentbehrlich seien, um die drückenden und schwan¬
kenden Pharmaciezustände durch wohlgeordnete und feste zu ersetzen. Aber
diese Untersuchungen beziehen sich weit weniger auf die Principien des
zu schaffenden Gesetzes als auf die Einzelausführung desselben, am
meisten aber werden sie der künftigen Handhabung des Gesetzes zu dienen
haben. Sie werden also z. B. dienen,

die Dürftigkeit des Umsatzes, über welche in so vielen Apotheken, beson¬
ders kleineren und kleinsten, geklagt wird, so genau als möglich nach ihren
Graden, ihrer Vertheilung auf gewisse Gegenden, u. s. w. festzustellen,

die Richtigkeit der bisher üblichen Annahmen zu prüfen, wie man die
realen und nonrealen Werthe der Apotheken zu berechnen habe,

die Frage zu beantworten, ob in den gegenwärtig geltenden Arzneitaxen
die Preise im Verhältniß zur Entwerthung des Geldes bereits gebührend
gegen früher gestiegen sind, oder was hier noch zu geschehen habe, -- über¬
haupt Einzelzahlen für jene Preise zu liefern,

die Gewerbe-Steuer (oder- Steuern) im Einzelnen zu regeln,

u. s. w. Sie werden sonach mehr der Staatsverwaltung als der Gesetz¬
gebung dienen, mehr den durch Verfügungen als den durch die Gesetzgebung
im engeren Sinne zu ordnenden Punkten, mehr den Behörden der einzelnen
Staaten als denen des Reiches; und soweit dennoch das Gegentheil stattfin¬
det, dürsten sie durch die Hartmann'sche Schrift für die nächste Zukunft, und
zumal für die 21 vorliegenden Fragen des Reichskanzleramtes, ersetzt sein;
jedenfalls darf man über die Tragweite dieses Ersatzes das Urtheil der Unter¬
suchungscommission abwarten, und man macht ja auch die Gesetze nicht für


andere Bürgschaft existirt oder selbst nur erdacht werden kann, als die Ge¬
wissenhaftigkeit des Apothekers und seiner Gehülfen. —

Ich gehe nicht ein auf die einzelnen Fragen des reichskanzleramtlichen
Ersuchens: dieselben zeigen im Ganzen deutlich die Sorgfalt und Umsicht, mit
welchen die hohe Behörde auch dieses Gegenstandes sich annimmt; und die
Beantwortung wird der Commission nicht übergroße Mühe machen, denn für
jede einzelne der 2 Haupt- und 19 Unter-Fragen findet sich fertiges Material
in der Literatur und vermuthlich wird sich noch reicheres in der Erfahrungs-
Summe der Commissions-Mitglieder finden.

Man könnte vermuthen, daß die statistischen Untersuchungen über die
Lebensverhältnisse der Pharmacie noch nicht beendigt seien, welche im vorigen
Jahr durch den Bundesrath angeordnet und eingeleitet worden, und daß
deshalb von den Höchsten Behörden die Schöpfung eines vollständigen
Pharmaciegesetzes in diesem Jahr noch nicht, vielmehr erst im nächsten, könne
in Angriff genommen werden. Ist es doch allgemein — von pharmaceuti¬
scher, medicinischer und volkswirthschaftlicher Seite — anerkannt, daß solche
statistischen Untersuchungen unentbehrlich seien, um die drückenden und schwan¬
kenden Pharmaciezustände durch wohlgeordnete und feste zu ersetzen. Aber
diese Untersuchungen beziehen sich weit weniger auf die Principien des
zu schaffenden Gesetzes als auf die Einzelausführung desselben, am
meisten aber werden sie der künftigen Handhabung des Gesetzes zu dienen
haben. Sie werden also z. B. dienen,

die Dürftigkeit des Umsatzes, über welche in so vielen Apotheken, beson¬
ders kleineren und kleinsten, geklagt wird, so genau als möglich nach ihren
Graden, ihrer Vertheilung auf gewisse Gegenden, u. s. w. festzustellen,

die Richtigkeit der bisher üblichen Annahmen zu prüfen, wie man die
realen und nonrealen Werthe der Apotheken zu berechnen habe,

die Frage zu beantworten, ob in den gegenwärtig geltenden Arzneitaxen
die Preise im Verhältniß zur Entwerthung des Geldes bereits gebührend
gegen früher gestiegen sind, oder was hier noch zu geschehen habe, — über¬
haupt Einzelzahlen für jene Preise zu liefern,

die Gewerbe-Steuer (oder- Steuern) im Einzelnen zu regeln,

u. s. w. Sie werden sonach mehr der Staatsverwaltung als der Gesetz¬
gebung dienen, mehr den durch Verfügungen als den durch die Gesetzgebung
im engeren Sinne zu ordnenden Punkten, mehr den Behörden der einzelnen
Staaten als denen des Reiches; und soweit dennoch das Gegentheil stattfin¬
det, dürsten sie durch die Hartmann'sche Schrift für die nächste Zukunft, und
zumal für die 21 vorliegenden Fragen des Reichskanzleramtes, ersetzt sein;
jedenfalls darf man über die Tragweite dieses Ersatzes das Urtheil der Unter¬
suchungscommission abwarten, und man macht ja auch die Gesetze nicht für


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/259>, abgerufen am 22.07.2024.