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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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für die Unentbehrlichkeit des pharmaceutischen Concessionswesens, am stärksten
aus der im Juni (Nachtrag im August) an den Bundesrath gerichteten Ein¬
gabe für wissenschaftliche Hebung der Pharmacie und für Aufrechterhaltung des
Concessionswesens, von 228 Aerzten, unter denen 125 Professoren der Medicin
-- ein Document, dem die Geschichte der Medicin und die der Pharmacie
schwerlich enieS von ähnlichem Gewicht an die Seite zu setzen haben.

4) die vor übereilter Aufgebung des Coneessionswesens warnenden Stim¬
men einiger akademischen Nationalökonomen von Rang: Schönberg, Baum¬
stark, Held, Adolph Wagner, in "Gutachten Deutscher Nationalökonomen
über die Reformsrage des Deutschen Apothekenwesens. Als Manuscript ge¬
druckt." 2 Hefte. Magdeburg 1873, März und April. Die Herren konnten
damals noch nicht entschiedenerden Stab über die pharmaceutische Niederlassungs¬
freiheit brechen, weil ein einigermaßen gründlicher und ausreichender Beweis,
daß die gesammte West europäische Pharmacie in Folge der Niederlas¬
sungsfreiheit mittelalterlich tief zurückstehe hinter der osteuropäischen, noch
nicht erbracht war (vielmehr nur sehr zahlreiche Einzelheiten dazu in der Presse,
hauptsächlich der pharmaceutischen, vorlagen). Seitdem habe ich, im Sep¬
tember, i. a. W., einen solchen Beweis veröffentlicht, und meines Wissens ist
von den durch mich in Fülle beigebrachten Thatsachen noch nicht Eine, von
meiner ganzen Beweisführung noch nicht Ein Pünktchen, widerlegt oder auch
nur zu widerlegen versucht worden. Wenn, wie zu vermuthen, die Unter-
suchungscommission meine Darstellung -- ganz oder doch wenigstens in den
Hauptzügen --als treffend anerkennt, so ist die Frage "ob Aufrechterhaltung
des Concessionswesens oder Rückkehr zur mittelalterlichen Niederlassungsfrei-
h^-it?" nicht bloß spruchreif, sondern sogar schon für jeden Unbefangenen ent¬
schieden ; es werden dann sonder Zweifel auch die vorher genannten vier Au¬
tors, wenn man sie darum ersucht, sich direct und unbedingt gegen die Nie-
derlussungösreiheit aussprechen.

Bei so "ertheilter Wehrkraft darf man nicht daran zweifeln, daß die
Arbeiten der Untersuchungscommission den Hahnenschrei herbeiführen werden,
welcher für die Deutsche Pharmacie -- und dadurch für die oberste Phar-
maciestuse überhaupt -- das seit 12 Jahren spukende Gespenst der Nieder¬
lassungsfreiheit in sein schon vor Jahrhunderten gemauertes Grab auf immer
zurückwirft.


"Dieser durch eine reiche Tagesliteratur mehr verschärfte als ausgeglichene Widerstreit
der Ansichten"

In diesen Worten liegt ein Vorwurf für die Tagesliteratur sonder
Zweifel ist nur die deutsche gemeint^, denn diese würde ihren Hauptzweck
verfehlt haben, wenn sie nicht den Widerstreit der Ansichten ausgeglichen oder
doch wenigstens zu seiner Ausgleichung ansehnlich beigetragen hätte. Das


für die Unentbehrlichkeit des pharmaceutischen Concessionswesens, am stärksten
aus der im Juni (Nachtrag im August) an den Bundesrath gerichteten Ein¬
gabe für wissenschaftliche Hebung der Pharmacie und für Aufrechterhaltung des
Concessionswesens, von 228 Aerzten, unter denen 125 Professoren der Medicin
— ein Document, dem die Geschichte der Medicin und die der Pharmacie
schwerlich enieS von ähnlichem Gewicht an die Seite zu setzen haben.

4) die vor übereilter Aufgebung des Coneessionswesens warnenden Stim¬
men einiger akademischen Nationalökonomen von Rang: Schönberg, Baum¬
stark, Held, Adolph Wagner, in „Gutachten Deutscher Nationalökonomen
über die Reformsrage des Deutschen Apothekenwesens. Als Manuscript ge¬
druckt." 2 Hefte. Magdeburg 1873, März und April. Die Herren konnten
damals noch nicht entschiedenerden Stab über die pharmaceutische Niederlassungs¬
freiheit brechen, weil ein einigermaßen gründlicher und ausreichender Beweis,
daß die gesammte West europäische Pharmacie in Folge der Niederlas¬
sungsfreiheit mittelalterlich tief zurückstehe hinter der osteuropäischen, noch
nicht erbracht war (vielmehr nur sehr zahlreiche Einzelheiten dazu in der Presse,
hauptsächlich der pharmaceutischen, vorlagen). Seitdem habe ich, im Sep¬
tember, i. a. W., einen solchen Beweis veröffentlicht, und meines Wissens ist
von den durch mich in Fülle beigebrachten Thatsachen noch nicht Eine, von
meiner ganzen Beweisführung noch nicht Ein Pünktchen, widerlegt oder auch
nur zu widerlegen versucht worden. Wenn, wie zu vermuthen, die Unter-
suchungscommission meine Darstellung — ganz oder doch wenigstens in den
Hauptzügen —als treffend anerkennt, so ist die Frage „ob Aufrechterhaltung
des Concessionswesens oder Rückkehr zur mittelalterlichen Niederlassungsfrei-
h^-it?" nicht bloß spruchreif, sondern sogar schon für jeden Unbefangenen ent¬
schieden ; es werden dann sonder Zweifel auch die vorher genannten vier Au¬
tors, wenn man sie darum ersucht, sich direct und unbedingt gegen die Nie-
derlussungösreiheit aussprechen.

Bei so «ertheilter Wehrkraft darf man nicht daran zweifeln, daß die
Arbeiten der Untersuchungscommission den Hahnenschrei herbeiführen werden,
welcher für die Deutsche Pharmacie — und dadurch für die oberste Phar-
maciestuse überhaupt — das seit 12 Jahren spukende Gespenst der Nieder¬
lassungsfreiheit in sein schon vor Jahrhunderten gemauertes Grab auf immer
zurückwirft.


„Dieser durch eine reiche Tagesliteratur mehr verschärfte als ausgeglichene Widerstreit
der Ansichten"

In diesen Worten liegt ein Vorwurf für die Tagesliteratur sonder
Zweifel ist nur die deutsche gemeint^, denn diese würde ihren Hauptzweck
verfehlt haben, wenn sie nicht den Widerstreit der Ansichten ausgeglichen oder
doch wenigstens zu seiner Ausgleichung ansehnlich beigetragen hätte. Das


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[0256] für die Unentbehrlichkeit des pharmaceutischen Concessionswesens, am stärksten aus der im Juni (Nachtrag im August) an den Bundesrath gerichteten Ein¬ gabe für wissenschaftliche Hebung der Pharmacie und für Aufrechterhaltung des Concessionswesens, von 228 Aerzten, unter denen 125 Professoren der Medicin — ein Document, dem die Geschichte der Medicin und die der Pharmacie schwerlich enieS von ähnlichem Gewicht an die Seite zu setzen haben. 4) die vor übereilter Aufgebung des Coneessionswesens warnenden Stim¬ men einiger akademischen Nationalökonomen von Rang: Schönberg, Baum¬ stark, Held, Adolph Wagner, in „Gutachten Deutscher Nationalökonomen über die Reformsrage des Deutschen Apothekenwesens. Als Manuscript ge¬ druckt." 2 Hefte. Magdeburg 1873, März und April. Die Herren konnten damals noch nicht entschiedenerden Stab über die pharmaceutische Niederlassungs¬ freiheit brechen, weil ein einigermaßen gründlicher und ausreichender Beweis, daß die gesammte West europäische Pharmacie in Folge der Niederlas¬ sungsfreiheit mittelalterlich tief zurückstehe hinter der osteuropäischen, noch nicht erbracht war (vielmehr nur sehr zahlreiche Einzelheiten dazu in der Presse, hauptsächlich der pharmaceutischen, vorlagen). Seitdem habe ich, im Sep¬ tember, i. a. W., einen solchen Beweis veröffentlicht, und meines Wissens ist von den durch mich in Fülle beigebrachten Thatsachen noch nicht Eine, von meiner ganzen Beweisführung noch nicht Ein Pünktchen, widerlegt oder auch nur zu widerlegen versucht worden. Wenn, wie zu vermuthen, die Unter- suchungscommission meine Darstellung — ganz oder doch wenigstens in den Hauptzügen —als treffend anerkennt, so ist die Frage „ob Aufrechterhaltung des Concessionswesens oder Rückkehr zur mittelalterlichen Niederlassungsfrei- h^-it?" nicht bloß spruchreif, sondern sogar schon für jeden Unbefangenen ent¬ schieden ; es werden dann sonder Zweifel auch die vorher genannten vier Au¬ tors, wenn man sie darum ersucht, sich direct und unbedingt gegen die Nie- derlussungösreiheit aussprechen. Bei so «ertheilter Wehrkraft darf man nicht daran zweifeln, daß die Arbeiten der Untersuchungscommission den Hahnenschrei herbeiführen werden, welcher für die Deutsche Pharmacie — und dadurch für die oberste Phar- maciestuse überhaupt — das seit 12 Jahren spukende Gespenst der Nieder¬ lassungsfreiheit in sein schon vor Jahrhunderten gemauertes Grab auf immer zurückwirft. „Dieser durch eine reiche Tagesliteratur mehr verschärfte als ausgeglichene Widerstreit der Ansichten" In diesen Worten liegt ein Vorwurf für die Tagesliteratur sonder Zweifel ist nur die deutsche gemeint^, denn diese würde ihren Hauptzweck verfehlt haben, wenn sie nicht den Widerstreit der Ansichten ausgeglichen oder doch wenigstens zu seiner Ausgleichung ansehnlich beigetragen hätte. Das

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/256>, abgerufen am 22.07.2024.