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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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selbe jedoch abgelehnt, zugleich aber die Bitte an Bernus gerichtet, derselbe
möge den Herren Julius Hausmann und Carl Mayer in Stuttgart zur Ver¬
wendung für deren politische Parteizwecke Gelder zufließen lassen. Dieser
Bitte entsprechend habe Bernus an Hausmann unter der ausdrücklichen Be¬
dingung der Rechnungsablegung im Jahre 1867 1500 Gulden bezahlt. Bet
einem Zusammentreffen in Heidelberg, 1872. habe Hausmann vorgegeben,
800 Gulden für die Zwecke (!) der demokratischen Partei in Württemberg ver¬
wendet, die übrigen 700 Gulden an kleinere württembergische Parteiblätter
ausgeliehen zu haben, zugleich aber das Ansinnen an Bernus gestellt, die rest¬
lichen 700 Gulden einem von I. Hausmann und L. Sonnemann in
Frankfurt einzurichtenden Reichstagswahlagitationscomite zur Verfügung zu
stellen. Vergebens habe sich Bernus seither um Rechnungsablegung an die
H. Frese, Walesrode. Carl Mayer, Niethammer und andere Stuttgarter Demo¬
kraten gewendet u. s. w. und verlange deßhalb nunmehr auf gerichtlichem
Weg eine spezifizirte, mit gehörigen Belegen versehene Aufstellung über die
den Betr. anvertrauten und von diesen 1867--70 für die Zwecke der demokra¬
tischen Partei in Württemberg verausgabten Gelder. So wenig Neues diese
Enthüllungen auch für uns enthalten, die wir schon vor Jahren, auch in
den Grenzboten (von 1871) auf den engen Zusammenhang unserer volks¬
parteilichen Agitatoren mit den Hietzinger Kreisen hingewiesen und nament¬
lich das Treiben des Dr. Frese und seiner Freunde und Gesinnungsgenossen Carl
Mayer, Schäffle u. s. w. zur Zeit der Parlamentswahlen und nachher cha-
rakterisirt haben, so groß ist der Eindruck, welchen diese Aufklärungen über
unsere demokratische Catonen auf die mit der Politik weniger betrauten Kreise
gemacht haben, zumal gerade in Württemberg die demokratischen Führer sich
Mit einem gewissen Heiligenschein zu umgeben bemüht waren.

Vielleicht wird eines Tages auch von Hietzing aus Rechnung verlangt
und die Quelle aufgedeckt werden. welcher die stehenden Artikel über den
Reptilienfonds in unserer volksparteilichen Presse ihre Existenz verdanken. Der
Beobachter hüllt sich vorerst in tiefes Schweigen, druckt aber soeben den
Schandartikel der Frese'schen Tagespresse, in welcher die österreichische Regie¬
rung zum Einschreiten gegen das deutsche Reich wegen der Verhaftung des
Pfarrers Hauthaler aufgefordert wird, als eigenen Leitartikel ab.

Wie lange noch, fragen wir billig, wird man in Stuttgart fernerhin
dem Auswurf der deutschen Journalistik in dieser Weise freien Spielraum
gewähren?

Ueber die Thätigkeit des schwäbischen Landtags läßt sich nur wenig be¬
achten, er tritt mehr und mehr -- und das ist sein größtes Lob -- in die
nach der jetzigen politischen Situation ihm zukommende untergeordnete Seel"


Seite" (HIetzing?) „reichliche Mittel zur Verfügung gestellt waren, habe die-
selbe jedoch abgelehnt, zugleich aber die Bitte an Bernus gerichtet, derselbe
möge den Herren Julius Hausmann und Carl Mayer in Stuttgart zur Ver¬
wendung für deren politische Parteizwecke Gelder zufließen lassen. Dieser
Bitte entsprechend habe Bernus an Hausmann unter der ausdrücklichen Be¬
dingung der Rechnungsablegung im Jahre 1867 1500 Gulden bezahlt. Bet
einem Zusammentreffen in Heidelberg, 1872. habe Hausmann vorgegeben,
800 Gulden für die Zwecke (!) der demokratischen Partei in Württemberg ver¬
wendet, die übrigen 700 Gulden an kleinere württembergische Parteiblätter
ausgeliehen zu haben, zugleich aber das Ansinnen an Bernus gestellt, die rest¬
lichen 700 Gulden einem von I. Hausmann und L. Sonnemann in
Frankfurt einzurichtenden Reichstagswahlagitationscomite zur Verfügung zu
stellen. Vergebens habe sich Bernus seither um Rechnungsablegung an die
H. Frese, Walesrode. Carl Mayer, Niethammer und andere Stuttgarter Demo¬
kraten gewendet u. s. w. und verlange deßhalb nunmehr auf gerichtlichem
Weg eine spezifizirte, mit gehörigen Belegen versehene Aufstellung über die
den Betr. anvertrauten und von diesen 1867—70 für die Zwecke der demokra¬
tischen Partei in Württemberg verausgabten Gelder. So wenig Neues diese
Enthüllungen auch für uns enthalten, die wir schon vor Jahren, auch in
den Grenzboten (von 1871) auf den engen Zusammenhang unserer volks¬
parteilichen Agitatoren mit den Hietzinger Kreisen hingewiesen und nament¬
lich das Treiben des Dr. Frese und seiner Freunde und Gesinnungsgenossen Carl
Mayer, Schäffle u. s. w. zur Zeit der Parlamentswahlen und nachher cha-
rakterisirt haben, so groß ist der Eindruck, welchen diese Aufklärungen über
unsere demokratische Catonen auf die mit der Politik weniger betrauten Kreise
gemacht haben, zumal gerade in Württemberg die demokratischen Führer sich
Mit einem gewissen Heiligenschein zu umgeben bemüht waren.

Vielleicht wird eines Tages auch von Hietzing aus Rechnung verlangt
und die Quelle aufgedeckt werden. welcher die stehenden Artikel über den
Reptilienfonds in unserer volksparteilichen Presse ihre Existenz verdanken. Der
Beobachter hüllt sich vorerst in tiefes Schweigen, druckt aber soeben den
Schandartikel der Frese'schen Tagespresse, in welcher die österreichische Regie¬
rung zum Einschreiten gegen das deutsche Reich wegen der Verhaftung des
Pfarrers Hauthaler aufgefordert wird, als eigenen Leitartikel ab.

Wie lange noch, fragen wir billig, wird man in Stuttgart fernerhin
dem Auswurf der deutschen Journalistik in dieser Weise freien Spielraum
gewähren?

Ueber die Thätigkeit des schwäbischen Landtags läßt sich nur wenig be¬
achten, er tritt mehr und mehr — und das ist sein größtes Lob — in die
nach der jetzigen politischen Situation ihm zukommende untergeordnete Seel«


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[0229] Seite" (HIetzing?) „reichliche Mittel zur Verfügung gestellt waren, habe die- selbe jedoch abgelehnt, zugleich aber die Bitte an Bernus gerichtet, derselbe möge den Herren Julius Hausmann und Carl Mayer in Stuttgart zur Ver¬ wendung für deren politische Parteizwecke Gelder zufließen lassen. Dieser Bitte entsprechend habe Bernus an Hausmann unter der ausdrücklichen Be¬ dingung der Rechnungsablegung im Jahre 1867 1500 Gulden bezahlt. Bet einem Zusammentreffen in Heidelberg, 1872. habe Hausmann vorgegeben, 800 Gulden für die Zwecke (!) der demokratischen Partei in Württemberg ver¬ wendet, die übrigen 700 Gulden an kleinere württembergische Parteiblätter ausgeliehen zu haben, zugleich aber das Ansinnen an Bernus gestellt, die rest¬ lichen 700 Gulden einem von I. Hausmann und L. Sonnemann in Frankfurt einzurichtenden Reichstagswahlagitationscomite zur Verfügung zu stellen. Vergebens habe sich Bernus seither um Rechnungsablegung an die H. Frese, Walesrode. Carl Mayer, Niethammer und andere Stuttgarter Demo¬ kraten gewendet u. s. w. und verlange deßhalb nunmehr auf gerichtlichem Weg eine spezifizirte, mit gehörigen Belegen versehene Aufstellung über die den Betr. anvertrauten und von diesen 1867—70 für die Zwecke der demokra¬ tischen Partei in Württemberg verausgabten Gelder. So wenig Neues diese Enthüllungen auch für uns enthalten, die wir schon vor Jahren, auch in den Grenzboten (von 1871) auf den engen Zusammenhang unserer volks¬ parteilichen Agitatoren mit den Hietzinger Kreisen hingewiesen und nament¬ lich das Treiben des Dr. Frese und seiner Freunde und Gesinnungsgenossen Carl Mayer, Schäffle u. s. w. zur Zeit der Parlamentswahlen und nachher cha- rakterisirt haben, so groß ist der Eindruck, welchen diese Aufklärungen über unsere demokratische Catonen auf die mit der Politik weniger betrauten Kreise gemacht haben, zumal gerade in Württemberg die demokratischen Führer sich Mit einem gewissen Heiligenschein zu umgeben bemüht waren. Vielleicht wird eines Tages auch von Hietzing aus Rechnung verlangt und die Quelle aufgedeckt werden. welcher die stehenden Artikel über den Reptilienfonds in unserer volksparteilichen Presse ihre Existenz verdanken. Der Beobachter hüllt sich vorerst in tiefes Schweigen, druckt aber soeben den Schandartikel der Frese'schen Tagespresse, in welcher die österreichische Regie¬ rung zum Einschreiten gegen das deutsche Reich wegen der Verhaftung des Pfarrers Hauthaler aufgefordert wird, als eigenen Leitartikel ab. Wie lange noch, fragen wir billig, wird man in Stuttgart fernerhin dem Auswurf der deutschen Journalistik in dieser Weise freien Spielraum gewähren? Ueber die Thätigkeit des schwäbischen Landtags läßt sich nur wenig be¬ achten, er tritt mehr und mehr — und das ist sein größtes Lob — in die nach der jetzigen politischen Situation ihm zukommende untergeordnete Seel«

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/229>, abgerufen am 25.08.2024.