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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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sich über die Ursache, die Urheber und das Ziel dieses Kampfes bis dahin
unklar gewesen, dem hat der Briefwechsel zwischen Kaiser und Papst den
letzten Zweifel benehmen müssen. Mit echt gregorianischem Hochmuth be¬
hauptet der Papst die Oberherrschaft über die gesammte Christenheit. Unter
seinem direkten Befehle rebelliren seine Bischöfe gegen die Gesetze und Gebote
des Staates. Ob der Papst oder der Kaiser in Deutschland herrschen soll,
das allein ist Gegenstand des Kampfes. Der alte Schlachtruf, mit dem die
großen Päpste des Mittelalters die deutschen Reichsrebellen an ihre Seite
riefen, "hie Wels, hie Weihungen!" hallt wieder durch die deutschen Gauen,
und überall erhebt sich der Krummstab in Deutschland als Sammelzeichen
für die Rebellen.

Gefürstete Mitkämpfer findet das reichsfeindliche Heerlager der Kirche
heutzutage mit Nichten in Deutschland. Seine Bundesgenossen wirbt es allein
unter dem vaterlandslosen Radicalismus und Socialismus, unter den in die
Grenzen des deutschen Reiches eingesprengten Bruchtheilen fremder Nationali¬
täten und unter den frondirenden Junkern und Pastoren Alt- und Neupreu¬
ßens. Das preußische Volk hat bei den letzten Wahlen zum Landtage, na¬
mentlich den mißvergnügten Conservativen gegenüber so unzweideutig seine
Hingebung und Treue zur Regierung zu erkennen gegeben, daß dieser Theil
der ultramontanen Bundesgenossen wenig gefahrdrohend erscheint. Auch was
an Polen, Franzosen und Socialisten vom Ultramontanismus gegen das Reich
aufgeboten wird, bildet, schon wegen des geringen Spielraums der künstlich
erzeugten Interessengemeinschaft/ zusammen keine bedrohliche Streitmacht. Da¬
gegen sind die Kerntruppen der jesuitischen Heerführer so zahlreich, so sehr
an blinden Glauben und Gehorsam gewöhnt, der aufklärenden Macht der
Wahrheit, welche durch den offenkundiger Gang der Ereignisse, durch den
Wortlaut der Gesetze gepredigt wird, so wenig zugänglich, daß noch manches
Jahr in das Meer der Zeit rinnen wird, ehe diese Zwingburg der Röm-
linge gebrochen ist, in welcher die Lüge das Kommando führt, die Dumm¬
heit die Brustwehr bildet und der Fanatismus die Zündmasse abgibt. Auch
die kräftigsten und richtigsten Maßregeln, die der preußische Staat bisher
und namentlich in dem verflossenen Jahre zur Entwaffnung der Rebellion
der päpstlichen Heerführer ergriffen und eingeleitet hat: der Erlaß der trefflichen
Maigesetze, die Bestrafung und Amtsentsetzung der rennenden Bischöfe, die
Einführung der obligatorischen Civilehe u. s. w., all das wirkt auf die Mas¬
sen, über welche der Ultramontanismus zur Zeit gebietet, nur kampfbe¬
geisternder, erbitternder. Denn es ist natürlich reichlich dafür gesorgt, daß
diese Acte staatlicher Nothwehr in öffentlichen Erlassen des heiligen Vaters
und der Bischöfe, im Beichtstuhl, von der Kanzel, und in der zahlreichen
ultramontanen Winkelpresse der gläubigen Heerde als Seitenstücke zu den


sich über die Ursache, die Urheber und das Ziel dieses Kampfes bis dahin
unklar gewesen, dem hat der Briefwechsel zwischen Kaiser und Papst den
letzten Zweifel benehmen müssen. Mit echt gregorianischem Hochmuth be¬
hauptet der Papst die Oberherrschaft über die gesammte Christenheit. Unter
seinem direkten Befehle rebelliren seine Bischöfe gegen die Gesetze und Gebote
des Staates. Ob der Papst oder der Kaiser in Deutschland herrschen soll,
das allein ist Gegenstand des Kampfes. Der alte Schlachtruf, mit dem die
großen Päpste des Mittelalters die deutschen Reichsrebellen an ihre Seite
riefen, „hie Wels, hie Weihungen!" hallt wieder durch die deutschen Gauen,
und überall erhebt sich der Krummstab in Deutschland als Sammelzeichen
für die Rebellen.

Gefürstete Mitkämpfer findet das reichsfeindliche Heerlager der Kirche
heutzutage mit Nichten in Deutschland. Seine Bundesgenossen wirbt es allein
unter dem vaterlandslosen Radicalismus und Socialismus, unter den in die
Grenzen des deutschen Reiches eingesprengten Bruchtheilen fremder Nationali¬
täten und unter den frondirenden Junkern und Pastoren Alt- und Neupreu¬
ßens. Das preußische Volk hat bei den letzten Wahlen zum Landtage, na¬
mentlich den mißvergnügten Conservativen gegenüber so unzweideutig seine
Hingebung und Treue zur Regierung zu erkennen gegeben, daß dieser Theil
der ultramontanen Bundesgenossen wenig gefahrdrohend erscheint. Auch was
an Polen, Franzosen und Socialisten vom Ultramontanismus gegen das Reich
aufgeboten wird, bildet, schon wegen des geringen Spielraums der künstlich
erzeugten Interessengemeinschaft/ zusammen keine bedrohliche Streitmacht. Da¬
gegen sind die Kerntruppen der jesuitischen Heerführer so zahlreich, so sehr
an blinden Glauben und Gehorsam gewöhnt, der aufklärenden Macht der
Wahrheit, welche durch den offenkundiger Gang der Ereignisse, durch den
Wortlaut der Gesetze gepredigt wird, so wenig zugänglich, daß noch manches
Jahr in das Meer der Zeit rinnen wird, ehe diese Zwingburg der Röm-
linge gebrochen ist, in welcher die Lüge das Kommando führt, die Dumm¬
heit die Brustwehr bildet und der Fanatismus die Zündmasse abgibt. Auch
die kräftigsten und richtigsten Maßregeln, die der preußische Staat bisher
und namentlich in dem verflossenen Jahre zur Entwaffnung der Rebellion
der päpstlichen Heerführer ergriffen und eingeleitet hat: der Erlaß der trefflichen
Maigesetze, die Bestrafung und Amtsentsetzung der rennenden Bischöfe, die
Einführung der obligatorischen Civilehe u. s. w., all das wirkt auf die Mas¬
sen, über welche der Ultramontanismus zur Zeit gebietet, nur kampfbe¬
geisternder, erbitternder. Denn es ist natürlich reichlich dafür gesorgt, daß
diese Acte staatlicher Nothwehr in öffentlichen Erlassen des heiligen Vaters
und der Bischöfe, im Beichtstuhl, von der Kanzel, und in der zahlreichen
ultramontanen Winkelpresse der gläubigen Heerde als Seitenstücke zu den


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/8>, abgerufen am 25.12.2024.