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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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Lebensfrage zu bezeichnender Gegenstand, ist mustergiltig zu nennen und es
ist mit Gewißheit vorauszusetzen, daß der Herausgeber seine Verdienste in
dieser Beziehung, die jeder Sachkenner nach ihrem ganzen Gewichte würdigt,
durch die möglichst rasche Ausführung des zum 4. Bande noch fehlenden
noch vermehren wird. Es wäre wohl denkbar, dasselbe bis zur Vollendung
des einzigen noch ausstehenden L. Bandes aufzusparen, wie es in der vorigen
Auflage geschehen war. Denn der Stoff bringt es mit sich, daß sehr viele
Rubriken auch da noch einmal angezeichnet werden müssen, die schon theil-
wetse im 4. Bande vorgekommen sind. Aber nicht bloß wegen der äußern
Symmetrie, damit jeder Band wie bisher sein eigenes Register habe, sondern
auch wegen des bedenklichen Umfangs, zu dem ein Gesammtregister zu beiden
so stoffreichen Bänden anschwellen müßte, wenn es, wie doch nöthig, in der
bisherigen Ausführlichkeit gehalten wäre, scheint es uns räthlicher die Arbeit
zu theilen.

Haben wir bisher über den Fortschritt im Umguß eines älteren Meister¬
werkes berichtet, so wollen wir daran noch einige Worte über die Fortsetzung
einer schon länger bestehenden periodischen Schrift aus demselben wissenschaft¬
lichen Gebiete reihen. Wir meinen das von R. Gosche begründete Archiv für
Literaturgeschichte das mit dem Beginn seines 3. Bandes in die Redaction
des Dr. Franz Schmorr von Carolsfeld übergegangen ist. Der neue Heraus¬
geber ist den Fachgenossen und Culturhistorikern durch seine an Umfang ge¬
ringe, an Inhalt und verständigem Sinn reiche Schrift über den deutschen
Meistergesang genügend empfohlen und scheint seiner neuen Aufgabe bestens
gewachsen. Die Zeitschrift hat ihr Programm thatsächlich in etwas geändert.
Früher wollte sie, wie ihr Titel besagt, das ganze unermeßliche Gebiet der
gesammten Weltliteratur bis zu einem gewissen Maße concentriren und gleich¬
förmig pflegen: jetzt beschränkt sie sich auf die näher liegende deutsche Litera¬
tur als eigentlichen Hauptgegenstand, ohne Fremdes systematisch auszu¬
schließen. Da unsere deutsche Literatur von jeher in einer so eigenthümlichen
Stellung zu der jedesmaligen Weltliteratur steht, deren Grenzen sich nach den
verschiedenen Perioden der menschlichen Entwickelungsgeschichte weiter oder
enger ziehen, so ist es begreiflich überhaupt unmöglich, sich bei irgend einer
Forschung, die auf sie Beziehung hat, nur auf sie zu beschränken. Sie hat
stets einen universalistischen oder kosmopolitischen Charakter und das Wort
"Weltliteratur" hat wohl erst die Neuzeit aussprechen können, aber lebendig
und maßgebend ist der Gedanke davon vom Anfang an in ihr gewesen. So
erweitert sich von selbst jede wissenschaftliche Thätigkeit, die zunächst den
Deutschen gelten soll, zu einer solchen, die nach allen Seiten hin das Fremde
berücksichtigen muß und der Unterschied liegt nur darin, ob es vom Stand¬
punkt einer principiellen Gleichberechtigung aller geschieht, oder von dem einer


Lebensfrage zu bezeichnender Gegenstand, ist mustergiltig zu nennen und es
ist mit Gewißheit vorauszusetzen, daß der Herausgeber seine Verdienste in
dieser Beziehung, die jeder Sachkenner nach ihrem ganzen Gewichte würdigt,
durch die möglichst rasche Ausführung des zum 4. Bande noch fehlenden
noch vermehren wird. Es wäre wohl denkbar, dasselbe bis zur Vollendung
des einzigen noch ausstehenden L. Bandes aufzusparen, wie es in der vorigen
Auflage geschehen war. Denn der Stoff bringt es mit sich, daß sehr viele
Rubriken auch da noch einmal angezeichnet werden müssen, die schon theil-
wetse im 4. Bande vorgekommen sind. Aber nicht bloß wegen der äußern
Symmetrie, damit jeder Band wie bisher sein eigenes Register habe, sondern
auch wegen des bedenklichen Umfangs, zu dem ein Gesammtregister zu beiden
so stoffreichen Bänden anschwellen müßte, wenn es, wie doch nöthig, in der
bisherigen Ausführlichkeit gehalten wäre, scheint es uns räthlicher die Arbeit
zu theilen.

Haben wir bisher über den Fortschritt im Umguß eines älteren Meister¬
werkes berichtet, so wollen wir daran noch einige Worte über die Fortsetzung
einer schon länger bestehenden periodischen Schrift aus demselben wissenschaft¬
lichen Gebiete reihen. Wir meinen das von R. Gosche begründete Archiv für
Literaturgeschichte das mit dem Beginn seines 3. Bandes in die Redaction
des Dr. Franz Schmorr von Carolsfeld übergegangen ist. Der neue Heraus¬
geber ist den Fachgenossen und Culturhistorikern durch seine an Umfang ge¬
ringe, an Inhalt und verständigem Sinn reiche Schrift über den deutschen
Meistergesang genügend empfohlen und scheint seiner neuen Aufgabe bestens
gewachsen. Die Zeitschrift hat ihr Programm thatsächlich in etwas geändert.
Früher wollte sie, wie ihr Titel besagt, das ganze unermeßliche Gebiet der
gesammten Weltliteratur bis zu einem gewissen Maße concentriren und gleich¬
förmig pflegen: jetzt beschränkt sie sich auf die näher liegende deutsche Litera¬
tur als eigentlichen Hauptgegenstand, ohne Fremdes systematisch auszu¬
schließen. Da unsere deutsche Literatur von jeher in einer so eigenthümlichen
Stellung zu der jedesmaligen Weltliteratur steht, deren Grenzen sich nach den
verschiedenen Perioden der menschlichen Entwickelungsgeschichte weiter oder
enger ziehen, so ist es begreiflich überhaupt unmöglich, sich bei irgend einer
Forschung, die auf sie Beziehung hat, nur auf sie zu beschränken. Sie hat
stets einen universalistischen oder kosmopolitischen Charakter und das Wort
„Weltliteratur" hat wohl erst die Neuzeit aussprechen können, aber lebendig
und maßgebend ist der Gedanke davon vom Anfang an in ihr gewesen. So
erweitert sich von selbst jede wissenschaftliche Thätigkeit, die zunächst den
Deutschen gelten soll, zu einer solchen, die nach allen Seiten hin das Fremde
berücksichtigen muß und der Unterschied liegt nur darin, ob es vom Stand¬
punkt einer principiellen Gleichberechtigung aller geschieht, oder von dem einer


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/64>, abgerufen am 26.06.2024.